Hamburg. Außerordentliche Mitgliederversammlung am kommenden Mittwoch. Verband steht wegen WM-Ausrichtung im Fokus

Dem Hamburger Amateurbox-Verband (HABV) droht fünf Monate vor der Austragung der Weltmeisterschaften im olympischen Boxen (25. August bis 3. September) in der Sporthalle Hamburg ein Vakuum auf der Führungsebene. Am kommenden Mittwoch ist eine außerordentliche Mitgliederversammlung anberaumt. Einziger Tagesordnungspunkt: Die Ablösung von Präsident Peter Hamel, Vizepräsident André Walther und Rechtswartin Nele Rades-Walther mit dem Ziel, gegebenenfalls schon auf der für 29. März geplanten ordentlichen Mitgliederversammlung Neuwahlen des Präsidiums durchführen zu können.

„Im Hinblick auf die Heim-WM muss der Verband wieder handlungsfähig werden, um die Arbeit aufzunehmen, die ansteht“, sagt Geschäftsführer Raiko Morales, der zu dem Termin am kommenden Mittwoch einladen musste, nachdem 15 Vereine – und damit vier mehr als das notwendige Drittel der 33 Mitgliedsclubs – eine entsprechende Eingabe unterstützt hatten. Mit der Suspendierung der genannten Personen wolle man den Weg für Ergänzungswahlen frei machen, „zu denen natürlich jeder antreten kann, auch die aktuellen Amtsinhaber“, so Raiko Morales.

Um zu verstehen, was den Aufruhr im Verband ausgelöst hat, muss man wissen, dass Morales’ Cousin Christian, der im Frühjahr 2016 eingestellt worden war und erfolgreiche sportliche Aufbauarbeit geleistet hatte, Mitte Dezember als Sportdirektor des HABV entlassen worden war, weil gegen ihn seitens des Verbands eine Strafanzeige gestellt worden war. „Seit drei Monaten warten mein Anwalt und ich darauf, den Inhalt dieser Anzeige zu erfahren, damit ich weiß, was mir vorgeworfen wird“, sagt Christian Morales. Das Präsidium soll die Anzeige ohne Zustimmung des 15 Mitglieder umfassenden Vorstands gestellt haben.

Dieser Vorfall, der intern zu immensen Verwerfungen zwischen Vereinen und Vorstandsmitgliedern geführt hat, soll allerdings nicht der wichtigste Grund für die angestrebte Ablösung sein. „Es wurde im Namen des HABV mehrfach willkürlich gehandelt und gegen Paragraphen der Satzung verstoßen. Die Vereine blicken einfach nicht mehr durch und haben nicht mehr das Gefühl, vom aktuellen Präsidium in der nötigen Form repräsentiert zu werden. Deshalb musste ich als Geschäftsführer die außerordentliche Versammlung einberufen“, sagt Raiko Morales. Die den betreffenden Personen zur Last gelegten Verstöße könnten allesamt belegt werden.

Für den Fall von Neuwahlen habe man ein Team aufgestellt, um das Führungsvakuum schnell füllen zu können. So stünde der bisherige Sportwart Ömrü Özkan als Präsident bereit, Raiko Morales würde als Vizepräsident kandidieren, eine Rechtswartin gäbe es ebenfalls. Christian Morales werde bis zur Klärung der gegen seine Person gerichteten Vorwürfe selbstverständlich kein offizielles Amt bekleiden. „Uns geht es nur darum, den HABV wieder handlungsfähig zu machen“, sagt Raiko Morales, der mit seinem Cousin auch das Bundesligateam Hamburg Giants leitet.

Präsident Hamel wollte weder die Umsturzpläne kommentieren noch den Termin am Mittwoch bestätigen. Rechtswartin Rades-Walther sagt: „Ich habe Kenntnis von dem Termin, weiß aber nicht, was dahintersteckt und ob die Vereine das unterstützen.“

Der HABV steht ob der WM-Ausrichtung unter besonderer Beobachtung der Stadt Hamburg und des Deutschen Boxsport-Verbands (DBV). Dessen Präsident Jürgen Kyas hat alle Beteiligten gebeten, „die Probleme intern zu klären und öffentlich keine schmutzige Wäsche zu waschen.“ Hamburgs Sportstaatsrat Christoph Holstein sagt: „Unser Interesse ist, dass insbesondere in den Fachverbänden, die wie das Boxen für die Stadt wichtige Sportarten organisieren, geordnete Verhältnisse herrschen und in Ruhe gearbeitet werden kann.“ Davon ist der HABV in diesen Wochen tatsächlich weit entfernt.