Hamburg. Die Judoka des Eimsbütteler TV hat aus der fragwürdigen Niederlage bei Olympia ihre Lehren gezogen.

Erlösung? Nein, so weit würde sie nicht gehen. Aber eine Erleichterung war er schon, der zweite Platz beim Grand Prix in Düsseldorf, mit dem Martyna Trajdos das vergangene Wochenende beschloss. Immerhin hatte die beste deutsche Judoka in der Klasse bis 63 Kilo seit Rang drei beim Grand Slam in Paris Anfang 2016 keine Podiumsplatzierung mehr bei wichtigen Wettkämpfen geschafft. „Es war nicht so, dass ich an mir gezweifelt hätte. Im Training habe ich ja gesehen, dass ich es kann“, sagt sie, „aber dass ich es im Wettkampf nicht abrufen konnte, hat mich sehr geärgert.“

Umso schöner war also für die im polnischen Belchatow geborene und im Säuglingsalter nach Hamburg übergesiedelte Athletin des Eimsbütteler TV die Erkenntnis, dass nur Weltmeisterin Clarisse Agbegnenou (Frankreich), der sie im Finale nach 32 Sekunden durch Ippon unterlag, stärker war. „Natürlich tut es gut, sich mal wieder mit einem guten Ergebnis zu belohnen, auch wenn ich mich ärgere, dass ich im Finale überhastet agiert habe“, sagt die ­27-Jährige, die zuletzt ein sportliches Wechselbad der Gefühle durchlebte.

Bundestrainer sprach von Betrug

Nach dem Gewinn des EM-Titels 2015 war die Sportsoldatin im August 2016 als Medaillenkandidatin zu Olympia nach Rio gereist. Dort unterlag sie in ihrem Auftaktkampf der Brasilianerin Mariana Silva, die sie zuvor in fünf knappen Kämpfen fünfmal bezwingen konnte.

Angesichts einiger fragwürdiger Entscheidungen des Kampfgerichts hatte Bundestrainer Michael Bazynski von Betrug gesprochen, Trajdos suchte in der Analyse die Fehler aber lieber bei sich selbst. „Natürlich kann man sich fragen, warum ich die erste Niederlage gegen sie ausgerechnet in Rio kassiere. Aber ich hätte mehr zeigen müssen. Deshalb schreibe ich mir das frühe Aus bei Olympia auch vorrangig selbst zu.“

Emotionale Achterbahnfahrt

Wer weiß, welche Bedeutung Olympische Spiele für Athleten in Nischensportarten wie Judo haben, kann die emotionale Achterbahnfahrt ermessen, in die das Verpassen des großen Wurfs Trajdos stürzte. Ihre Antwort war: Abstand zum Sport. Im September und Oktober absolvierte sie lediglich Fitnesseinheiten, im November und Dezember stand ein Feldwebelanwärter-Lehrgang bei der Bundeswehr an, sodass sie fast vier Monate kaum auf der Matte stand. „Diese Zeit hat mir mental sehr gutgetan. Danach hatte ich wieder die geistige Frische und die Lust, von Neuem anzugreifen.“

Genau das ist nun der Plan: 2020 in Tokio im zweiten Anlauf bei Olympia auf dem Treppchen zu stehen, auch wenn Trajdos nichts überstürzen möchte, „weil ich schauen muss, wie mein Körper die Belastungen verkraftet“. In den nächsten Wochen stehen diverse Lehrgänge an. In dieser Zeit will der neue Bundestrainer Claudiu Pusa seine Kader für die Saisonhöhepunkte nominieren.

„Ich habe gesehen, dass nichts planbar ist“

Trajdos fände als gebürtige Polin die EM in Warschau im April „reizvoll“, derzeit ist sie eher für die WM in Ungarn im August vorgesehen. Sie werde alles nehmen, wie es komme, sagt sie. „Ich habe gesehen, dass nichts planbar ist. Daher hadere ich nicht mit dem, was in Rio passierte, sondern nehme es als Motivation, es besser zu machen, wenn sich Chancen ergeben.“ Düsseldorf könnte dafür der Startschuss gewesen sein.