Hamburg/Karlsruhe. Trainer Mirko Slomka kehrt zum Spiel gegen den FC St. Pauli nach Hamburg zurück

Erfah­­rung, Ausstrahlung, professionelles Auftreten – das sollte es sein. Der Karlsruher SC steckte schließlich auch schon im Dezember tief im Abstiegskampf. Da musste etwas passieren, da wollte Präsident Ingo Wellenreuther einen Trainer verpflichten, der alles gesehen hat in der Fußballwelt, der die schwere Aufgabe annimmt, für Aufbruchstimmung und einen Aha-Effekt sorgt. Und also holte er für die Rückrunde: Mirko Slomka. Tusch, Erstaunen. „Er wird die schwere Aufgabe meistern, den KSC in der Zweiten Liga zu halten“, versprach der Präsident.

Zum Flutlicht-Abstiegs-Gipfel an diesem Montag (20.15 Uhr/live bei Sport1 und Sky) gegen den FC St. Pauli am Millerntor kehrt Slomka (49) nun also mit dem KSC erstmals beruflich nach Hamburg zurück. In die Stadt, wo er 2014 das einmalige Kunststück fertig gebracht hatte, als Trainer ohne einen Sieg in den letzten sieben Spielen (inklusive Relegation) den HSV vor dem Bundesligaabstieg zu retten. Ein Wunder geradezu. Vielleicht ist er wirklich der richtige Mann für den KSC.

„Mir ist nicht bange, die Mannschaft lebt und zeigt unheimlichen Willen“, sagt Slomka. „Ich habe das Gefühl, dass wir in Hamburg bestehen können.“ Es ging ja auch gut los mit seiner badischen Rettungsmission. Gleich die erste Partie gegen Arminia Bielefeld wurde gewonnen. Big Points natürlich. Aber dann: nur noch ein Unentschieden gegen 1860 München und zuletzt zwei Niederlagen. „Vier Punkte aus vier Spielen sind für uns eigentlich zu wenig“, sagt Slomka im Gespräch mit dem Abendblatt. Also muss für ihn auf dem Kiez etwas passieren.

Er kommt mit jeder Menge Hamburg-Vergangenheit. Mit Sportdirektor Oliver Kreuzer (51) hatte Slomka beim HSV ebenso zusammengearbeitet wie mit Assistent Zlatan Bajramovic (37), der zudem als Spieler (1998 – 2002) bei St. Pauli Kultstatus hatte. Kreuzer musste beim HSV als Sportchef am 14. Juni 2014 gehen, Slomka am 15. September. Nun sind sie wieder im Badischen vereint. Kreuzer heuerte dort als Nachfolger von Jens Todt (heute HSV – verrückte Fußballwelt) am 1. Dezember an und erinnerte sich bei der Suche nach einem Nachfolger für den gescheiterten Trainer Tomas Oral an seinen ehemaligen Mitstreiter – nachdem die Verpflichtung von Franco Foda gescheitert war.

„Oliver und ich hatten nach der HSV-Zeit regelmäßig Kontakt. Er hat mich relativ frühzeitig informiert, dass sich beim KSV etwas ergeben könnte“, erzählt Slomka, „ich sollte mir mal Gedanken machen, ob ich mir das vorstellen kann.“ Konnte er. Er war ja nach dem HSV-Job ohne Anstellung, da trösteten auch die 1,8 Millionen Euro Abfindung nicht ewig. Die Fortbildung durch Spielbesuche in Spanien, England und Deutschlands Ligen ohne selbst einzugreifen, das wird auch irgendwann öde. „Für mich war das jetzt ein guter Weg, wieder zurückzukommen“, sagt er. Die Gespräche mit dem Präsidenten und dem Vorstand waren gut, er hat Vertrauen gespürt, es gäbe etwas aufzubauen. Ein neues Stadion wird kommen, einen neuen Trainingsplatz gibt es schon. Der KSC hat Pläne, „eine tolle Aufgabe“. Und so weiter.

Wie das finanziell geht bei dem Zweitligisten, ist nicht so ganz klar. Angeblich verdient Slomka wie ein Zweitligatrainer, und keinen Cent mehr. Allerdings hat der KSC in seinem Vizepräsidenten Günter Pilarsky eine Art Baden-Kühne. Ein 79 Jahre alter, milliardenschwerer Unternehmer, der seinem Club ab und an hilft. Jedoch seltener das Wort erhebt als damals HSV-Fan Klaus-Michael Kühne, der Slomka öffentlich die Befähigung zum HSV-Trainer abgesprochen hatte. „Es gibt in jedem Verein Verantwortliche, die mitreden wollen, eigentlich finde ich das nicht schlimm“, sagt er. Eigentlich: „Beim HSV hätte ich allerdings vielleicht etwas sagen sollen.“

Aber das ist ja nun Vergangenheit. Trotzdem schaut er mit Interesse darauf, was in Hamburg passiert, nicht nur bei St. Pauli („sehr gut aus der Winterpause gekommen“), sondern auch beim HSV: „Dort herrscht ja jetzt Ruhe. Trainer und Sportchef scheinen Vertrauen zu genießen.“ So kommt Slomka nun voller Vorfreude in die Hansestadt zurück, die es nicht nur gut mit meinte. Natürlich ist das Spiel besonders wichtig, beide Teams sind punktgleich, und der KSC liegt nur wegen des besseren Torverhältnisses vor St. Pauli auf Platz 15. Die besondere Atmosphäre, das Publikum am Millerntor, darauf freut er sich. „Ich wollte da auch in meiner HSV-Zeit immer hin, aber man hat mir abgeraten.“