Hamburg. Die ehemalige Spielführerin der deutschen Hallenauswahl agiert jetzt auf Sand. Im Abendblatt spricht sie über die Umstellung und mehr.

Auch in Mailand ist es noch winterlich frisch, aber Margareta Kozuch gefällt das. „Ein bisschen kühle Luft tut nach den Wochen auf Teneriffa und in Florida sehr gut“, sagt die 30 Jahre alte Hamburgerin, die in ihrer Wahlheimat Italien, wo ihr Freund Nicolo lebt, einige Tage ausspannen darf, bevor es am kommenden Mittwoch zum nächsten Trainingslager nach Teneriffa geht. Kozuch nutzt die Zeit auch, um die ersten Erfahrungen zu verarbeiten, die sie nach ihrem Wechsel vom Hallen- zum Beachvolleyball gemacht hat.

Hamburger Abendblatt: Frau Kozuch, das erste Majorturnier an der Seite Ihrer neuen Partnerin Karla Borger haben Sie in Fort Lauderdale hinter sich gebracht. Sind Sie damit angekommen am Strand?

Margareta Kozuch: Ja und nein. Schön war, dass ich in jedem Spiel zu 100 Prozent fokussiert war. Das war der Wettkampfmodus, den ich aus der Halle kannte, ich habe mich nicht von äußeren Einflüssen ablenken lassen, und das hat mir Sicherheit gegeben. Was mir noch fehlt, sind die Automatismen. In manchen Spielsituationen habe ich zu lange gegrübelt, in anderen zu schnell reagiert und dadurch oft noch falsche Entscheidungen getroffen. Aber so ist es, wenn man ins kalte Wasser springt und sofort schwimmen darf.

Sie haben gegen gute Gegner wie Gallay/Klug aus Argentinien oder Elize/Taiana aus Brasilien sehr gut mitgehalten. Waren Sie davon überrascht?

Natürlich. Vor allem das Center-Court-Match in der K.-o.-Runde gegen das US-Team Fendrick/Hughes, das wir 17:19 im dritten Satz verloren haben, war super. Solche Matches bringen uns weiter. Für mich war das erste Spiel gegen Gallay/Klug unglaublich emotional. Es war sehr warm, aber es kam auch viel Feuer aus mir selbst, und als wir dann den Matchball verwandelt hatten, habe ich kaum Luft bekommen, weil sich so viel Druck aufgebaut hatte, der sich dann mit einem Schlag abgebaut hat.

Zum ersten Mal haben Sie einen Wettkampf nicht in einem Sechserteam, sondern mit nur einer Mitspielerin bestritten. Was bringt das an Problemen bei der Umstellung mit sich?

Das Spiel ist viel intensiver als in einer großen Gruppe. Ich muss viel konzentrierter sein, weil ich mehr Verantwortung trage. Und man schenkt seiner Mitspielerin viel mehr individuelle Aufmerksamkeit, was extrem spannend ist. Da entsteht eine wahnsinnig energetische Verbindung.

Und natürlich auch die Gefahr, sich schneller auf die Nerven zu gehen. Fürchten Sie das?

Nein. Ich bin zwar ein Harmoniemensch, aber ich weiß, dass es dazugehört, Privates und Beruf zu trennen. Da muss man professionell sein. Es ist ganz wichtig, dass jeder seine Rückzugsmöglichkeiten bekommt. Noch wichtiger ist es aber, aufeinander Acht zu geben und die Verschiedenheit des anderen zu akzeptieren. Wenn man sich über den anderen ärgert, spiegelt das oft die eigene Psyche wider, und man kann daran wachsen. Ich finde das sehr spannend und sehe darin Möglichkeiten zum Reifen.

Sind Sie denn freundlich aufgenommen worden im neuen Umfeld, oder gibt es viele, die Sie als neues Gesicht kritisch beäugen?

Karla hat mir großartig geholfen, sie hat mir jeden Tag gefühlt 50 neue Leute vorgestellt, so dass ich viele Gespräche führen konnte. Alle waren extrem freundlich. Auch die höchst professionelle Organisation des Turniers hat mich beeindruckt. Was jedoch neu für mich war: Dass sich alle Spielerinnen voneinander abgrenzen, um sich zu schützen. Für mich als tiefgründiger Mensch ist das gewöhnungsbedürftig, da ich dies aus der Halle in einer so intensiven Form nicht kannte.

Wie haben Sie sich an die natürlichen Einflüsse wie Wind und Sonne gewöhnt, die es in der Halle nicht gibt?

Da bin ich immer noch am Lernen. Man kann bei wechselnden Winden tatsächlich nichts planen. Wenn der Ball in der Luft seine Richtung ändert, ist Flexibilität gefragt. Die muss sich aber erst einmal mental manifestieren. Für mich ist das eine Herausforderung, und ich glaube, dass es ein dauerhafter Lernprozess sein wird. Aber ich habe im Verlauf der vergangenen Wochen schon gespürt, dass ich lerne, den Wind auf der Haut wahrzunehmen und so einzuschätzen.

Körperlich stellt Sand auch andere Ansprüche als Hallenboden. Wie kommen Sie damit zurecht?

Indem ich gezieltes Krafttraining mache, beispielsweise für die Füße, die im Sand viel mehr belastet werden. Natürlich springe ich jetzt anders als früher, die Abläufe beim Schlagen verändern sich. Ich muss noch daran arbeiten, die richtige Position unter dem Ball zu finden. Aber auch das ist ein Prozess, für den es Geduld braucht.

Bringen Sie diese Geduld auf? Immerhin waren Sie es als Spielführerin der deutschen Hallenauswahl lange Jahre gewohnt, auf Weltspitzenniveau zu spielen. Da fällt es sicherlich nicht leicht, jetzt neu anzufangen.

Das ist tatsächlich ein wichtiger Punkt. Ich bin da im Zwiespalt. Zum einen will ich, dass alles sofort funktioniert, zum anderen weiß ich, dass ich Geduld brauche. Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass ich alles, was ich in der Halle konnte, am Strand auch abrufen kann. Ich arbeite daran, eine Balance zu finden, um diese beiden Pole schnell zusammenzubringen.

Zusammenbringen wollte der deutsche Verband seine Damenteams auch, am neuen Bundesstützpunkt in Hamburg. Sie trainieren bislang aber an Borgers Wohnort Stuttgart. Wie sieht die Lösung aus?

Ich möchte dieses komplexe Thema nicht groß kommentieren. Ich hoffe, dass es zu einer Entscheidung kommt, die letztlich Individualitäten respektiert und das Wohl des Sports berücksichtigt. Wichtig ist, dass es ein Miteinander gibt, in dem sich alle so gut unterstützen, wie es möglich ist.

Nun treffen Sie in der kommenden Woche erstmals ihre deutsche Konkurrenz im gemeinsamen Trainingslager auf Teneriffa. Werden Sie dort die weiteren Schritte besprechen?

Das weiß ich nicht. Ich freue mich auf jeden Fall darauf, mit den anderen zu trainieren. Das wird spannend. Wir als Team wollen die Zeit nutzen, um uns noch besser einzuspielen. Und dann entscheiden wir, welche Turniere wir besetzen und wie es weitergeht.