Hochfilzen. Biathlonstar Laura Dahlmeier verausgabt sich auch beim Staffeltriumph. Ihre Teilnahme am Massenstart am Sonntag ist aber nicht gefährdet

Mit wackligen Knien betrat Laura Dahlmeier das Medienzentrum und nahm auf dem Podium Platz. Dann atmete sie tief durch und legte die Beine auf einen der Holzstühle. Der Kreislauf der derzeit überragenden Biathletin spielte nach dem deutschen Staffelsieg erneut verrückt. Schon nach dem Zieleinlauf war sie in den nassen Neuschnee gestürzt und lange liegen geblieben. Später beim Umziehen musste sich – wie schon nach ihrem Erfolg im Einzelwettkampf am Mittwoch – Mannschaftsarzt Klaus Marquardt um sie kümmern.

Ehe der erneute Fragen-Marathon begann, wurde die 23-Jährige von ihren Teamkolleginnen sogar ins benachbarte Medienbüro geschickt. Dort konnte sie sich hinlegen und wurde von Marquardt mit etlichen Elektrolytgetränken („Am besten ist immer noch Cola“) versorgt.

Später gab der Arzt aber wieder Entwarnung: „Schon ihr Opa hat immer gesagt: Sie ist ein zähes Luder.“ Zudem seien Kreislaufprobleme bei Sportlern wie Laura Dahlmeier, die aufgrund ihrer mentalen Stärke mehr geben, als sie körperlich eigentlich in der Lage sind, nicht ungewöhnlich. „Doch sie erholen sich auch sehr schnell“, sagte Marquardt. „Ich gehe davon aus, dass sie rasch regeneriert und am Sonntag beim Massenstart antreten kann. Ein Start ist nicht bedenklich. Grundsätzlich gibt es keinen Anlass zu sagen, dass eine Gesundheitsgefährdung vorliegt.“ Dann wird Dahlmeier in ihrem sechsten und letzten Wettbewerb dieser Weltmeisterschaft die Gelegenheit haben, um ihre fünfte Goldmedaille zu kämpfen.

„Beim Umziehen habe ich gemerkt, dass es mit dem Blutdruck sehr schlecht aussieht – der war extrem im Keller. Das ist heute etwas viel gewesen“, sagte Laura Dahlmeier selbst und gestand am Freitagabend auch: „Das geht alles auch nicht spurlos an mir vorbei. Ich bin ja nicht nur im Wettkampf gefordert, in dem es ja noch einmal relativ eng geworden ist.“ Ob zweier Nachladepatronen beim letzten Schießen hatte die Schlussläuferin den zwischenzeitlich komfortablen Vorsprung fast eingebüßt. Nur wenige Sekunden hinter ihr nahmen mit Tschechien, Frankreich, Italien und der Ukraine vier Gegner die Jagd auf. Doch mit letzter Kraft hielt die Bayerin ihre Verfolgerinnen auf Distanz und stürmte als Erste über den Zielstrich. Silber holte sich etwas überraschend das Team der Ukraine vor den Französinnen.

„Sie hat sich wieder völlig verausgabt“, sagte Bundestrainer Gerald Hönig und verriet, dass Laura Dahlmeier tatsächlich erst am Donnerstagabend grünes Licht für ihren Staffeleinsatz gegeben hatte. „Die harten Rennen und vor allem der ganze Trubel um sie herum fordern einfach ihren Tribut.“

Umso bemerkenswerter ist es, dass sie die deutsche Staffel in Hochfilzen zum nächsten WM-Titel geführt und sich selbst in die Rekordbücher des Winterzweikampfes eingetragen hat. Nach fünf Plaketten vor einem Jahr in Oslo setzte sie ihre Erfolgsserie mit nun viermal Gold und einmal Silber fort. Zehn Medaillen in zehn WM-Rennen hintereinander konnte vor ihr noch nie ein Biathlet gewinnen.

Dahlmeier machte das Rennen mit drei Nachladern spannend

Nach drei Siegen in den bisherigen drei Staffelrennen der aktuellen Weltcupsaison waren Vanessa Hinz, Maren Hammerschmidt, Franziska Hildebrand und Dahlmeier als klare Favoritinnen gestartet. Bei kräftigem Flockenwirbel und auf tiefem Geläuf lagen die DSV-Damen zur Halbzeit noch auf Platz zwei hinter Italien. Aber Hildebrand übernahm dank makelloser Schießeinlagen die Führung und schickte die „Königin von Tirol“ mit einem kleinen Polster von neun Sekunden vor der Ukraine auf die Strecke. Dahlmeier zog zunächst auf und davon, benötigte vor den 17.800 Zuschauern aber insgesamt drei Extrapa­tronen – und machte es so noch einmal spannend. Am Ende jedoch konnte sie keine mehr einholen. Weil ihr Wille immer noch stärker ist als ihr Körper.

„Das war ein gigantischer Tag für uns, die Rekorde sind fantastisch. Vor allem will ich aber herausheben, dass wir eine super Staffel hatten“, sagte Laura Dahlmeier und strich damit auch den Teamgeist heraus. Bei den Männern werden an diesem Sonnabend für den DSV Erik Lesser, Benedikt Doll, Arnd Peiffer und Simon Schempp um eine Staffelmedaille kämpfen.

Das Programm der Biathlon-WM am Wochenende: Sonnabend, 14.45 Uhr: 4x7,5-km-Staffelrennen, Männer; Sonntag 11.30 Uhr: 12,5 km Massenstart, Frauen; 14.45 Uhr: 15 km Massenstart, Männer. ARD und Eurosport übertragen live.