Hamburg. Leipzigs Manager Rangnick und HSV-Trainer Gisdol treffen sich mit ihrer Spielphilosophie erstmals als Gegner

Die Spur der Verbindung führt nach Baden-Württemberg. Wer sich auf die Suche nach den Gemeinsamkeiten zwischen Ralf Rangnick und Markus Gisdol begibt, landet in der langen Fußball-Biografie der beiden Schwaben schnell bei Vereinen wie dem SSV Ulm 1846 oder dem SSV Reutlingen 05. Mit dem Geislinger Taktik-Guru Helmut Groß verbindet die beiden sogar seit vielen Jahren ein gemeinsamer Mentor. Und doch sollten sich die Wege von Rangnick und Gisdol so richtig erst vor acht Jahren bei 1899 Hoffenheim kreuzen. Hier feilten sie zusammen an einer gemeinsamen Spielphilosophie. Später machte Rangnick Gisdol zum Co-Trainer auf Schalke. Eine Verbindung, die bis heute hält. „Ich bin Ralf Rangnick und Helmut Groß sehr dankbar, dass sie mich in den Profibereich geholt haben. Wir haben ein freundschaftliches Verhältnis“, sagte Gisdol am Donnerstag.

An diesem Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und Abendblatt-Liveticker) treffen Gisdol und Rangnick im Spiel zwischen RB Leipzig und dem HSV das erste Mal als Gegner aufeinander. Rangnick und der furiose, zu Hause noch ungeschlagene Bundesliganeuling auf der einen Seite, Gisdol und dauerkrisengeplagte und mal wieder gegen den Abstieg kämpfende Bundesligadino auf der anderen. Ein Duell, das von den Vorzeichen unterschiedlicher kaum sein könnte. Und doch ist es auch das Treffen zweier Mannschaften mit der gleichen Idee von Fußball. Zumindest seit Gisdol in Hamburg Trainer ist.

„Der HSV verfolgt unter Trainer Markus Gisdol eine neue Philosophie. Gerade in der Offensive hat der HSV enormen Speed“, sagte am Donnerstag der Trainer der Leipziger, Ralph Hasenhüttl. Wenn der 49-Jährige über Gisdols Philosophie spricht, spricht er auch über das Modell RB Leipzig. Vorwärtsverteidigen, Gegenpressing, Balleroberungen, Vertikalspiel. Taktische Mittel, mit denen RB Leipzig die Bundesliga aufgemischt hat. Die „Bullen“ spielen den Fußball, den Gisdol auch in Hamburg entwickeln will.

„Das ist Hochgeschwindigkeitsfußball, wie man ihn fast nie sieht“, sagt der HSV-Trainer zwei Tage vor dem Treffen in Leipzig. „Es gibt dort keinen Spieler mehr, der nur durchschnittlich schnell ist. Man kann sich leicht erkälten, wenn die Spieler so schnell an dir vorbeirennen“, sagt Gisdol mit einem Augenzwinkern. Der Hamburger Trainer gibt sich nach zwei Pflichtspielsiegen vor dem Duell bei der statistisch besten Heimmannschaft der Liga ex­trem selbstbewusst.

Dass die veränderte Ausrichtung des HSV auch dem Gegner nicht verborgen geblieben ist, verdeutlichte Hasenhüttl in seiner Einschätzung vor dem Spiel. „Es wird eine herausfordernde Aufgabe für uns, die schnellen Konter der Hamburger zu unterbinden“, sagte Hasenhüttl am Donnerstag. Schneidet man die Aussagen der beiden Trainer gegeneinander, dürfen die Zuschauer am Sonnabend ein rasantes Spiel erwarten. Leipzigs Sprinter wie Emil Forsberg, Timo Werner oder Yussuf Poulsen auf der einen Seite, Hamburgs Nicolai Müller, Filip Kostic oder Bobby Wood auf der anderen. Gisdol deutete am Donnerstag an, dass er sich in Leipzig nicht verstecken will. „Wir kommen mit Rückenwind. Wir fahren da mit der Überzeugung hin, etwas mitnehmen zu können. Dafür haben wir uns ein bisschen was überlegt.“

Doch auch die Leipziger wissen, worauf sie sich einstellen müssen. Kaum jemand kennt Gisdols Ideen so gut wie RB-Sportchef Rangnick. Seine Wertschätzung für den Trainer hätte vor zwei Jahren beinahe dafür gesorgt, dass Gisdol zu Leipzig gewechselt wäre. Im März 2015 brachte Rangnick Gisdol öffentlich als möglichen neuen Trainer bei RB ins Gespräch, obwohl dieser noch in Hoffenheim unter Vertrag stand. „Er ist ein Trainer, der weiß, wie wir spielen, und der selbst so spielen lässt. Es gibt nur eine Handvoll Trainer, die zu uns passen. Er ist sicher einer davon“, sagte Rangnick damals.

Die Geschichte sollte anders verlaufen. Weil Rangnick den passenden Trainer nicht fand, übernahm er den Job an der Seitenlinie für ein Jahr selbst, schaffte den Aufstieg in die Bundesliga und verpflichtete Hasenhüttl aus Ingolstadt, während Gisdol im Herbst nach Hamburg wechselte.

Mit dem HSV könnte der 47-Jährige nun der erste Trainer sein, der in dieser Saison beim Aufsteiger gewinnt. Sollte es tatsächlich so weit kommen, wäre Leipzig womöglich mit den eigenen Mitteln geschlagen.