Frankfurt am Main. 1:4 gegen Belgien: Das deutsche Davis-Cup-Team muss in die Relegation

Die viel beschworene Aufbruchstimmung im deutschen Herren-Tennis ist schon wieder vorbei. Nach den tollen Auftritten der Brüder Alexander und Mischa Zverev in Melbourne bei den Australian Open wollte das deutsche Team in diesem Jahr auch im Davis Cup angreifen – und scheiterte nun überraschend mit 1:4 gegen eine ersatzgeschwächte Mannschaft aus Belgien bereits in der ersten Runde.

Am Sonntag verlor Alexander Zverev (19) das Spitzeneinzel gegen Steve Darcis trotz einer starken kämpferischen Leistung mit 6:2, 4:6, 4:6, 6:7 (8:10), womit die deutsche Niederlage in Frankfurt am Main beim Stand von 1:3 bereits vor dem letzten Einzel besiegelt war. Dort unterlag Mischa Zverev (29) dann auch noch Ruben Bemelmans deutlich mit 5:7, 1:6.

„Das ganze Wochenende ist irgendwie schlecht für uns gelaufen. Nach dem ersten Tag hätten wir 2:0 führen können, auch im Doppel war ein Sieg drin. Jetzt steht es 1:3, und wir müssen in die Relegation, das ist sehr schade“, sagte Alexander Zverev enttäuscht.

Am Sonnabend hatten die Brüder das Doppel gegen das belgische Duo Ruben Bemelmans und Joris De Loore in fünf Sätzen verloren. Zum Auftakt am Freitag hatte nur Alexander Zverev seine Partie gegen Arthur de Greef gewonnen, Philipp Kohlschreiber sich aber in fünf Sätzen gegen Darcis geschlagen geben müssen.

Am Sonntag kam es also wieder auf den Jüngsten im Team an. Und Alexander Zverev, dem auch von Branchengrößen wie Roger Federer und Rafael Nadal eine vielversprechende Zukunft vorhergesagt wird, startete gegen Darcis furios. Der gebürtige Hamburger dominierte die Partie mit seinen druckvollen Schlägen nach Belieben und holte sich nach nur 29 Minuten Satz eins.

Auch im zweiten Durchgang hatte Zverev zunächst weiter alles im Griff. Doch Mitte des zweiten Abschnitts begann die Partie zu kippen. Darcis kämpfte sich ins Spiel, hielt die Ballwechsel länger und zermürbte mit dieser Taktik Zverev wie schon zwei Tage zuvor Kohlschreiber.

Zverev begann nun mit sich zu hadern, zudem ließ ihn der Aufschlag immer mehr im Stich. So kam der Weltranglisten-22. kaum noch zu schnellen Punkten. Zverev kämpfte zwar verbissen, doch auch Satz drei ging an Darcis. „Ich habe gespürt, dass ich müde werde. Das Doppel am Tag zuvor hat viel Energie gekostet“, gestand Zverev. Im vierten Satz spitzte sich das Geschehen dann bis in den Tiebreak zu. Drei Matchbälle konnte Zverev noch abwehren, dann musste er sich nach 3:02 Stunden doch geschlagen geben.

Wieder einmal ließ das deutsche Davis-Cup-Team damit eine große Chance ungenutzt. Nach 2015 (Erstrunden-Aus gegen Frankreich) und 2016 (Erstrunden-Aus gegen Tschechien) wartet für die Auswahl des Deutschen Tennis Bunds erneut die Relegation. Auf wen das Team von Kapitän Michael Kohlmann trifft, wird noch ausgelost. Die Relegation findet vom 15. bis 17. September statt.

In den kommenden Wochen und Monaten wird es nun viele Diskussionen geben – auch um Boris Becker. Der dreimalige Wimbledonsieger hatte die deutsche Mannschaft am Sonnabend noch in der Halle unterstützt. Becker saß wie selbstverständlich mit in der Teambox und erklärte später am Abend beim Ball des Sports in Wiesbaden, dass er mit dem Deutschen Tennis Bund Gespräche über eine Zusammenarbeit führe. „Das ehrt mich erst mal, es ist aber noch nicht zu Ende diskutiert, was das genau ist“, sagte Becker im ZDF-Sportstudio. Von 1997 bis 1999 hatte er als Spielertrainer Verantwortung im deutschen Davis-Cup-Team übernommen. Bis Ende 2016 war er drei Jahre lang als Coach des Serben Novak Djokovic unterwegs, bei den Aus­tralian Open in Melbourne trat er für den TV-Sender Eurosport als Experte auf.

Beim deutschen Verband hielt man sich mit Kommentaren noch bedeckt. „Der Deutsche Tennis-Bund ist grundsätzlich immer an der Expertise von Boris Becker interessiert“, sagte DTB-Vize Dirk Hordorff. Alexander Zverev würde ein Engagement Beckers begrüßen. „Ich fände es gut, wenn er Lust dazu hat.“ Davis-Cup-Teamchef Michael Kohlmann sagte nach der bitteren 1:4-Niederlage: „Ich habe mich damit noch nicht richtig beschäftigt, aber wenn Boris Lust hat und seine Hilfe anbietet, wäre der DTB schlecht beraten, wenn er ablehnen würde.“