Hamburg. Der Bosnier will sich ins Training einklagen – Gerichtstermin am 31. Januar

Um 10.22 Uhr war es offiziell: „Spahic klagt auf Beschäftigung beim HSV“, stand in fett gedruckten Buchstaben über einer Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Hamburg. Darunter stand im Kleingedruckten die Begründung, über die das Abendblatt bereits am Dienstag berichtet hatte: „In einem Verfahren vor dem Arbeitsgericht Hamburg streiten der Fußballspieler Emir Spahic und die HSV Fußball AG um die Beschäftigung des Klägers“, heißt es unter Aktenzeichen 15 Ga 3/17, und weiter: „Nunmehr verlangt der Kläger im Wege der einstweiligen Verfügung, ihn in der ersten Mannschaft in der Fußballbundesliga zu beschäftigen und (dass) er insbesondere am Trainingsbetrieb teilnehmen darf.“

Rums! Nachdem es zuletzt eher ruhig um den vor drei Wochen freigestellten Bosnier war, sollen nun am kommenden Dienstag die Anwälte das Wort haben. Während der HSV noch eine Kanzlei mit dem Fall beauftragen muss, lässt sich Spahic von dem Arbeitsrechtler Christian Prauser von der Nürnberger Kanzlei Meinhardt, Gieseler & Partner vertreten. Der Termin der Verhandlung am 31. Januar dürfte dabei kaum ein Zufall sein. An diesem Tag endet die Wintertransferfrist – ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

Ob es aber tatsächlich in der kommenden Woche vor Gericht geht, bleibt offen. Am Ende, auch wenn das keine der Parteien öffentlich zugibt, geht es wie immer im Leben vor allem um eines: um das liebe Geld. So hatte Spahic, dem noch der Rest seines Jahresgehalts von 2,5 Millionen Euro zusteht, ein erstes, reduziertes Angebot des HSV zur Vertragsauflösung ausgeschlagen. Der Hintergrund: Sowohl Spahic als auch der HSV hatten bislang gehofft, dass der Innenverteidiger bis zum 31. Januar einen neuen Club findet. Eine Hoffnung, die nicht aufzugehen scheint – genauso wenig wie der Plan B des HSV.

Vor Gericht dürfte der HSV schlechte Chancen haben

So hatten sich die Verantwortlichen des Clubs darauf verständigt, dass man Spahic, der sich derzeit privat fit hält, im Fall der Fälle ab dem 31. Januar einen lizenzierten Trainer zur Seite stellen würde. Doch dieses Vorgehen will der 36-Jährige nun gerichtlich untersagen lassen – und hat damit wohl sogar gute Chancen. „Wenn Herr Spahic wirklich klagen sollte, dann hat der HSV keine Chance“, hatte Anwalt Horst Kletke dem Abendblatt bereits Anfang Januar gesagt. Der Arbeitsrechtler, der als einer der renommiertesten Juristen der Branche gilt, weiß, wovon er spricht.

Zwei Jahre ist es her, da hatte Kletke fast so etwas wie eine Standleitung zwischen dem HSV und dem Arbeitsgericht. Der Anwalt vertrat den entlassenen Trainer Mirko Slomka, dessen Assistenten Nestor El Maestro sowie den beurlaubten Sportchef Oliver Kreuzer. Kurios war Kletkes Fall des freigestellten Athletiktrainers Nikola Vidovic, dem der HSV wegen 13,98 Litern privat getankten Benzins eine Strafanzeige androhte. Das Ende vom Lied: Kurze Zeit nach dem Gerichtstermin verglichen sich der HSV und Vidovic auf eine Abfindung in Höhe von 120.000 Euro.

„Das Arbeitsgericht wird in der Sache richtig entscheiden“, sagt nun HSV-Vorstandschef Heribert Bruchhagen, der genau weiß, dass jedes falsche Wort im Vorfeld vor Gericht negativ ausgelegt werden kann. Der Clubboss hatte auch in seiner Zeit als Chef von Eintracht Frankfurt mehrere arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen – vor das Arbeitsgericht musste Bruchhagen in all der Zeit aber nur einmal, als es um die Abfindung eines Co-Trainers des ebenfalls entlassenen Michael Skibbe ging.

Den Gang zum Arbeitsgericht würden sich die HSV-Verantwortlichen auch diesmal gern sparen. Klar ist: Sollte es wirklich zum Wiedersehen mit Spahic am kommenden Dienstag in Saal 119 des Arbeitsgerichts in der Osterbekstraße 96 kommen, dürfte es unabhängig von der Entscheidung des Gerichts am Ende nur Verlierer geben.

Während es für den HSV, der unter allen Umständen eine Rückkehr Spahics ins Mannschaftstraining verhindern will, teuer werden könnte, droht dem Innenverteidiger ein Karriereende vor Gericht. Klar ist: Sollte es wirklich zur Verhandlung kommen, würden alle Geschehnisse um den Fußballer von den HSV-Anwälten vor Gericht benannt werden. Bislang war lediglich bekannt geworden, dass es handgreifliche Aus­einandersetzungen mit Pierre-Michel Lasogga und dem Ex-Hamburger Josip Drmic gegeben hat, zudem sollen sich mehrere HSV-Profis durch den Oldie eingeschüchtert gefühlt haben.

Sollten nun aber vor Gericht weitere Details aus dem Kabinenleben herauskommen, dürfte Spahic, der schon in Leverkusen nach einer Kopfnuss rausgeflogen war, im Sommer kaum einen neuen Club finden. Einen Ausweg aus der Zwickmühle gäbe es vor Gericht für keine der Parteien – auch nicht durch eine sogenannte Trainingsgruppe 2, die Spahic kategorisch ablehnt.

Trainer Gisdol hat Erfahrung mit einer Trainingsgruppe 2

Schlagzeilen hatte diese Trainingsgruppe 2 erstmals gemacht, als Markus Gisdol vor dreieinhalb Jahren noch als Trainer von Hoffenheim gleich ein halbes Dutzend Profis aussortierte. Einstige Stars wie Tim Wiese, To­bias Weis, Edson Braaf­heid oder Matt­hieu Del­­pierre mussten seinerzeit auf einem Nebenplatz des Diet­mar-Hopp-Sta­di­ons trainieren. Mit Sa­scha Koch verpflichtete Hoffenheim sogar einen lizenzierten Trainer für die unerwünschten Fußballer.

Eine Neuauflage der Trainingsgruppe 2 ist in Hamburg allerdings nicht geplant. „Wir haben einen Veränderungsprozess innerhalb des Kaders angeschoben“, hatte Gisdol kurz nach dem Spahic-Rauswurf Anfang Januar erklärt. „Dieser Prozess beinhaltet unter anderem, dass wir künftig ohne Emir Spahic planen und es demzufolge für das Beste halten, wenn die Wege von Verein und Spieler sich trennen.“

Ob sich die Wege von Spahic und dem HSV tatsächlich trennen, wird man nun möglicherweise am Dienstag wissen, wenn sich die Wege zunächst vor Gericht kreuzen. Anpfiff ist um 11 Uhr.