Hamburg. Buxtehude und Bietigheim verbindet Größe und Tradition. Sportlich trennen die heutigen Gegner Welten

An diesem Mittwochabend werden die Handballerinnen des Buxtehuder SV in etwa nachfühlen können, wie es ihren letzten Gegnerinnen ergangen ist. Zweitligist Rosengarten-Buchholz war vor zwei Wochen als krasser Außenseiter zum Pokalviertelfinale in der Halle Nord angetreten – und hätte gegen den Tabellenvierten der Bundesliga fast die Überraschung geschafft.

Diesmal ist die SG BBM Bietigheim zu Gast (19.30 Uhr/Sportdeutschland.tv), und auch wenn den BSV in der Tabelle nur drei Plätze und acht Punkte trennen: Gefühlt ist es eine ganze Klasse. Die Bietigheimerinnen sind mit 22:0 Punkten und herausragender Tordifferenz von plus 139 Klassenprimus. Sie haben kein Auswärtsspiel mit weniger als acht Toren Unterschied gewonnen. Beim 49:17-Sieg in Bad Wildungen waren es sogar 32 Tore – Bundesligarekord.

„Realistisch gesehen haben wir keine Chance“, sagt Buxtehudes Trainer Dirk Leun. Aber was hat Bietigheim, was Buxtehude nicht hat? Zunächst einmal nicht viel. Bietigheim-Bissingen zählt wie Buxtehude gut 40.000 Einwohner, liegt wie Buxtehude am Rand einer Me­tropole (Stuttgart), ist wie Buxtehude ein Handballstandort mit Tradition.

Der Unterschied ist, dass Bietigheim einen handballverrückten Gönner hat. Seit mehr als zehn Jahren fördert der Bekleidungshersteller Olymp die Bundesligateams der SG. Die Männer sind aktuell auf dem Weg zurück in die Erstklassigkeit. Die Frauen sind bereits ganz oben angekommen. BSV-Manager Peter Prior hatte sie „schon vergangene Saison dort erwartet“. Da konnte der Thüringer HC seine Titelserie noch einmal verlängern, auf sechs Jahre.

Im Sommer aber wurde der ohnehin schon starke Bietigheimer Kader um Deutschlands Topspielerin Susann Müller noch einmal um mehrere Nationalspielerinnen verstärkt. Jetzt sind alle Positionen dreifach oder sogar vierfach besetzt. Der Titel, so scheint es, soll mit aller Finanzkraft erzwungen werden. Und dann? Bietigheim wäre nicht der erste aufgemotzte Standort, der nach einem Rückzug des Mäzens abstürzt. Walle Bremen, 1. FC Nürnberg – an mahnenden Beispielen fehlt es in der Ligageschichte nicht. Auch die HSV-Handballer wissen ein Lied zu singen.

Deren langjähriger Manager Christoph Wendt aber, jetzt Geschäftsführer der Frauen-Bundesliga, ist unbesorgt: „Der Mäzen ist in Bietigheim maßgeblich am Erfolg beteiligt, aber der Verein hat gewachsene und gesunde Strukturen. Das ist nicht mit dem HSV zu vergleichen.“ Überhaupt erfahre die Liga im Südwesten viel Zuspruch aus der Wirtschaft. Rund um Stuttgart drängeln sich im Radius von 35 Kilometern fünf Erst- und zwei Zweitligisten. Wobei auch Vizemeister TuS Metzingen, ebenfalls von einem Bekleidungshersteller (Boss) gefördert, ganz oben mitspielt.

Peter Prior muss vergleichsweise bescheiden haushalten. Aber der BSV-Manager sieht die Entwicklung positiv: „Wir freuen uns über jeden Standort, in dem gut gearbeitet wird, gerade auch mit dem Nachwuchs. Und das ist in Bietigheim der Fall.“ Nur die vielen langen Auswärtsfahrten missfallen ihm.

Immerhin: Auf sportpolitischem Parkett könnte Buxtehude Bietigheim diese Saison noch schlagen. Beide Clubs bewerben sich um die Ausrichtung der Pokalendrunde Ende Mai. Die Entscheidung fällt nächste Woche.