Melbourne . Der Hamburger Tennisprofi trifft heute Morgen bei den Australian Open auf seinen Lieblingsspieler

Australien feiert den „Serve-and-Volley“-Veteran mit dem „linken Zauberhändchen“. Und auch Altmeister Boris Becker traut Mischa Zverev nach dessen bisherigen Triumphzug bei den Australian Open vieles zu. „Nachdem mit Andy Murray und Novak Djokovic die beiden Topgesetzten ausgeschieden sind, ist hier jetzt alles möglich, für jeden. Das wissen auch alle, das spürt man sehr deutlich“, sagte der dreimalige Wimbledonsieger.

In seinem ersten Grand-Slam-Viertelfinale trifft Mischa Zverev am heutigen Dienstag (9 Uhr/MEZ/Eurosport live) auf sein Idol Roger Federer (35). Und das auf der großen Bühne der Rod-Laver-Arena in besonderer Atmosphären, vor 15.000 Zuschauern in der ausverkauften Night Session. Der Hamburger scheint schon jetzt Gänsehaut zu haben. „Das ist ein Traum. Roger ist mein Lieblingsspieler. Mit ihm bin ich im Tennis groß geworden, er war meine Inspiration“, sagte der 29-Jährige vor dem Duell mit dem Grand-Slam-Rekordsieger aus der Schweiz, der 17 dieser Turniere gewann (insgesamt 88), rund 99 Millionen US-Dollar Preisgeld erspielte. Zverev (höchster Weltranglistenplatz bisher: 45 im Juni 2009) hat bisher drei Millionen Dollar auf der Tour verdient und erst zwei Turniere gewonnen – im Doppel.

Doch der Hobby-Pilot mit russischen Wurzel, geboren in Moskau, der im Achtelfinale den topgesetzten Schotten Murray in vier Sätzen entzauberte, kann den Maestro selbstbewusst zum Schlagabtausch im Flutlicht von Melbourne herausfordern. „Wer Murray geschlagen hat, kann natürlich gegen jeden anderen Spieler auch gewinnen“, meinte Becker, mahnte aber: „Mischa darf trotzdem nicht so weit nach vorne denken, das macht einen nur unruhig.“

Von Unruhe ist beim aktuellen Weltranglisten-50. vor seinem bislang größten Match nichts zu spüren. Trotz der 0:6, 0:6-Pleite gegen Federer 2013 im Viertelfinale des Rasenturniers in Halle/Westfalen. „Das wird diesmal ein ganz anderes Spiel“, ist Zverev überzeugt. Der Favorit jedenfalls hat höchsten Respekt: „Mischa reitet auf einer Erfolgswelle und fühlt sich gerade so gut wie noch niemals zuvor auf dem Tennisplatz“, sagte Federer, der in Melbourne schon viermal triumphierte.

Am Montag trainierte der ältere der Zverev-Brüder konzentriert auf der Anlage am Yarra River und wirkte komplett locker. Sicherheit vermittelt ihm der Familienclan um Bruder Alexander Junior, Vater Alexander Senior und Mutter Irena. „Wenn ich sie in der Box lachen sehe, wird alles gut. Und sie lacht oft“, sagte Mischa Zverev über die Tennistrainerin, die kurioserweise bei den Matches ihres jüngeren Sohnes Alexander (19), genannt Sascha, vor Aufregung nicht zuschauen kann.

Das Zverev-Team besteht in Melbourne aus acht Leuten – darunter Mischas Freundin. „Wir wohnen alle in demselben Hotel. Die Atmosphäre ist toll“, berichtete Mischa, der seinem Bruder abends gerne beim Playstation­spielen zusieht. Zu viele schlaue Ratschläge will er Sascha nicht geben. „Er muss im Leben seine eigenen Erfahrungen sammeln. Ich kann ihm nur ein Spektrum aufzeigen.“

Boris Becker indes ist vor allen Dingen von der bodenständigen Art des Wahl-Monegassen beeindruckt. Nach dem Matchball gegen Murray blieb Mischa Zverev fast stoisch. „Ich fand es sehr schön, wie cool er am Ende war, er ist nicht wild rumgehüpft oder hat sich auf den Boden geworfen und den Platz geküsst“, meinte Becker und nannte das Verhalten „beispielhaft, mit großem Respekt vor dem Gegner. Das ist eine tolle Einstellung.“