Bremen. Nach der Roten Karte für Ex-HSV-Torhüter Drobny darf nun wieder Wiedwald Bremens Tor hüten

Im Auswärtsspiel beim FC Augsburg in zwei Wochen wird Felix Wiedwald nach etwa 80 Minuten der Ausgleich gelingen. 849 Minuten wird Wiedwald dann in dieser Saison im Werder-Tor gestanden haben, genauso lange wie der frühere Hamburger Jaroslav Drobny. Wenn nichts dazwischenkommt, muss es einschränkend heißen. Wobei man fast schon davon ausgehen muss, dass etwas dazwischenkommt – weil in dieser Saison auf der Torwartposition bei Werder schon so unglaublich oft etwas dazwischengekommen ist. „Ich habe so viele Wechsel im Tor in einer Saison noch nie erlebt“, sagte Trainer Alexander Nouri nach dem 1:2 im Heimspiel gegen Borussia Dortmund, in dem Drobny sich am Sonnabend mit einem rüden Tritt gegen den Oberschenkel von Marco Reus eine Rote Karte eingehandelt hatte, der eine Sperre für mehrere Spiele folgen dürfte.

Das Spiel gegen Dortmund war, wohlgemerkt, das 17. und letzte Spiel der Hinrunde; die halbe Saison steht noch bevor. Und schon jetzt hat Werder bereits drei Mal von Drobny zu Wiedwald und drei Mal in die andere Richtung gewechselt. Keiner der beiden stand dabei länger als fünf Spiele am Stück im Bremer Tor. Gewollt war von all diesen Wechseln nur der erste: Vor dem dritten Spieltag machte Viktor Skripnik in einer seiner letzten Amtshandlungen als Werder-Trainer Drobny anstelle von Wiedwald zur Nummer eins. Unter normalen Umständen hätte das bedeuten können, dass Wiedwald in dieser Saison kein Spiel mehr macht. Doch in Sachen Torwart ist bei Werder in dieser Saison nichts normal.

Die Rangfolge hielt ganze vier Wochen, dann verletzte Drobny sich an der Hand – und Wiedwald kehrte ins Tor zurück. Als Drobnys Hand wieder hielt, musste Wiedwald wieder auf die Bank, um nun nach Drobnys Platzverweis gegen Dortmund wiederum zwischen die Pfosten zurückzukehren. Und so hat nach 17 Spieltagen Werders Nummer eins zehn Mal gespielt und Werders Nummer zwei, die an den ersten beiden Spieltagen die Nummer eins war, acht Mal. Wenn Drobny, was wahrscheinlich ist, für mindestens drei bis vier Spiele gesperrt wird, kann Wiedwald die nominelle Nummer eins eine Woche nach der Partie in Augsburg beim Heimspiel gegen Mönchengladbach auch bei der Zahl der Einsätze überholen.

Die Frage ist: Was macht das Hin und Her mit Felix Wiedwald – dem in der Vorbereitung gar der Abstieg von der Nummer eins zur Nummer drei zu drohen schien? Im Trainingslager vermied Nouri es auf mehrmalige Nachfrage, sich zu Wiedwald als Nummer zwei zu bekennen. Einige Tage später verkündete er, dieser bleibe auch in der Rückrunde die Nummer zwei, und noch mehr: Er habe lediglich den Konkurrenzkampf zwischen Wiedwald und dem 19-jährigen Michael Zetterer anheizen wollen; „die Hierarchie haben wir nie in Frage gestellt“. So oder so – der Verlauf der Saison für Wiedwald taugt dazu, einen Spieler zu verunsichern. Zumal seit Monaten bekannt ist, dass Werder sich auf dem Transfermarkt für die nächste Saison nach einer neuen Nummer eins umschaut. Nouri sagt, mit Unklarheit müsse „ein Spieler auf diesem Niveau umgehen“. Wiedwalds gute Leistung gegen Dortmund beweise, dass er das könne.

Wiedwalds mögliche Verunsicherung ist das eine Thema, die mögliche Verunsicherung der Bremer Mannschaft durch die häufigen Wechsel ist ein anderes. Dabei hat auch der HSV in dieser Saison die Nummer eins schon gewechselt – ohne, dass es aktuell überhaupt eine festgelegte Nummer eins gibt. Im Tor steht Christian Mathenia, René Adler ist verletzt. Dabei streben Vereine nicht umsonst Kontinuität auf der Torwartposition an wie auf keiner anderen Position. Weil Selbstvertrauen für den einsamsten Mann auf dem Platz enorm wichtig ist, und weil es den Mitspielern Sicherheit gibt, wenn hinter ihnen immer derselbe Keeper steht. Sportchef Frank Baumann will von einer möglichen Verunsicherung des Teams aber nichts wissen. Dass Werder den Torwart jetzt erneut wechseln muss, sei „etwas unglücklich“, aber: „Wir sind entspannt und zuversichtlich, dass wir mit Felix in den kommenden Wochen punkten können.“ Kapitän Clemens Fritz sagte: „Wir vertrauen Wiedi genauso, wie wir Drobo vertrauen.“ Das Torwart-Thema sei nur für die Medien ein Thema: „Für die Mannschaft spielt das keine Rolle“.