Hamburg. Alexander Baumann führt das Nationalteam bei den German Masters an der Hagenbeckstraße als Skip an.

Dass Alexander Baumann einen Termin mit der Presse hatte, darauf konnten seine Kollegen am Donnerstagnachmittag keine Rücksicht nehmen. Immer wieder unterbrach ihn einer und wollte ihn begrüßen. Man kennt, schätzt und mag sich. „Das ist es, was Curling ausmacht“, würde Baumann später sagen: „Für mich ist es die fairste Sportart überhaupt. Die Teams verstehen sich super, wir klären alles unter uns. Schiedsrichter bräuchten wir eigentlich gar nicht.“

Baumann (32), der das Nationalteaman diesem Wochenende bei den German Masters in der Hagenbeckstraße als Skip anführt, ist Deutschlands einziger Curlingprofi. Nicht dass er von seinem Sport leben könnte – der gelernte Physiotherapeut kann es sich lediglich leisten, für ihn zu leben, weil er der Sportförderkompanie der Bundeswehr angehört, neuerdings im Rang eines Feldwebels. Von Juli bis Mai steht „Alex“ Baumann auf dem Eis, und wenn alles läuft wie geplant, dann wird er in diesem Jahr auch den Juni durchschrubben. Die Vorbereitung auf die Olympischen Winterspiele im Februar kommenden Jahres in Pyeongchang (Südkorea) lässt keine Pause zu.

Nach Sotschi hatte sich die Mannschaft aufgelöst

Will Baumann dort dabei sein, muss er den EM-Fünften Deutschland bei der WM Anfang April in Edmonton (Kanada) unter die besten vier führen – was schwierig wird. Oder beim Qualifikationsturnier im Dezember einen der letzten beiden Startplätze ergattern – was möglich ist. Die Mannschaft des Curling-Clubs Hamburg um Skip John Jahr hat es vor vier Jahren vorgemacht.

Nach den Spielen in Sotschi 2014 hatte sich die Mannschaft aufgelöst. Seither ist Baumann die Nummer eins in Deutschland mit einem Team, das sich allerdings aus drei Vereinen rekrutiert. Mit der alten Doktrin, dass der beste Club auch die Nationalmannschaft stellt, hat Bundestrainer Thomas Lips (46) gebrochen, zumindest in diesem Olympiazyklus. Was nach 2018 passiert, ist ohnehin nicht absehbar.

Curler haben den Status eines Projekts

Schon vor zwei Jahren konnten die Curler nur knapp die Streichung der Bundesförderung verhindern. Seither haben sie den Status eines Projekts und müssen sie sich jährlich um neue Mittel bewerben. Der Schweizer Lips hat damit kein Problem: „Es ist ein ehrliches System.“ Die Spitzensportreform, die 2019 für die Winterdisziplinen in Kraft tritt, könnte größere Verbände sogar härter treffen als die Curler. Die haben ihre wenigen Kräfte – nur ein Dutzend der 700 Aktiven in Deutschland betreibt den Sport ernsthaft – bereits am Leistungszentrum Füssen gebündelt.

Hamburg hat seinen Status als Bundesstützpunkt Nachwuchs längst eingebüßt. Außer Maike Beer, die kommende Woche gemeinsam mit ihrer Schwester Claudia bei der Universiade in Almaty (Kasachstan) antritt, ist vom CCH niemand im Bundeskader vertreten. Das bedauert auch Alex Baumann: „Mit Hamburg haben wir uns immer schöne Duelle geliefert.“ Aber vorn mitzuwischen wird bei den German Masters auch so schwer. Der EM-Zweite Norwegen ist klarer Favorit.