Hamburg. Neujahrsempfang Clubchef Bruchhagen und Unternehmer Kühne treffen erstmals aufeinander. Der Geldgeber will wieder investieren

Die erste Begegnung dauerte rund dreißig Sekunden. Ein kräftiger Händedruck, ein kurzer Smalltalk, dann gingen Heribert Bruchhagen und Klaus-Michael Kühne wieder getrennte Wege. Zumindest für den Moment. Es war 11.18 Uhr, als sich der neue Clubchef und der HSV-Investor am Montag beim Abendblatt-Neujahrsempfang erstmals in die Arme liefen. Es war ein bedeutsames Treffen, das am Nachmittag im privaten Raum seine Fortsetzung fand. Es war das Treffen der mächtigen Männer des HSV.

Vor allem aber war es ein Treffen, das für viele die Hoffnung auf eine bessere Zukunft des HSV symbolisierte. Auf der einen Seite stand Bruchhagen, der neue Chefentscheider im Volkspark. Der Mann, der dafür sorgen will, dass der HSV endlich wieder zur Besinnung kommt. „Ich hoffe, dass wir im neuen Jahr in ruhigere Fahrwasser kommen“, sagte der 68 Jahre alte Bruchhagen.

Auf der anderen Seite stand Kühne, der milliardenschwere Gönner des HSV. Der Mann, der dem Club in den vergangenen Jahren so oft aus der Not geholfen hat. Der mit seinen emotionalen Äußerungen aber auch schon oft für Unruhe gesorgt hat. Der sich nichts sehnlicher wünscht als einen erfolgreichen, lebhaften HSV. „Ich wünsche mir Action, Umsetzungen, Aktivitäten, keinen Stillstand“, sagte Kühne am Montag im Gespräch mit dem Abendblatt.

Der eine will Ruhe, der andere Action. Vereint sind Bruchhagen und Kühne in dem Wunsch, beim HSV wieder bessere Zeiten zu erleben. Und dafür – darin sind sich die beiden einig – braucht der abstiegsbedrohte Bundesligist so schnell wie möglich neue Spieler. Abwehrspieler, um genau zu sein. Und hier kommt wieder Kühne ins Spiel. Der Investor ist bereit, dem HSV weitere Millionen zur Verfügung zu stellen – wenn die Bedingungen stimmen.

Und diese Bedingungen knüpft Kühne überraschend stark an HSV-Trainer Markus Gisdol. Zweifelte der 79 Jahre alte Unternehmer in der Vergangenheit oft öffentlich an den sportlichen Leitern wie Mirko Slomka („ich glaube nicht an diesen Trainer“) oder Bruno Labbadia („Abwarten, ob er das Team in Form bringt“), genießt Gisdol bei Kühne eine hohe Wertschätzung. „Den Trainer unterstütze ich. Der macht seine Sache sehr gut, den kenne ich auch persönlich“, sagt Kühne. „Ich hoffe, dass das Management ihn lässt. Dann werde ich auch weiter zur Verfügung stehen.“

Mit dem Management meint Kühne neben Bruchhagen auch den neuen Sportchef Jens Todt, den er noch nicht persönlich kennengelernt habe. „Der neue Sportdirektor ist ja ein unbeschriebenes Blatt“, sagt Kühne über Todt. „Es kommt jetzt darauf an, dass mit der neuen Führung der richtige Weg bestritten wird. Das müssen wir alle abwarten. Hoffnung habe ich“, so Kühne, der das Aus von Dietmar Beiersdorfer bedauert. „Herr Beiersdorfer und Herr Gisdol haben sehr gute Vorarbeit geleistet.“ Nun müssten bei der Suche nach Verstärkungen schnell Entscheidungen her. Kühnes Bereitschaft für die Finanzierung sei da. „Man muss aber auch Interesse an mir und ein Konzept haben. Es muss Harmonie bestehen. Wenn das eine homogene Einheit wird, kann ich das unterstützen.“

Kühne sitzt an einem Tisch neben Aufsichtsrat Karl Gernandt. Dass sein wichtigster Vertrauter als Chef des Kontrollgremiums zurückgetreten ist, kann Kühne nachvollziehen. Gernandt vollzog den Schritt vor vier Wochen und warf seinen Kollegen öffentlich „Indiskretion“ vor. „Wenn man nicht richtig zum Zuge kommen kann oder sogar hinterrücks beschädigt wird, sollte man lieber die Konsequenzen ziehen“, sagte Kühne. Noch immer hat der Aufsichtsrat keinen neuen Vorsitzenden. Gut möglich, dass dieser Zustand bis zur Neubesetzung im Herbst bleibt.

Udo Bandow, der den Neujahrsempfang an der Seite von HSV-Idol Uwe Seeler verfolgte, hat dafür kein Verständnis. Bandow, seit Sonntag 85 Jahre alt, war zwischen 1996 und 2007 Chef des HSV-Aufsichtsrats. „Ein Unternehmen wie der HSV ohne einen Aufsichtsratsvorsitzenden ist für mich unvorstellbar. Das ist für mich eine der großen Schwachstellen. Der Kontrollchef ist ein Ruhepol, der dafür sorgt, dass vieles in die richtige Richtung läuft“, sagte Bandow dem Abendblatt.

Uwe Seeler setzt seine Hoffnungen in den neuen Clubchef Heribert Bruchhagen und Neuzugänge in der Defensive. „Ich hoffe, dass mit Heribert Ruhe in den Verein kommt“, sagte Seeler. „Die Verantwortlichen sind jetzt gefragt, Spieler zu kaufen, die wir brauchen.“

Bruchhagen will bis zum 31. Januar noch zwei Innenverteidiger und einen spielstarken Sechser verpflichten. Zunächst soll ein Verteidiger kommen, der sofort hilft. Der zweite Innenverteidiger könnte Neven Subotic (BVB) oder Kyriakos Papadopoulos (RB Leipzig) heißen. Beide haben eine lange Verletzungshistorie hinter sich. Das Risiko, mit nur einem von beiden in die Rückrunde zu gehen, ist dem HSV zu groß.

Der Investor glaubt, dass mit den Neuverpflichtungen Platz zehn möglich sei. „Ich bin Optimist“, sagt Kühne. „Neue Besen kehren gut, wie es heißt. Hoffentlich bewahrheitet es sich.“