Kamen. Viele Ausfälle: Bundestrainer sucht noch nach seiner WM-Taktik vor dem Start

Geist von Kaiserau? Andreas Wolff legt die Stirn in Falten. „Ich gucke mir zwar Horrorfilme an, aber einen Geist habe ich hier noch nicht gesehen“, sagt der deutsche Nationaltorwart. Dann grinst er. Eine Woche vor dem deutschen WM-Auftakt gegen Ungarn ist die Stimmung bei den deutschen Handballern ausgezeichnet.

Natürlich weiß Wolff, dass sich hier in der Abgeschiedenheit der ostwestfälischen Provinz vor exakt zehn Jahren schon die 2007er Weltmeister um Gold-Coach Heiner Brand vor ihrem Wintermärchen fit machten. Doch solche Motivationshilfen hat das Team von Bundestrainer Dagur Sigurdsson vor seiner Medaillen-Mission in Frankreich anscheinend nicht nötig.

„Ich denke nicht, dass wir einen Geist von 2007 wiederbeleben müssen“, sagt Wolff, „wir haben unseren eigenen Geist. Wir haben eine tolle junge Mannschaft, die im Gegensatz zu 2007 nicht auf dem Höhepunkt ihrer Schaffenskraft ist, sondern doch erst am Anfang.“

Letzter Gradmesser für das deutsche Team ist am Montag (19 Uhr/Sky Sport News HD) die WM-Generalprobe in Kassel gegen Österreich, ehe es am Donnerstag, einen Tag vor dem Auftaktspiel, von Kamen aus per Bus nach Rouen geht. „Man merkt, dass das Kribbeln von Tag zu Tag zunimmt“, sagte Rückraumspieler Julias Kühn. Und Kreisläufer Patrick Wiencek hat inmitten der vielen Trainingseinheiten im SportCentrum Kamen-Kaiserau eine „Mischung aus voller Konzentration und Lockerheit“ ausgemacht.

Für Coach Sigurdsson sind die Tage im Trainingslager vor den Toren Dortmunds enorm wichtig. Unentwegt brütet der Isländer, der nach der WM nach Japan wechselt, an seiner WM-Taktik. Die vielen teils verletzungsbedingten Absagen (ohne sechs Europameister) zwingen ihn mal wieder zum Improvisieren. „Man weiß nicht genau, wo man steht, wir haben neue Leute auf Schlüsselpositionen“, sagte Sigurdsson und gibt Zweifel zu: „Schaffen die das? Das macht es spannend. Aber ich bin mir absolut sicher, dass diese Mannschaft jeden schlagen kann.“

Schon vor der EM vor Jahresfrist in Polen hatte er nicht gejammert, als unter anderem Kapitän Uwe Gensheimer und Wiencek als etatmäßige Stammkräfte ausfielen. Am Ende stand der sensationelle Titelgewinn.