Bischofshofen. Deutsche Skispringer bleiben viermal ohne Podiumsplatz. Markus Eisenbichler wird Siebter im Gesamtklassement.

Ein Kamil Stoch kennt keinen Schmerz. Zumindest, wenn es um den lang ersehnten Triumph bei der Vierschanzentournee geht: Nur zwei Tage nach seinem Sturz in Innsbruck biss der Pole die Zähne zusammen, flog trotz Schmerzen im linken Arm zu seinem ersten Tournee-Titel und damit in einen elitären Skisprung-Kreis.

„Ich muss nicht der Beste sein. Mir reicht es, wenn ich nach einem Sprung happy bin“, hatte Stoch noch vor der Tournee gesagt. Zehn Tage später ist er der Beste, beinahe sogar der Beste der Geschichte. Vier der fünf großen Trophäen der Skisprung-Welt hat der 29-Jährige nun gesammelt, alle fünf hat bislang nur der Finne Matti Nykänen in seiner Vitrine stehen.

Weltmeister? Wurde Stoch 2013. Olympiagold im Einzel? Folgte 2014, sogar doppelt. Der Gesamweltcup? Ging ebenfalls 2014 an Stoch. Nun also die Tournee. Fehlt nur noch Gold bei der Skiflug-WM, die nächste steht 2018 in Oberstdorf auf dem Programm. „Kamil weiß, wie man die ganz großen Dinger gewinnt“, sagt Bundestrainer Werner Schuster.

Nach all den Titeln verschwand Stoch im Mittelmaß

Dabei war dem Perfektionisten zuletzt das Fluggefühl abhanden gekommen. Der Spät(durch)starter hatte erst 2011 – nach sieben Jahren im Weltcup – sein erstes Springen gewonnen. Zwei Monate vor dem Rücktritt seines großen Landsmannes Adam Malysz war das, die Thronübergabe von König Adam zu Kaiser Kamil klappte fließend. Doch nach all den Titeln verschwand Stoch 2014 wieder im Mittelmaß.

Dort holte ihn im Sommer Stefan Horngacher ab. Der Österreicher, bis dahin Assistent des deutschen Bundestrainers Schuster, machte Stoch als Nationaltrainer in Rekordzeit flott. „Stefan hat einiges in unserem System geändert“, sagt Stoch. Bei ihm reichte es, dass Horngacher die Anlaufposition korrigierte, „das war der entscheidende Punkt“. Horngachers diagnostische Fähigkeiten fehlen nun den Deutschen. „Er kann alles: Technik, Material, Menschenführung“, sagt DSV-Chefcoach Schuster über seinen Landsmann: „Er kennt die Polen, hat sie schon im Junioren-Bereich betreut. Die himmeln ihn an, für sie ist er der Skisprung-Gott.“

Eine Liebesbeziehung, die der Tournee-Sieg intensivieren dürfte. Als zweiter Pole nach Adam Malysz (2000/01) triumphierte der Mann aus Zakopane beim Ritt über die vier Schanzen, in der Heimat steht er auf einer Stufe mit Fußballstar Robert Lewandowski. Der Torjäger des FC Bayern München war 2015 zum Sportler des Jahres in seiner Heimat gewählt worden, Stoch ein Jahr zuvor. In diesem Jahr dürfte Stoch beste Chancen haben.

Die deutschen Springer blieben ohne Podiumsplatz

Die deutschen Springer flogen auch beim Tourfinale am Podium vorbei und traten mit leeren Händen die Heimreise von der 65. Vierschanzentournee an. „Platzierungsmäßig war das natürlich nicht das, was man erhofft hat. Wir gehören leider zu den Geschlagenen“, bilanzierte Schuster. Als bester Deutscher landete Richard Freitag mit 130,5 und 134 Metern auf Rang sechs. Stephan Leyhe wurde Achter, Karl Geiger Neunter. In der Gesamtwertung wurde Markus Eisenbichler (Siegsdorf) Siebter.

Andreas Wellinger (21), der am Vortag mit dem weitesten Sprung der Tournee-Geschichte auf 144,5 Meter die Qualifikation gewann, schied nach einem Hüpfer auf 123 Meter als 31. aus. „Der Sprung war extrem aggressiv. Das funktioniert bei Rückenwind nicht“, stellte er enttäuscht fest. Für das deutsche Team brachte die Tournee die bittere Erkenntnis: Ohne den formschwachen Severin Freund, der wegen einer Grippe abreisen musste, fehlt ein Siegspringer.