Hamburg. Die Profis des Kiezclubs sind auffällig verletzungsanfällig. Intensiveres Krafttraining soll Abhilfe schaffen

Den Trainingsplatz bekamen die Profis des FC St. Pauli am Donnerstagnachmittag nicht zu sehen. Das Alternativprogramm fand in den Katakomben des Trainingstrakts an der Kollaustraße statt. Eisen stemmen statt Flankenbälle, Mobilitätsübungen statt Torschüsse oder schlicht und ergreifend: Quälen für den Klassenerhalt.

In den kommenden vier Wochen will der Tabellenletzte der Zweiten Liga die körperlichen Grundlagen für die wohl wichtigste Rückrunde der jüngeren Vergangenheit legen. Die Spieler sollen bis zum Auftakt gegen den VfB Stuttgart am 29. Januar maximal belastbar und fit sein. „Ich habe die Pulsuhren der Profis ausgewertet. Die Mannschaft hat im Urlaub sehr gewissenhaft die Trainingspläne absolviert. Dadurch, das die Winterpause in diesem Jahr sehr kurz war, bringen die Jungs ein ganz anderes Niveau mit“, sagt Athletiktrainer Janosch Emonts, auf den wichtige Wochen zukommen.

Seit rund zwei Jahren ziehen sich muskuläre Verletzungen wie ein roter Faden durch die Spielzeiten der Kiezkicker. Auch in dieser Hinrunde gab es wöchentlich Spieler, die wegen Muskelverletzungen entweder gar nicht oder nur dosiert trainieren konnten. Gerade Profis wie Jeremy Dudziak, Lasse Sobiech oder Philipp Ziereis plagten sich immer wieder mit solchen Wehwehchen herum. „Es stimmt. Wir haben zu viele Muskelverletzungen. Da muss auch ich mich überprüfen. Wir sind dabei, die Trainingssteuerung für die einzelnen Spieler zu optimieren und die Regenerationsmaßnahmen zu verbessern“, gesteht Emonts selbstkritisch ein. „Da müssen wir besser werden. Das ist ein Prozess, der in der Entwicklung ist. Wir wollen uns jedes Jahr in diesem Bereich steigern.“

Ab sofort sollen die Spieler von Emonts und der medizinischen Abteilung noch regelmäßiger und intensiver auf ihre körperlichen Schwachpunkte getestet werden. Dabei geht es nicht nur um Kraft und Ausdauer, viel mehr stehen Bereiche wie Beweglichkeit, Mobilität und motorische Kontrolle auf dem Prüfstand. „Muskelverletzungen sind multifaktorell. Kraft und Ausdauer haben großen Einfluss auf Belastbarkeit und Verletzungsanfälligkeit“, so Emonts.

An zwei Tagen in der Woche steht in der Saisonvorbereitung intensives Training im Kraftraum an. Auch an längeren Ausdauerläufen werden die Spieler nicht vorbeikommen. Anders als im Sommer sind jetzt die Grundlagen vorhanden, um noch komplexer im athletischen Bereich zu arbeiten. „Wir haben in den letzten beiden Monaten einen großen Sprung gemacht. Wir können mehr Sprints machen, mehr Zweikämpfe gewinnen. Im Verlauf wurde die Mannschaft immer leistungsfähiger. Das Team kann eine höhere Laufleistung bringen als die Gegner“, sagt Emonts.

Das soll in der Rückrunde noch häufiger der Fall sein. Viele Konditionsübungen werden in das Mannschaftstraining und das Warmmachen integriert. Der Spaß soll bei der ganzen Schinderei nicht zu kurz kommen. Emonts hat sich auf die Fahne geschrieben, dass die Profis deutlich widerstandsfähiger werden als in der Vergangenheit. „Die Kräfte, die auf die Jungs in einer Spielsituation wirken, kann man im Kraftraum kaum simulieren. Wenn man aus voller Beschleunigung abbremst und einen Richtungswechsel vollzieht, wirken unglaubliche Kräfte“, erklärt der 31-Jährige. „Aber wir können die Spieler darauf vorbereiten, dass sie schneller reagieren und beschleunigen können, ohne gleichzeitig den Körper zu sehr zu belasten.“

St. Pauli will sich nicht nachsagen lassen, nicht alles für den Klassenerhalt getan zu haben. Seit längerer Zeit arbeitet der Kiezclub mit Ernährungsberatern zusammen. Man will bestens vorbereitet in den Existenzkampf gehen. „Psychischer Stress wirkt sich natürlich auch auf den Körper aus. Das ist eine zusätzliche Belastung. Da sind wir Trainer gefragt.Wir müssen mit Freude bei der Sache sein, dann ist man am Ende auch leistungsfähiger“, erklärt Emonts. „Wir wollen noch systematischer werden. Wie wir testen, wie wir Tests wiederholen und auswerten.“ Auf die Spieler kommen schweißtreibende Wochen zu. Dafür will auch der Athletiktrainer sorgen.