Hamburg. Vier Kandidaten mit Aufstiegspotenzial. Eine Zwischenbilanz nach dem Neustart der HSV-Handballer, der Crocodiles, des Volleyballteams Hamburg – und der Towers in ihrer dritten Saison

Eishockey, Handball, Basketball und Volleyball – hinter dem Fußball sind es weiter diese vier Sportarten, die in Hamburg die meisten Zuschauer in ihre Arenen locken – zugegeben mit respektablem Abstand. Mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit hatte im vergangenen Jahr zum Zwangsabstieg der HSV-Handballer aus der Ersten in die Dritte Liga geführt und zum Aus der Freezers (Eishockey), dessen Erbe die Crocodiles in der Oberliga antraten. Die Volleyballerinnen des VT Aurubis mussten dagegen nach dem Verlust ihres Namensgebers nur eine Klasse tiefer aufschlagen. Und da sind noch die Basketballer der Hamburg Towers, die auch in der dritten Spielzeit ihrer Vereinsgeschichte in der Zweiten Bundesliga ProA werfen. Welcher dieser vier Clubs hat aber das Potenzial, in absehbarer Zeit den Hamburgern (wieder) erstklassigen Sport bieten zu können? Eine Analyse.

Hamburg Crocodiles

Das Jahr 2017 hätte für die Crocodiles kaum besser beginnen können. Einen Tag nach der Vertragsverlängerung von Abwehrspieler Tim Marek konnte der Eishockeyclub aus der Oberliga Nord auch Sturmtalent Moritz Israel bis Mitte 2019 binden. Es sind diese Personalentscheidungen, die belegen, dass der angekündigte Dreijahresplan mit Inhalt gefüllt wird. Neben Israel und Marek stehen mit Aushängeschild Christoph Schubert, den Kanadiern Brad McGowan und Josh Mitchell sowie Thomas Zuravlev, André Gerartz, Fabian Calovi, Anton Zimmer, Lukas Gärtner und Gino Blank elf Spieler mit Profiverträgen im Kader. Zur nächsten Spielzeit soll diese Zahl noch vergrößert werden.

Die Crocodiles sind innerhalb von sechs Monaten zu einer Topadresse der Oberliga geworden. Mittlerweile bieten sich namhafte Spieler selbst an, weil sie Teil der Erfolgsgeschichte sein wollen. Die sportlichen Leistungen des Tabellenfünften haben offenbar Eindruck hinterlassen. Auch abseits der Eisfläche läuft es bei den Farmsenern. 1796 Fans kamen bisher im Schnitt zu den 14 Heimspielen. Das bedeutet eine Hallenauslastung von 91,82 Prozent. Die Euphorie ist groß, nicht wenige träumen von einem Durchmarsch in die DEL2.

Ein Aufstieg käme aber zu früh. Wirtschaftlich und strukturell sind die Hamburger noch nicht in der Lage, Profieishockey zu stemmen. „Wir wollen gesund wachsen“, sagt Schubert. Die nächsten Schritte sind klar umrissen. Neben dem Aufbau einer hauptamtlichen Geschäftsstelle gibt es den Plan, die Eishockeysparte aus dem Stammverein Farmsener TV auszugliedern und in eine GmbH umzuwandeln.
Abendblatt-Prognose:
Bis zum Jahr 2019 wird es in der DEL2 wieder Profieishockey in Hamburg geben.

Hamburg Towers

Sympathisch, sozial, seriös, solide – an den Imagewerten kann es nicht liegen, dass der Zweitliga-Basketballclub in den knapp drei Jahren seines Bestehens noch keinen Hauptsponsor gefunden hat. Von einem Partner in der Premium-Kategorie (500.000 Euro pro Jahr) hängt die sportliche Entwicklung der Wilhelmsburger maßgeblich ab. Der jetzt auf rund 1,35 Millionen Euro gestiegene Etat müsste mindestens verdoppelt, besser verdreifacht werden, um eine Klasse höher konkurrenzfähig zu sein. Die Geschichte der HSV-Handballer, der Freezers und des Volleyballteams Aurubis hat die Towers gelehrt, „auf kleine, sichere Schritte“ zu setzen, wie es Gesellschafter und Prokurist Jan Fischer sagt. Der Aufstieg in die Basketball-Bundesliga bleibe „ohne Wenn und Aber das Ziel, jedoch nicht auf Teufel komm’ raus“. Vielleicht ist es aber gerade diese fehlende Zeitliste, die potenzielle Hauptsponsoren bei den Towers vermissen.

Auch fehlt es an sportlicher Kontinuität. Allein Kapitän Robert Ferguson und Talent René Kindzeka sind seit 2014 von Anbeginn dabei. Der alljährliche Neuaufbau wirkt sich nicht zwingend leistungsfördernd aus. Der stete Wechsel hat indes System, spricht aber nicht gegen die Arbeit von Trainer Hamed Attarbashi. Die Towers sind für viele Spieler die Bühne, um in ihrer Karriere den nächsten (Gehalts-)Schritt zu machen – den der Club dann nicht mehr bezahlen kann.

Immerhin ist es den Towers gelungen, professionelle Rahmenbedingungen zu schaffen. Auch auf das Zuschauerinteresse bleibt Verlass. Durchschnittlich 2800 Besucher kamen selbst in dieser sportlich unbefriedigenden Saison, aktuell Platz zwölf, in die Wilhelmsburger Inselparkhalle, für das Spiel vergangenen Freitag gegen Nürnberg hätten 5000 Karten verkauft werden können. Die Halle fasst 3400 – sie wäre in ihrer Dimensionierung absolut bundesligatauglich.
Abendblatt-Prognose: Die Towers finden einen Hauptsponsor oder Investor und spielen 2019 in der Bundesliga.

Handball-Sport-Verein

Um sein Fanpotenzial muss sich der Handball-Sport-Verein Hamburg keine Sorgen machen. Wer 8555 Zuschauer für ein beliebiges Drittligaspiel in der Barclaycard Arena interessiert, in der Sporthalle Hamburg im Schnitt 2800 Besucher begrüßt, kann Zweite oder Erste Liga. Mit 1,2 Millionen Euro Gesamtetat steht dem HSV schon jetzt ein Budget zur Verfügung, dass zweitligareif ist. Zudem scheinen die Sponsoren gewillt, je nach Anforderung und Ligazugehörigkeit ihr Engagement aufzustocken. Für den sofortigen Aufstieg in die Zweite Liga fehlt es der jungen Mannschaft aber noch an Konstanz. Als Tabellendritter beträgt der Abstand auf Spitzenreiter HSG Norderstedt/Henstedt-Ulzburg bereits sechs Punkte.

An Kompetenz mangelt es dem Club nicht. Mit Martin Schwalb stellt der ehemalige HSV-Meistertrainer die sportlichen Weichen, Weltmeister Torsten Jansen hat als A-Jugendtrainer die ohnehin gute Jugendarbeit noch einmal veredelt – und damit den Verein zu einer interessanten Adresse für den Nachwuchs gemacht. Und genau das ist der Plan: Talente aus der Region sollen den Stamm der künftigen Zweit- oder Erstligateams stellen.
Abendblatt-Prognose: 2020 spielen die Handballer wieder in der Bundesliga.

Volleyballteam Hamburg

Die Voraussetzungen für Spitzenvolleyball haben sich nach dem Ausstieg der Aurubis AG dramatisch verschlechtert. Der Neustart in der Zweiten Frauen-Bundesliga als Volleyballteam Hamburg war für Präsident Volker Stuhrmann ein finanzieller Kraftakt. Mit dem Etat von rund 200.000 Euro und 450 Zuschauern im Schnitt wäre aber mehr möglich als derzeit Platz neun. Die Mannschaft ist – Folge fehlender sportlicher Kompetenz – jedoch schlecht zusammengestellt, ehemalige Leistungsträgerinnen scheinen zudem die Lust verloren zu haben. Abendblatt-Prognose: Gelänge es, auf Dauer ein Zweitligateam zu etablieren, wäre schon das ein großer Erfolg.