Hamburg. Geschäftsleiter Andreas Rettig hat vier seiner dauerverletzten Spieler angezählt

Andreas Rettig ist ein Freund der klaren Worte. Schönrederei passt nicht zu dem Interimssportchef des FC St. Pauli. Unverblümt benannte der 53-Jährige in dieser Woche die „Sorgenkinder“ des Kiezclubs. Die Namen Richard Neudecker, Fafá Picault, Jeremy Dudziak und Marvin Ducksch fielen. „Die Belastbarkeit dieser Spieler ist ein Problem“, bemängelte er.

Offen gestand Rettig, dass es in diesem Jahr „Fehleinschätzungen“ bezüglich der Qualität des Kaders gegeben habe. Zeit zum Nachrüsten also. Neben dem ersten Neuzugang Lennart Thy (Werder Bremen) will St. Pauli in der Winterpause ein bis zwei weitere Spieler verpflichten. Soforthilfen sollen es sein. Erfahrung in der Zweiten Liga ist ausdrücklich erwünscht.

Klar ist aber auch, dass nicht nur Spieler geholt werden sollen. „Auch auf der Abgangsseite würde ich nicht ausschließen, dass sich etwas tut“, bestätigte Rettig. Man muss kein Hellseher sein, um zu wissen, auf welche Profis sich die Aussage des Geschäftsleiters bezog.

Fakt ist: Ducksch, Dudziak und Picault haben alle zusammen nur etwas mehr als 1000 Minuten in dieser Saison gespielt, Neudecker gerade einmal 300. Letzterem gestand Rettig allerdings eine klare Leistungssteigerung zu: „Richie hat sich zum Schluss rauskämpfen können.“

Der 20-Jährige war im Sommer ablösefrei von 1860 München zu St. Pauli gekommen, eine Schambeinentzündung verhinderte zunächst sein Debüt. Auch wenn Neudecker dem Team erst ab dem elften Spieltag zur Verfügung stand, konnte der Mittelfeldakteur zumindest in fünf Partien überzeugen, belebte vor allem das Offensivspiel. Trotz großer Verletzungsanfälligkeit dürften ihm seine zuletzt starken Auftritte den Platz in St. Paulis Kader gesichert haben.

Anders ist die Lage von Picault einzuschätzen. Der 25 Jahre alte US-Amerikaner steht schon seit Längerem auf der Abschussliste von Trainer Ewald Lienen. Der Stürmer hatte fast die gesamte Hinrunde mit Rückenproblemen zu kämpfen, läuft immer noch seinem mangelnden Fitnesszustand hinterher. Lienen kritisierte ihn vor vier Wochen öffentlich, nannte seine Ausdauergrundlage „desaströs“. Hinzu kommt, dass Thy und Aziz Bouhaddouz im Sturm gesetzt sein dürften. Eine Ausleihe oder sogar ein Verkauf von Picault sind nicht unwahrscheinlich.

Dudziak, der in der vergangenen Saison noch 21 Partien bestritten hat, ist seit dem elften Spieltag verletzt. Ducksch, das verheißungsvolle Nachwuchstalent aus Dortmund, war bis auf ein Tor erfolglos. Die Perspektiven der „Sorgenkinder“ sehen nicht gerade rosig aus – außer es gelingt ihnen, durch Leistung zu überzeugen. So wie es Neudecker vorgemacht hat.