Hamburg. Der Sportchef beendet die Spekulationen um einen Rücktritt und bekennt sich erneut zum Coach

In Hamburg sagt man „Tschüs“ – von wegen! Wenn eine hanseatische Redewendung zurzeit überhaupt nicht zum FC St. Pauli passt, dann diese. Am Mittwochvormittag beendete Sportchef Andreas Rettig die Spekulationen um einen möglichen Trainerwechsel und bestätigte: Ewald Lienen bleibt bis auf Weiteres Chefcoach beim Kiezclub.

Es war schon ein wenig kurios, wie die Nachricht von Lienens Verbleib an die Medien gelangte. Eigentlich ist es üblich, dass Reporter bei ihren Protagonisten anrufen und nachbohren, um an Informationen zu gelangen. Rettig drehte den Spieß kurzerhand einfach um. Der 53-Jährige telefonierte die Hamburger Sportredaktionen ab, um der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass St. Pauli weiterhin an seinem Trainer festhält.

Rettigs Offensive ist nicht überraschend. Nach dem 1:1 am Sonnabend im letzten Hinrundenspiel gegen den VfL Bochum hatten Gerüchte die Runde gemacht, Lienen könnte selbst von seinem Amt zurücktreten. Für Verwirrung sorgte eine am Sonntag kurzfristig angesetzte Pressekonferenz mit dem Coach, Rettig und Präsident Oke Göttlich. Da Lienen aus privaten Gründen die Stadt verlassen musste, wurde der Termin vertagt. Rettig und Göttlich verweigerten jeglichen Kommentar, was Nährboden für reichlich Spekulationen bot. Die Tage des Trainers schienen gezählt.

Lienen selbst trug nicht zuletzt zur Verwunderung bei, als er nach dem Spiel gegen Bochum nur nebulös sagte: „Wir müssen uns in der Rückrunde neu aufstellen.“ Auch auf seiner Position?

Um den Mutmaßungen ein Ende zu setzen, beschloss Rettig drei Tage vor Heiligabend, ein klares Bekenntnis zum Trainer abzulegen: „Natürlich gehen wir mit Ewald Lienen in die Rückrunde.“

Eine Entscheidung, die durchaus mutig ist. Mit elf Zählern aus 17 Partien spielte St. Pauli die schlechteste Hinrunde der Vereinsgeschichte. Spielerisch entwickelte sich die Mannschaft kaum weiter, die Argumente für einen neuen Impuls von außen – sprich einen Trainerwechsel – waren gegeben. Aus Sicht von Rettig haben aber die eingeleiteten Maßnahmen, die Entlassung von Sportchef Thomas Meggle und die Verpflichtung von Co-Trainer Olaf Janßen, bereits ihre gewünschte Wirkung gezeigt. Ein weiterer Personalwechsel sei also vorerst nicht nötig.

Fest steht: Das Team hat den Abstiegskampf in den vergangenen drei Spielen angenommen, blieb dreimal ohne Niederlage. Das rettete Lienen den Job. „Die Bereitschaft und der Wille der Mannschaft waren zu sehen. Es wäre ein falsches Signal, nun etwas zu verändern“, sagte Rettig und löste auch das Rätsel um die ominöse Pressekonferenz auf: „Wir wollten Geschlossenheit demonstrieren und zeigen, dass wir an einem Strang ziehen und zum Trainer stehen.“ Der Termin soll nun im neuen Jahr nachgeholt werden.

Lienen bekommt in der Rückrunde die Chance, mit einem verstärkten Kader die Mission Klassenerhalt erfolgreich anzugehen. Nach Informationen von Sky Sport News HD soll der FC St. Pauli vor der Verpflichtung von Stürmer Lennart Thy stehen. Der 24-Jährige, der erst im Sommer 2016 zu Werder Bremen gewechselt war, soll auf Leihbasis zurückkehren.

Auch wenn sich Lienen über den Rückhalt freuen dürfte, ist er lange genug im Geschäft, um zu wissen, welches Haltbarkeitsdatum der Zuspruch der Clubbosse hat. Lienen muss schnellstmöglich Ergebnisse liefern. Nur das könnte dafür sorgen, dass Spekulationen nachhaltig verstummen – und der FC St. Pauli am Ende nicht doch „Tschüs“ sagt.