Hamburg. Ein Film und drei Talkrunden erinnerten an die schönen und die dramatischen Ereignisse des Sportjahres 2016

„Die großen Augenblicke im guten wie im bösen Sinne sind die, in denen wir getan haben, was wir uns nie zugetraut hätten.“ Der österreichischen Schriftstellerin Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach (1830–1916) wird dieses Zitat zugerechnet, und weil das Hamburger Sportjahr 2016 tatsächlich randvoll war mit guten, bösen, vor allem aber großen Augenblicken, lohnte sich die Rückschau auf die Momente des Jahres, die am Mittwochabend auf der Sportgala in der Volksbank-Arena gehalten wurde, ganz besonders.

Einen ersten Überblick gab ein rund vierminütiger Film, in dem die NDR-Redaktion die bewegendsten Szenen der vergangenen zwölf Monate zusammengeschnitten hatte. Erinnert wurde an olympische Momente in Rio de Janeiro, wo Eric Johannesen vom RC Bergedorf mit dem Deutschland-Achter Silber erruderte, die deutschen Hockeyteams mit jeweils einer Reihe Hamburger Akteure die Bronzemedaillen erkämpften, die Segler Erik Heil und Thomas Plößel vom Norddeutschen Regatta-Verein ebenfalls Bronze aus der verschmutzten Guanabara-Bucht fischten und sich vier Rollstuhlbasketballerinnen der BG Baskets mit dem Hamburger Bundestrainer Holger Glinicki zu Silber warfen.

Zu sehen waren die Triumphe bei den Hamburger Top-Ten-Veranstaltungen. Der Sieg des irischen Springreiters Billy Twomey beim Deutschen Derby in Klein Flottbek oder der Außenseitercoup von Isfahan und seinem italienischen Jockey Dario Vargiu, der wegen umstrittenen Einsatzes der Gerte ein juristisches Nachspiel hatte; der Finalsieg des Slowaken Martin Klizan beim Tennisturnier am Rothenbaum gegen Pablo Cuevas aus Uruguay; die Siegerläufe der äthiopischen Athleten Meselech Melkamu und Tesfaye Abera beim Marathon; aber auch Bilder der Hockeydamen des Uhlenhorster HC, die den Feldmeistertitel gewannen, des Basketball-Zweitligisten Hamburg Towers und des Football-Erstligateams Hamburg Huskies.

Fußball wurde in Hamburg 2016 zwar auch gespielt, im Profibereich allerdings derart erfolglos, dass der HSV und der FC St. Pauli nur als Randerscheinungen Erwähnung fanden. Dafür wurden der Oddset-Pokal-Sieg von Eintracht Norderstedt, das WM-Qualifikationsspiel der deutschen Nationalmannschaft im Oktober im Volksparkstadion gegen Tschechien und das erste Länderspiel in der Hallenvariante Futsal, das Ende Oktober im Wilhelmsburger Inselpark 5:3 gegen England gewonnen wurde, gebührend gefeiert.

Das galt in besonderem Maße auch für die zwei wichtigsten Jubilare der Sportstadt: Uwe Seeler, der Anfang November 80 Jahre alt wurde und vor dem Bundesligaspiel seines HSV gegen Dortmund ein Ständchen von 57.000 Fans gesungen bekam. Und die Hamburger Turnerschaft von 1816, die mit einem Festakt im Rathaus ihr 200-jähriges Bestehen feierte.

Emotional wurde es dann, als NDR-Moderator Yared Dibaba in drei kurzen Talkrunden Gäste auf die Bühne bat, die den Hamburger Sport mit ihren Aktionen geprägt haben. Erinnert wurde an das Aus der drei Profiteams Hamburg Freezers, HSV Handball und VT Aurubis Hamburg. Freezers-Kapitän Christoph Schubert, der beim Oberligaclub Crocodiles eine neue Heimat gefunden hat, hielt ein leidenschaftliches Plädoyer für den Eishockeystandort Hamburg. Sein letztlich erfolgloser, aber beispielhafter Einsatz für das Fortbestehen der Freezers begründete er mit der Willkommenskultur, die er als Bayer im Norden erfahren habe. „Hamburg verdient großen Sport, und Eishockey gehört dazu“, sagte er. Dibabas Einladung zu einem Plattdeutschkurs schlug Schubert jedoch aus: „Das wird nichts mit mir.“

Auch Handballstar Stefan Schröder, mittlerweile Führungsfigur im Drittliga-Nachfolgeteam HSV Hamburg, erinnerte sich lebhaft an den Moment, in dem die Insolvenz feststand. „In unserem letzten gemeinsamen Training haben wir einen Kasten Bier in die Mitte gestellt und Fußball gespielt“, sagte er.

Warum das Boxen in Hamburg als Motor der Integration gilt, davon konnten Susi Kentikian und Hussein Ismail berichten. Ismail ist Cheftrainer beim BC Hanseat, der für das von Fliegengewichtsweltmeisterin Kentikian als Patin unterstützte Flüchtlingshilfeprojekt „Durchboxen und Ankommen“ mit dem Großen Stern des Sports ausgezeichnet worden war. „Boxen hat mir geholfen, zu dem zu werden, was ich heute bin. Deshalb will ich mit meinen Erfahrungen helfen, die Integration voranzubringen“, sagte die als Kleinkind mit ihren Eltern aus Armenien geflohene Boxerin.

Welche Mühen und Entbehrungen Sportler für ihren Traum von Olympia auf sich nehmen, durften abschließend Janne Müller-Wieland und Sebastian Bayer berichten. Die Hockeyspielerin hatte mit den deutschen Damen Bronze gewonnen, Bayer dagegen die Qualifikation wegen chronischer Verletzungsprobleme verpasst. „Es dennoch überhaupt versucht zu haben, war für mich schon Antrieb genug“, sagte der Weitspringer. Mit dieser Einstellung dürften Hamburgs Spitzenathleten auch 2017 wieder für bewegende Momente sorgen.