Hamburg. Duell mit Weltmeister Joshua steigt am 29. April im Wembley-Stadion

Der Kampf war schon kurz gewesen. Nur 8:02 Minuten benötigte Anthony Joshua, um den US-Amerikaner Eric Molina (34) durch technischen K. o. zu bezwingen und seinen IBF-Weltmeistertitel im Schwergewicht zum zweiten Mal erfolgreich zu verteidigen. Dass der 27 Jahre alte Brite allerdings nur wenig länger benötigte, um seinen nächsten Kampf offiziell anzukündigen, war rekordverdächtig. Nachdem Joshua im Ring der Manchester Arena seine Einschätzung zum überlegen herausgearbeiteten Sieg über Molina abgegeben hatte, wurde sein Promoter Eddie Hearn zum Gespräch gebeten. Und dieser hatte eine Nachricht zu verkünden, über die in Boxkreisen schon seit Wochen spekuliert worden war.

„Wir freuen uns, heute offiziell bekannt geben zu können, dass wir am 29. April im Londoner Wembley-Stadion das Duell zwischen Anthony Jo­shua und Wladimir Klitschko sehen werden“, rief Hearn der begeisterten Menge zu. Kurz darauf bat er Klitschko, der den Kampf aus der ersten Reihe verfolgt hatte, ins Seilgeviert. Zunächst mischten sich Pfiffe unter den Beifall für den ukrainischen Ex-Weltmeister, der im November 2015 seine drei Titel an den Briten Tyson Fury verloren hatte. Doch als der Wahl-Hamburger das Publikum dann in perfektem Englisch direkt ansprach, ob es für den Kampf bereit sei, ging diese rhetorische Frage im Jubel der Fans unter. Ursprünglich sollte der Kampf, in dem es neben Joshuas IBF-Gürtel auch um den Titel des Weltverbands WBA gehen wird, erst am Mittwoch auf einer Pressekonferenz in London beworben werden. Diese findet zwar statt, der Zeitpunkt für die Verkündung der frohen Botschaft war jedoch mit dem direkten Aufeinandertreffen des verschwitzten Champions und des in dunkle Businesskleidung gewandeten Herausforderers perfekt gewählt. „Ich bin überglücklich, dass wir diesen Kampf machen werden. Es ist der größte Schwergewichtskampf der vergangenen Jahre, der junge Löwe gegen eine Legende unseres Sports“, sagte Hearn. Klitschko-Manager Bernd Bönte, der ebenfalls mit im Ring stand, spielte auf die Amateurkarriere der beiden Boxer an, um die Qualität des Duells hervorzuheben. „Hier trifft der Olympiasieger von 2012 auf den von 1996. Das ist der bestmögliche Kampf, den es gibt.“

Besondere Brisanz bezieht das Duell aus der Tatsache, dass Klitschko den Briten, der mit 198 Zentimetern Körperlänge exakt so groß ist wie er selbst, bereits 2014 als seinen legitimen Nachfolger eingeschätzt hatte. Damals war Jo­shua als Sparringspartner vor Klitschkos Titelverteidigung gegen den Bulgaren Kubrat Pulev im Trainingslager in Österreich gewesen und hatte einen hervorragenden Eindruck hinterlassen. Nicht nur, dass der in mittlerweile 18 Profikämpfen 18-mal vorzeitig siegreiche Brite ein Modellathlet mit herausragender Technik und Schlaghärte ist, was er auch gegen den völlig überforderten Molina nachwies. Er ist, anders als so viele seiner im Schwergewicht aktiven Landsleute, ein Gentleman, der sich zu benehmen und auszudrücken weiß. Wie re­spektvoll Klitschko und Joshua einander begegnen, war in Manchester im Ring zu sehen. Joshua lobte Klitschko als „eine Legende, zu der ich aufschaue. Dennoch ist es für mich der richtige Zeitpunkt, diesen Kampf anzunehmen und Geschichte zu schreiben.“ Klitschko sagte: „AJ ist schon jetzt ein echter Champion. Ich werde meine gesamte Erfahrung und Qualität nutzen müssen, um ihn zu besiegen.“

Daran gibt es keinen Zweifel, denn Klitschko hat seit seiner Niederlage gegen Fury, der die Titel im Oktober wegen schwerer Depressionen niedergelegt hatte, nicht mehr im Ring gestanden. Mit 18 Monaten Kampfpause dürfte es für den dann 41-Jährigen eine harte Aufgabe werden, Joshua zu bezwingen. Allerdings ist der Brite verwundbar, wenn man ihn unter Druck setzt. Fraglos ist auch, dass der Kampf auf riesiges Interesse stoßen wird. 80.000 Zuschauer passen ins Wembley-Stadion, Klitschkos Rekord liegt bislang bei 61.000, aufgestellt im Juni 2009 in Gelsenkirchen gegen den Usbeken Ruslan Chagaev. Ob sie die endgültige Wachablösung sehen werden oder die Rückkehr des Dominators, bleibt abzuwarten.

Neuseeland hat erstmals einen Schwergewichtsweltmeister. Joseph Parker (24) bezwang in Auckland im Kampf um den vakanten WBO-Titel den US-Amerikaner Andy Ruiz jr. (27) umstritten durch Mehrheitsentscheid (115:113, 115:113, 114:114).