Hamburg. St. Pauli braucht im Zweitliga-Abstiegskampf den ersten Auswärtssieg. Sonntag in Fürth soll es klappen

In der Adventszeit ist es Brauch, sich Besuch einzuladen, gemütlich beisammen zu sein und eine schöne Zeit zu verbringen. Der FC St. Pauli ist in der Vorweihnachtszeit bei den Vereinen der Zweiten Liga ein besonders gern gesehener Gast. Vor dem Spiel am Sonntag (13.30 Uhr, Sky und Liveticker bei abendblatt.de) bei Greuther Fürth ist die Mannschaft von Trainer Ewald Lienen das schlechteste Auswärtsteam im Bundesliga-Unterhaus. Die erschreckende Bilanz: In acht Partien holte St. Pauli lediglich beim 1:1 beim Karlsruher SC am fünften Spieltag einen Zähler.

Noch besorgniserregender: Ganze zwei Treffer konnte der Kiezclub bisher in der Fremde erzielen. Saisonübergreifend warten die Hamburger seit elf Partien auf einen Auswärtssieg. Letztmals gab es am 19. März einen Dreier – damals konnte ein 2:0-Sieg beim SV Sandhausen bejubelt werden. „Wir tun uns auswärts in dieser Saison schwer, aber wir wissen, in welcher Situation wir uns befinden. Uns helfen nur Punkte“, sagt Offensivspieler Waldemar Sobota, dessen Trainer in Fürth ein Jubiläum feiern wird.

Gegen die Franken sitzt Lienen zum 400. Mal im deutschen Profifußball auf der Trainerbank. Sentimental wird der 63-Jährige, dessen erste Station im Jahr 1989 die Amateurmannschaft des MSV Duisburg war, deshalb aber nicht. Derartige Zahlenspiele lassen den erfahrenen Übungsleiter völlig kalt. Persönliche Rekorde bedeuten ihm nichts. „Dass ich schon etwas länger unterwegs bin, dafür bräuchte ich keine Statistik“, sagt Lienen, der dennoch auf ein kleines Geschenk seiner Mannschaft hofft. „Natürlich wünsche ich mir, dass wir das Spiel gewinnen und Punkte holen.“

Angesichts der Tatsache, dass St. Pauli bereits sieben Punkte Rückstand auf Rang 15 hat, kann sich das Lienen-Team keine weitere Auswärtsniederlage erlauben. Lienen sieht zumindest einen kleinen Aufwärtstrend bei seinem Team. Die zweite Halbzeit in Heidenheim und das insgesamt ordentliche Auftreten im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern vor einer Woche (1:1) offenbarte, dass St. Pauli konkurrenzfähig sein kann, wenn jeder seine Rolle im Team akzeptiert und mit Leidenschaft bei der Sache ist. „Nur wenn wir alles auf den Platz bringen, haben wir das Anrecht, Spiele zu gewinnen. Wir haben genug gesprochen. Die Spieler wissen, was wir von ihnen erwarten. In der Mannschaft sind alle bereit, alles für das gemeinsame Ziel zu tun“, lobt Lienen.

Mangelndes Engagement will sich die Mannschaft ohnehin nicht vorwerfen lassen. Auch Trainer Lienen lobt die Intensität und das hohe Niveau in den Trainingseinheiten. Keiner lässt sich hängen, der interne Konkurrenzkampf läuft trotz der vielen Verletzten auf Hochtouren. Gerade die jungen Spieler wie Richard Neudecker, Maurice Litka oder Joel Keller machen Druck auf die Arrivierten. Das Problem: Die Mannschaft schaffte es bisher nicht, die häufig guten Leistungen in den Einheiten unter der Woche in die Ligaspiele zu transportieren. Für Lienen ist es die Hauptaufgabe, bis zur Winterpause einen Lösungsansatz dafür zu finden. „Viele Spieler leisten immer mehr das, was wir von ihnen verlangen. Wir haben kleinere Schritte gemacht, es aber noch nicht geschafft, größere Schritte zu gehen. Wir arbeiten weiter daran, das auch auf dem Platz zu zeigen“, erklärt Lienen, dessen Spieler glauben, dass das Problem in erster Linie im Kopf zu suchen ist.

Die Profis scheinen mit dem immer größer werdenden Druck im Abstiegskampf nur langsam klarzukommen. „Wir können alle Fußball spielen, das wissen wir. Zuallererst müssen wir aber Aggressivität und Laufbereitschaft zeigen. Wenn wir das machen, bekommt man die mentale Stärke zurück“, fordert Sobota.

Erste Ansätze gab es gegen Kaiserslautern. In Fürth muss St. Pauli nun beweisen, dass dies keine Eintagsfliege war. „Die Vergangenheit zählt im Fußball nicht. Wichtig ist, was man in jedem neuen Spiel auf den Platz bringt“, sagt Lienen, der hofft, dass sein Team am Sonntag Greuther Fürth den dritten Advent gründlich versaut. Es wäre an der Zeit, denn großzügig war der FC St. Pauli zu den Gegnern in dieser Saison wahrlich oft genug.

Greuther Fürth: Megyeri – Heidinger, Franke, Rapp, Narey – Hofmann, Djokovic – Berisha, Bolly, Freis – Sararer.FC St. Pauli: Heerwagen – Hedenstad, Sobiech, Gonther, Buballa – Nehrig – Miyaichi, Sobota, Sahin – Choi, Bouhaddouz.Schiedsrichter: Willenborg (Osnabrück).