Hamburg. HSV-Chefcoach Jens Häusler über den Neustart in der Dritten Liga und mögliche sofortige Verstärkungen

Im Restaurant „Raute“ im Volksparkstadion ist Jens Häusler vor seinem Termin mit dem Abendblatt erst einmal gewesen, obwohl sein Arbeitsplatz gleich nebenan in der Volksbank-Arena liegt. In gewisser Weise ist das konsequent. Das HSV-Emblem gehört seit dieser Saison nicht mehr zum Erscheinungsbild des Handball-Sport-Vereins Hamburg, wie er ja offiziell immer geheißen hat.

Der Neustart des ehemaligen deutschen Meisters (2011) und Champions-League-Siegers (2013) in der Dritten Liga Nord liegt vier Monate zurück. Vor dem Heimspiel am Sonntag (15 Uhr, Sporthalle Hamburg) gegen den Tabellenneunten Mecklenburger Stiere Schwerin zieht Häusler (49) ein erstes Fazit: „Wir hatten in bisher 13 Spielen ein schlechtes, das war in Oranienburg (21:33). Norderstedt/Henstedt-Ulzburg (26:36) hat uns überfahren, und in Altenholz (34:35) war es knapp. Einige bei uns wollten in der Schlussphase, als wir mit zwei Toren Vorsprung führten, die Entscheidung erzwingen. Das ist zwar löblich, aber letztlich falsch. Wir haben dadurch nicht mehr als Mannschaft agiert, Torchancen nicht mehr konsequent herausgespielt und aus nicht optimalen Positionen geworfen. Das ist ein normaler Lern- und Erfahrungsprozess. In dem befinden wir uns gerade.“

Mit 20:6 Punkten liegt der HSV in der Tabelle auf Platz drei hinter dem TSV Altenholz, dem Bundesliga-Nachwuchs des THW Kiel, und dem Zweitliga-Absteiger HSG Norderstedt HU. Beide Teams weisen 24:2 Zähler auf.

Den Aufstieg in die eingleisige Zweite Bundesliga, dafür wäre Platz eins nötig, hat der Verein bewusst nicht als Saisonziel ausgegeben, der zumindest mittelfristig angepeilte Klassensprung könnte von der Saison 2017/18 an indes schwerer fallen, sollten die Reformpläne Frank Bohmanns umgesetzt werden. Der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga fordert mehr Kontinuität. Daher sollen aus der Zweiten Liga nur noch zwei Mannschaften auf- (aktuell drei) und zwei absteigen (derzeit vier). Für die Clubs der vier Dritten Ligen bedeutete dies: Die vier Meister stiegen nicht mehr automatisch auf, sondern müssten in Play-offs zwei Teams eliminieren.

Häusler hält die Pläne für kontraproduktiv: „Das wird wieder dazu führen, dass Mannschaften, die unbedingt aufsteigen wollen, eher erfahrenen Ausländern vertrauen, als dem eigenen Nachwuchs eine Chance zu geben. Genau die gegenteilige Politik ist in den vergangenen Jahren postuliert und erfolgreich umgesetzt worden.“

Die Chance, schon in dieser Spielzeit aufzusteigen, will der HSV aber nicht fahrlässig verstreichen lassen. „Ich verspüre in dieser Beziehung keinen Druck, auch die Fans unterstützen uns nach drei Niederlagen uneingeschränkt weiter mit großer Begeisterung“, sagt Häusler. Dennoch bräuchte das Team jetzt oder zur neuen Saison am Kreis Entlastung für Niklas Weller, „und auf der Spielmacherposition hängen wir noch sehr stark von Lukas Ossenkopp ab“. Die nächste Wechselfrist endet am 15. Februar 2017. Sportchef Martin Schwalb sondiert mit seinem großen Netzwerk den Markt ohnehin kontinuierlich, und die finanziellen Mittel – selbst für sofortige Verstärkungen – sollten bei einem Vereinsetat von geschätzten 1,2 Millionen Euro, davon rund 400.000 Euro für den erfolgreichen Nachwuchs um Co-Trainer Torsten Jansen, vorhanden sein. Kommentieren will diese Zahl beim HSV allerdings niemand. Sie sei zu hoch, heißt es auf Nachfrage.

Dass der Kader mit 19 Spielern bereits sehr groß ist, stünde Neuverpflichtungen nicht entgegen, meint der Trainer: „Wir haben nun einmal keine zweite Mannschaft, aus der wir im Fall von Verletzungen Ersatz rekrutieren können. Wir werden sie bekommen, aber wann, das kann ich nicht absehen.“

Häusler, der beim alten HSV zweimal, 2012 und 2015, in der Bundesliga jeweils ein halbes Jahr als Cheftrainer aushalf, vertraut dem aktuellen Kader. Es sei seine Mannschaft, betont er. In der Bundesliga habe er stets fertige Teams übernommen, „und es war von Anfang an klar, dass ich sie nach gewisser Zeit an einen anderen Coach wieder abgeben musste. Das ist nun anders. Wir können hier gemeinsam etwas aufbauen. Und wir sind dafür breit aufgestellt. Unsere vier Neuen sind auch unsere Leistungsträger, darunter der gesamte Rückraum mit Lukas Ossenkopp, Jan Forstbauer und Jan Torben Ehlers. Sie können wir noch nicht gleichwertig ersetzen. Aber hinter ihnen können die anderen wachsen.“

Das Trainingspensum des neuen HSV ist mit sechs Einheiten in der Woche bereits zweitligareif. Häusler sagt: „Mein Anspruch war es immer, so viel zu trainieren, wie es in der Spielklasse üblich ist, in die man aufsteigen will.“