Hamburg. Berner Winterlaufserie nach 40 Jahren eingestellt. Organisatoren-Ehepaar Heinisch findet keine Nachfolger

Ein letztes Mal haben sie am Sonntag ihren Stand an der ehemaligen Grundschule an der Lienau­straße aufgebaut und Tee und Punsch an die Teilnehmer ausgeschenkt, die reifen Damen und Herren vom Berner Volkslaufteam. Dann haben sie die Sachen zusammengepackt, diesmal für immer. Nach 40 Jahren ist Schluss mit der Winterlaufserie des Tus Berne, mit einem Stück Hamburger Breitensportgeschichte. „Wir gehen ganz still und leise von der Bühne“, sagt Organisator Harry Heinisch. Ganz so, wie sie einst auch betreten haben.

Zwölf Zeilen war die Premiere dem Abendblatt einst wert. „Wollen Sie ‚laufend‘ durch den Winter kommen und dabei noch einen ‚richtigen‘ Pokal gewinnen?“, hieß es am 25. Oktober 1977 unter der Rubrik „Rundblick“. Dann möge man sich doch bei der neuen Winterlaufserie anmelden. Die sollte damals eine Ergänzung sein zu einem großen Berner Volkslauf, den es längst nicht mehr gibt. Kosten: drei Mark pro Lauf – plus zehn für den Pokal.

Die Preise sind über die Jahre weitgehend stabil geblieben. In den heutigen 3,50 Euro pro Starttag ist nicht einmal die Inflation eingepreist. Trotzdem blieb unterm Strich immer ein bisschen was übrig, was dann der Jugendabteilung des Tus Berne zugutekam. Einen Pokal allerdings gab es längst nicht mehr zu gewinnen. „Wir wollten nie ein Wettkampf sein“, sagt Heinisch, „uns ging es immer um den Spaß am Laufen.“ Wer partout seine Zeit wissen wollte, musste sie schon selbst stoppen. Urkunden gab es nur auf speziellen Wunsch.

In den besten Jahren liefen, walkten und wanderten 180 Teilnehmer mit, an sechs Terminen zwischen November und April. Aber niemals gleichzeitig: Start war irgendwann morgens zwischen 8 und 11 Uhr, ganz wie es beliebt. Wer mochte, konnte die 9,6-Kilometer-Runde bis zum Naturschutzgebiet Volksdorfer Teichwiesen und zurück auch mehrmals absolvieren. Viele nutzten das Angebot, um sich auf einen Frühjahrsmarathon vorzubereiten.

Zuletzt machten noch um die 100 Teilnehmer mit. Der Zahn des Zeitgeistes hat die Veranstaltung Stück für Stück aufgezehrt. „Die Luft war einfach raus“, sagt Heinisch. Erst recht, als dann noch im Frühjahr die Berner Schule geschlossen wurde, in der sie sich immer breitmachen durften, um den Teilnehmern ein warmes Plätzchen anzubieten. Ohne diese Möglichkeit sei es zuletzt „richtig beengt gewesen“. Gern hätten sie die Veranstaltung in jüngere Hände weitergegeben, die sie vielleicht hätten wiederauffrischen können. So wie es Heinisch (73), seine Frau Renate (56) und andere getan haben, als die Winterlaufserie in den 1980er-Jahren schon einmal vor dem Aus stand. Sie haben damals die Organisation übernommen und versucht, neue Akzente zu setzen, haben an der Strecke Kilometerzeichen und Absperrungen angebracht.

Aber sie haben niemanden gefunden. „Die fragten immer erst mal, was sie dafür bekommen. Und wenn wir dann gesagt haben: einen warmen Händedruck, dann fiel die Kinnlade runter.“ Für den Silvesterlauf der LAV Hamburg-Nord, einen Spaß-Event, den die Heinischs nach 30 Jahren ebenfalls abgegeben haben, haben sich dagegen schnell Nachfolger gefunden. „Aber der ist auch lukrativ“, sagt Harry Heinisch.

Das Laufen ist ja nicht tot. Es sucht sich nur neue Wege. In den Metropolen organisiert sich die junge Joggingszene mittlerweile zu später Stunde in sogenannten Running Crews, eine Bewegung, die aus New York herübergeschwappt ist. Gelaufen wird nicht durch Naturschutzgebiete, sondern durch urbane Zentren, gern mit lauter Musik im Schlepptau. Es gibt keine Voranmeldung, keine Kosten. Die klassischen Lauftreffs sehen wiederum alt aus. Und in Konkurrenz zu den gewerbsmäßig organisierten Winterlaufserien wie in Bramfeld und Wilhelmsburg haben es die ehrenamtlich geführten immer schwerer.

Harry und Renate Heinisch werden ihre Leidenschaft nicht aufgeben. Einst galten sie als Hamburgs schnellstes Ehepaar, beide haben sie den Marathon schon in weniger als drei Stunden bewältigt. Inzwischen lassen sie es ruhiger angehen, wenn sie beim Lauftreff Meiendorf zusammen mit einer Gruppe von Rentnern ihre Runden drehen.

„Wir sind ein bisschen traurig“, sagt Harry Heinisch, „aber wir bleiben am Ball.“