„Eine wunderbare Heiterkeit hat meine ganze Seele eingenommen, gleich den bezaubernden Frühlingsmorgen, die ich mit ganzem Herzen innigst genieße.“ Ähnlich wie Johann Wolfgang von Goethes junger Rechtspraktikant Werther muss auch der finnisch-deutsche Berufsrennfahrer Nico Rosberg empfunden haben, als er sich Anfang dieser Woche entschloss, im fortgeschrittenen Alter von 31 Jahren in die Garage zu fahren. Die einen zollen ihm dafür Respekt, werfen ihm warme Worte der Bewunderung hinterher, andere – wie Altmeister Hans-Joachim Stuck (65) – beklagen seine mangelnde Leidenschaft, sein fehlendes Herzblut für den Motorsport, der ihn jetzt zum Weltmeister und schon längst zum Multimillionär gemacht hat.

Wenn Spitzensportler zurücktreten, kommt stets die Frage nach dem Zeitpunkt auf. Zu früh? Zu spät? Genau im rechten Moment? Entscheiden kann das letztlich nur einer, der Sportler selbst. Und oft erst Jahre später weiß er wirklich, ob er einst den richtigen Entschluss traf. Rosberg mag in diesen Tagen bewusst geworden sein, dass sich sein Triumph, die Erfüllung seines Kindheitstraums, wie er es nannte, in den nächsten Jahren kaum wiederholen lassen wird. Sein Mercedes-Kollege Lewis Hamilton ist der derzeit schnellste unter den Formel-1-Piloten, und es war in dieser Saison nur dessen zwischenzeitlich nachlässiger Berufsauffassung geschuldet, dass der Engländer nicht zum vierten Mal zum Titel raste.

Nico Rosberg tritt jetzt als einer von allen anerkannter Champion ab. Mehr kann einer wie er nicht erreichen.

Seite 44 Rücktritt auf dem Gipfel