Hamburg. Laura Ludwig/Kira Walkenhorst, Moritz Fürste und Artem Harutyunyan sind die letzten drei der sieben Kandidaten, die wir für die Wahl zu Hamburgs Sportler des Jahres 2016 vorschlagen

Björn Jensen

Am 14. Dezember werden bei der 11. Hamburger Sportgala in der Volksbank-Arena die besten Athleten der Stadt geehrt (siehe Text rechts). Zum Abschluss der Kandidatenvorstellung präsentieren wir Ihnen, liebe Leser, heute die Beachvolleyballerinnen Laura Ludwig/Kira Walkenhorst, Hockeyass Moritz Fürste und den Boxweltmeister Artem Harutyunyan.

Laura Ludwig/Kira Walkenhorst

Am Donnerstagabend mussten Laura Ludwig (30) und Kira Walkenhorst (26) die erste Niederlage in diesem Jahr hinnehmen. Bei der Bambi-Preisverleihung in Berlin ging der Publikumspreis an den Kunstturner Andreas Toba (26), der bei den Olympischen Spielen in Rio trotz eines Kreuzbandrisses seine Übung am Pauschenpferd absolvierte, die er mit der höchsten Wertung im deutschen Quartett abschloss und seiner Mannschaft damit den Einzug ins Finale der besten acht sicherte.

Es bedarf allerdings schon solcher sporthistorischen Episoden, um in diesem Sportjahr aus dem Schatten der beiden Beachvolleyball-Olympiasiegerinnen zu treten. Der Triumph in Rio, Europa- und deutsche Meisterinnen, Weltranglistenerste, Siegerinnen des Welttourfinales – die Liste der Erfolge des HSV-Duos ist lang. Noch nie gewannen Europäerinnen am Strand olympische Medaillen, bis Ludwig/Walkenhorst an der Copacabana die gesamte Weltelite eindrucksvoll abblockten. In den vier K.-o.-Spielen vom Achtelfinale bis zum Endspiel gaben sie keinen Satz ab, im gesamten Turnier nur einen.

Der Erfolg ist das Ergebnis von vier Jahren harter Arbeit. Elemente aus dem Männervolleyball wurden ins Training übernommen – Schlaghärte, Aufschläge und Technik kontinuierlich verbessert, an der Taktik detailliert gefeilt. Am Ende staunte sogar Cheftrainer Jürgen Wagner: „Was sich beide in den vergangenen Jahren erarbeitet und dann auf dem Spielfeld umgesetzt haben, ist allergrößter Anerkennung wert. Das habe ich so nicht erwartet.“ Ludwig/Walkenhorst stehen für Professionalität, wie es sie im deutschen olympischen Sport nur selten in dieser Konsequenz gibt. Um ihr Team bauten sie eine Mannschaft von Experten: Landestrainerin Helke Claasen, Hamburgs Trainerin des Jahres, die Physiotherapeuten Katharina Hubert und Jochen Dirksmeyer sowie die Sportpsychologin Anett Szigeti. Ohne diese vielfältige Unterstützung, betonen Ludwig/Walkenhorst stets in aller Bescheidenheit, „wären alle unsere Erfolge nicht möglich gewesen“.

Moritz Fürste

Ohne den 32 Jahre alten Mittelfeldregisseur wäre eins der dramatischsten Hockeyspiele, die es jemals gab, nicht möglich gewesen. 0:2 lagen die deutschen Herren im olympischen Viertelfinale in Rio de Janeiro gegen Neuseeland zurück, als Fürste 4:37 Minuten vor dem Abpfiff eine Strafecke verwandelte. 48 Sekunden standen noch auf der Uhr, als der Standardspezialist vom Uhlenhorster HC erneut zur Ecke antrat – und traf. Dass sein Hamburger Clubkollege Florian Fuchs schließlich eine Sekunde vor Spielende das 3:2 schoss und so eine für unmöglich gehaltene Aufholjagd krönte, ermöglichte Fürste, zum Abschluss seiner glanzvollen internationalen Karriere Olympiabronze zu gewinnen. Gold hatte er 2008 in Peking und 2012 in London bereits geholt.

Mindestens so wichtig wie seine Tore war für die Nationalmannschaft Fürstes Auftreten als Anführer auf dem Kunstrasen und abseits desselben. Der Welthockeyspieler von 2012, der auch in diesem Jahr wieder zur Auswahl für diesen Titel steht, war als Galionsfigur wichtiger Ansprechpartner für Medien und Funktionäre und musste in der erstmals öffentlich durchgeführten Wahl des Fahnenträgers nur Tischtennisass Timo Boll den Vortritt lassen.

Auch auf Vereinsebene trug der Vater einer Tochter, der für die Kommunikationsagentur Thjnk als Direktor Sportmarketing arbeitet, zu den Erfolgen seiner Clubs bei. Mit den Kalinga Lancers wurde er in Indiens Profiliga ebenso Feld-Vizemeister wie mit seinem Heimatclub UHC, dem er auch weiterhin erhalten bleiben wird. Wie wichtig das ist, zeigt ein Blick auf die Statistik: Mit 20 Saisontoren ist er ligaweit erfolgreichster Torschütze in der Hinrunde der Feldsaison 2016/17.

Artem Harutyunyan

Ein Mann, der einer ganzen Sportart die Förderung für den nächsten Olympiazyklus sichert, hat besondere Aufmerksamkeit verdient. Artem Harutyunyan ist in diesem Sommer genau das gelungen. Mit dem Gewinn der Bronzemedaille beim Boxturnier in Rio de Janeiro sorgte der 26 Jahre alte Halbweltergewichtler (Klasse bis 64 kg) dafür, dass der Verband seine Zielvereinbarung mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) erfüllen konnte. Eine Medaille war dafür notwendig gewesen, doch weil alle fünf anderen deutschen Kämpfer bereits in der Auftaktrunde scheiterten, war der Druck auf Harutyunyan, der als letzter Deutscher in den Ring steigen musste, immens.

Dass er ihm standhalten konnte, spricht für die Nervenstärke des gebürtigen Armeniers, der zwar am Olympiastützpunkt in Schwerin trainiert, aber weiter für seinen Hamburger Heimatverein TH Eilbeck startet. Aber auch für die Akribie, mit der Harutyunyan mit seinem Coach Michael Timm und seinem Bruder Robert (27), der im Leichtgewicht die Rio-Qualifikation knapp verpasst hatte, am Erreichen seines Lebenstraums gearbeitet hat. Als Weltmeister der Profisparte APB des olympischen Weltverbands Aiba hatte sich Artem von der Zwölf-Runden-Profidistanz auf das olympische Format von dreimal drei Minuten umstellen müssen. „Es war sehr hart, umso glücklicher bin ich, dass es gelungen ist“, sagte er in Rio.

Überzeugt hat Artem Harutyunyan aber nicht nur sportlich, sondern auch als Botschafter seines Sports und Kämpfer für die Integration von Flüchtlingen, an deren Schicksal er angesichts seiner eigenen Lebensgeschichte Anteil nimmt – eloquent und tatkräftig.