Hamburg. Die diesjährigen Kandidaten: Nico-Jan Hoogma und Horst Heldt. Ein Blick hinter die Kulissen der großen HSV-Unterhaltungsshow

Am Sonntagabend brodelte die Gerüchteküche in Hamburg einmal mehr über. Der HSV hatte gerade 0:3 in Köln verloren, als die Nachricht die Runde machte, dass Klaus Allofs in Hamburg sei. Im Hotel Hanseatic soll Wolfsburgs Chef gesichtet worden sein, was laut besagter Gerüchteküche nur einen Schluss nach sich ziehen konnte: Allofs wird HSV-Sportchef. Die Geschichte hatte nur zwei Haken. Nummer eins: Das Hanseatic in der Sierichstraße ist vorübergehend geschlossen. Viel wichtiger aber Haken Nummer zwei: Allofs war zwar nicht im Hanseatic, sehr wohl aber in der Hansestadt, um sich nach Abendblatt-Informationen vor seinem Auftritt im NDR-„Sportclub“ mit Ex-HSV-Trainer und VfL-Favorit Bruno Labbadia zu treffen.

Während sich das Wolfsburger Trainerkarussell also schon am Sonntag auf Hochtouren drehte, nahm das Hamburger Managerkarussell erst am Tag danach Fahrt auf. Da war es Nico-Jan Hoogma, der ebenfalls gesichtet wurde und der tatsächlich zu einem – wie sagt man so schön? – Gedankenaustausch mit HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer und Aufsichtsratschef Karl Gernandt gekommen war. „Ich hatte gute Gespräche“, sagte Hoogma dem Magazin „Voet­bal International“. Und auch Jan Smit, Hoogmas Noch-Chef bei Heracles Almelo, würde seinem Noch-Manager laut der „AD“ keine Steine in den Weg legen: „Es ist dann wie bei einem Spieler, der einen schönen Transfer macht.“ Allerdings, schränkte Hoogma ein, gebe es ja noch mehrere andere Kandidaten.

Beim HSV ist wieder Casting-Zeit – Hamburg sucht den Super-Manager.

Man kann dem HSV dieser Tage einiges vorwerfen, aber in Sachen Casting macht dem Dino der Bundesliga kein anderer Club etwas vor. Mal war es das Radisson Blu Hotel am Flughafen, wo die Kandidaten Oliver Kreuzer und Jörg Schmadtke auf den Recall hofften, mal mietete der Aufsichtsrat einen Neunerbus, um zu einem Geheim-Casting zu fahren, und mal sagte mit Roman Grill ein Kandidat nur Minuten vor dem großen Finale die ganze Show ab.

Ex-HSV-Trainer Labbadia ist Topfavorit in Wolfsburg

Mit Hoogma und Horst Heldt sind es diesmal zwei alte Bekannte, die es bis ins Finale der aktuellen Ausgabe von „Hamburg sucht den Super-Manager“ geschafft haben. Mit beiden haben sich Beiersdorfer und Gernandt schon mehrfach getroffen – und beide waren auch schon häufiger in der Endauswahl. Kurioserweise waren sie bereits 2009 bei der ersten Staffel der unterhaltsamen Castingshow unter den Kandidaten – als Nachfolger Beiersdorfers. Der eine (Hoogma) wäre sogar fast gekommen, sagte aber wegen einer Differenz von 70.000 Euro erbost ab. Der andere (Heldt) wurde ebenfalls kontaktiert und geriet regelrecht ins Schwärmen: „Der HSV ist ein gut aufgestellter Verein, der sehr gut geführt wird“, sagte Heldt damals im Abendblatt-Interview, ehe er sich zu einer ultimativen Lobhudelei hinreißen ließ: „Die Mann­schaft ist mitt­ler­weile so weit, dass sie um die deut­sche Meis­ter­schaft mit­spie­len könn­te.“

Bekanntlich kam es geringfügig anders – nur an der Wertschätzung für die diesjährigen Finalkandidaten Hoogma und Heldt hat sich bis heute nichts geändert. Im Gegensatz zu der Besetzung der Juroren. War es in der früheren e.-V.-Struktur meist eine ganze Aufsichtsratsmannschaft, die den Daumen hob oder senkte, sind es diesmal lediglich Beiersdorfer und Gernandt, die über den Nachfolger von Peter Knäbel entscheiden. Dies ist in der neuen AG-Struktur insofern verwunderlich, als Gernandt als Chef des Aufsichtsrats laut Satzung eigentlich gar nicht die Prokura für die Verpflichtung eines Sportdirektors hat. Diese gehört zum operativen Geschäft, was in der grauen Theorie einzig und allein Vorstandssache ist.

Doch Theorie und Praxis sind beim HSV traditionell zwei ganz unterschiedliche Paar Schuhe. Gernandt, der unlängst eine zeitnahe Lösung forderte („Es geht sportlich und in der Führung nicht mehr so weiter“) und das Sportdirektoren-Casting lieber heute als morgen beenden würde, soll bereits am Sonntag den AG-Aufsichtsrat informiert haben, dass ein baldiges Finale der großen HSV-Show bevorstehe. Dabei soll der Vice-Chairman von Kühne & Nagel mit seiner Anerkennung für den früheren Schalke-Manager Heldt nicht hinter den Berg gehalten haben. Der angebliche Vorteil von Heldt gegenüber Hoogma: Der 46-Jährige kenne den deutschen und den internationalen Markt durch seine Zeit bei Schalke und Stuttgart sehr viel besser als der Niederländer Hoogma.

Besonders deutlich wird das, wenn man sich die Transferbilanz der beiden Casting-Kandidaten anschaut: In seiner letzten Saison als Sportvorstand bei Schalke durfte Heldt noch einmal knapp 40 Millionen Euro investieren, ehe er im Sommer für Nachfolger Christian Heidel Platz machen musste. Dagegen wirken die drei Millionen Euro, mit denen Hoogma Almelo verstärkte, wie ein Witz, der aber eine starke Pointe bereithält: Die drei Milliönchen investierte der frühere Abwehrrecke keinesfalls im vergangenen Sommer, sondern in seiner gesamten Zeit als Heracles-Manager seit 2007.

Doch Zahlen sind beim HSV bekanntlich Schall und Rauch. Im großen Castingfinale, das voraussichtlich in der Länderspielpause in der kommenden Woche über die Bühne gehen soll, ist weiterhin alles möglich: die Millionen-Lösung Heldt, die Milliönchen-Lösung Hoogma – und die Wenn-sich-zwei-streiten-dann-freut-sich-ein-Dritter-Lösung mit Außenseiterkandidat Jens Todt vom Karlsruher SC.

Und Allofs, Labbadia und der VfL Wolfsburg? Auch der Tabellen-16. strebt eine Entscheidung in der Länderspielpause an. Die letzte Pointe des Tages zum Schluss: Wer ist wohl Wolfsburgs Gegner am 34. Spieltag, wenn es um Leben oder Tod geht? Nur der HSV!