Hamburg. Vor seiner 19. Saison in der National Basketball Association denkt Dirk Nowitzki über die zweite Karriere nach.

Eine Zeitung in Dallas trat kürzlich mit einer Bitte an Dirk Nowitzki heran: ob er nicht über seine ehemaligen Mitspieler bei den Mavericks etwas erzählen könne. Natürlich nur zu den herausragenden, alle aufzuzählen hätte den Rahmen des Artikels zwangsläufig gesprengt. Es sind inzwischen mehr als 200. Nowitzki selbst hat dafür nur ein Wort: „Wahnsinn!“ Selbst von den Kollegen aus der Meistersaison 2010/11 ist neben dem Deutschen nur noch J. J. Barea im Kader, wobei der Puertoricaner zwischenzeitlich für Minnesota aktiv war.

Nowitzki (38) hat nie woanders als in Dallas gespielt, seit er im Februar 1999 seine Karriere in der National Basketball Association (NBA) begonnen hat. An diesem Mittwoch startet er mit dem Spiel bei den Indiana Pacers in seine 19. Saison in der besten Profiliga der Welt. Und das ist für Nowitzki sogar „absoluter Wahnsinn“.

Es sind die einzigen Momente, in denen das einstige German Wunderkind am Dienstagnachmittag bei einer Telefonkonferenz mit deutschen Journalisten kurz die Worte auszugehen scheinen. Im Sommer hat er noch einmal einen Zweijahresvertrag unterschrieben, der ihm 50 Millionen Dollar einbringt – sofern die Mavericks nicht nach einem Jahr von der Option Gebrauch machen, das Geld für einen neuen Topspieler auszugeben.

„Müssen besser zusammenspielen"

Um seinem Team ebendies zu ermöglichen, hatte Nowitzki seinen alten Vertrag zuvor freiwillig aufgelöst. Aber von den Wunschkandidaten Kevin Durant, Nicolas Batum und Hassan White­side bekamen die Mavericks im Sommer einen Korb. Immerhin konnten Andrew Bogut und Harrison Barnes kurzfristig verpflichtet werden, zwei Spieler, von denen Nowitzki viel hält. Barnes könne als Allrounder „zum Schlüsselspieler werden“, und auch an dem australischen Center Bogut „werden wir noch Spaß haben“.

Beide kommen von den Golden State Warriors, denen nur noch das Beste gut genug ist. Schon vergangene Saison stellte das Team um die famosen Distanzschützen Stephen Curry und Klay Thompson mit 73 Siegen in 82 Spielen einen Rekord für die reguläre Saison auf. Jetzt gesellt sich auch noch Durant dazu, für Nowitzki „einer der besten Spieler der Welt. Wenn die Warriors einigermaßen den Ball laufen lassen, kann es eine erschreckende Saison werden“. Erschreckend einseitig.

Aber dass es gar nicht so leicht ist, den Ball ins Laufen zu bringen, hat Nowitzki gerade erfahren müssen. Fünf der sieben Vorbereitungsspiele gingen verloren. „In der Verteidigung stehen wir gut“, sagt Nowitzki, „aber wir müssen besser zusammenspielen, uns bessere Würfe erarbeiten.“ Sonst wird es wieder nichts mit der zweiten Play-off-Runde. Sie haben die Mavericks letztmals in der Meistersaison erreicht.

Nowitzki will nur den Mannschaftserfolg

Mehr hat sich Nowitzki gar nicht vorgenommen für seinen mutmaßlich letzten Karriereabschnitt auf dem Parkett. Rekorde, Auszeichnungen, Berufungen in All-Star-Teams – „darum geht es mir nicht, das ist es nicht, wofür ich spiele. Wenn man älter ist, dann will man nur den Mannschaftserfolg.“ Die Rekorde kommen dann von allein. 509 Punkte fehlen Nowitzki noch, um als sechster Spieler der NBA-Geschichte die 30.000er-Marke zu durchbrechen. In 15, 20 Jahren, da hätten diese Zahlen vielleicht eine Bedeutung für ihn. Dann könne er seinem heute einjährigen Sohn sagen: „Schau, Max, der Papa hat mal etwas gekonnt.“

In einigen Wochen wird Nowitzki zum dritten Mal Vater. Im Sommer ist er viel mit der Familie herumgereist, hat die freie Zeit genossen wie lange nicht. Trotzdem sei es ihm nicht schwerer gefallen, körperlich wieder in Tritt zu finden. Ohnehin sei er nie der Spielertyp gewesen, der von seiner Athletik lebt. Da könne er im Alter auch nicht so viel an Substanz verlieren.

Sport hat sich zu seinen Gunsten verändert

Wahrscheinlich ist das ein Grund, weshalb es den Basketballer Dirk Nowitzki immer noch gibt. Ein zweiter ist, dass sich der Sport zu seinen Gunsten verändert hat. „Als ich in die Liga kam, war es physischer, es wurde viel gedribbelt, viel in Eins-gegen-eins-Situationen gegangen“, erzählt Nowitzki. Mit den Jahren sei das Spiel europäischer geworden: schneller, vielseitiger, mit mehr Ballkontakten, „das hat mir in die Hand gespielt“.

Im nächsten Sommer wird Dirk Nowitzki wieder in sich hineinhören und sich fragen, ob er noch Lust verspürt, sich für eine 20. NBA-Saison in Form zu bringen. Die Mavericks haben ihm bereits angeboten, anderweitig für sie tätig zu werden. Und für Nowitzki ist klar, „dass Dallas immer ein Zuhause bleiben wird“. Als Cheftrainer zu arbeiten kann er sich allerdings nicht vorstellen: „Das war nie mein Ziel. 20-minütige Motivationsreden zu halten, die Mannschaft auch mal zusammenstauchen, das entspricht einfach nicht meinem Naturell.“

Was er sich vorstellen könne: wie sein Entdecker und Mentor Holger Geschwindner selbst Talente auszubilden und zu entwickeln. „Das könnte mir Spaß machen“, sagt Nowitzki. Aber das hat ja noch Zeit.

Der Pay-TV-Sender Sport1 US überträgt bis zu 120 Saisonspiele. Auch Spox und DAZN haben Liverechte. Über das kostenpflichtige NBA-TV sind alle Spiele online empfangbar.