Budapest .

Das jähe Ende der Titeljagd von Timo Boll (35) hat den Schlusstag der Tischtennis-EM in Budapest überschattet. Der Rekordchampion gab im Halbfinale gegen den Franzosen Simon Gauzy beim Stand von 1:2-Sätzen wegen einer Nacken-Verletzung auf. Nach dem frühen Aus von Titelverteidiger Dimitrij Ovtcharov musste der Deutsche Tischtennis Bund die Regentschaft in der Königsdisziplin erstmals nach sechs Jahren an Frankreich abtreten.

Boll führte gute Gründe für seinen Rückzug an. „Im zweiten Satz ist die alte Nacken-Geschichte von Olympia wieder aufgebrochen. Ich wollte kein Risiko eingehen“, erklärte der Düsseldorfer. Er hatte sich kurz mit Bundestrainer Jörg Roßkopf beraten. „Ich hoffe, dass es die richtige Entscheidung war. Die WM im Mai 2017 in Düsseldorf spielt da auch eine Rolle“, begründete der sechsmalige Einzel-Europameister seinen Schritt.

Bei den Olympischen Spielen in Rio hatte sich der deutsche Fahnenträger die schmerzhafte Verletzung mit rausgesprungenem Wirbel zugezogen. Er pausierte sechs Wochen, absolvierte danach ein dosiertes Training, startete aber dennoch bei der EM. Am Sonnabend kämpfte sich Boll mit Moral, Erfahrung und Spielübersicht in zwei Zitterpartien zum neunten Mal in ein Halbfinale.

Bronze für Boll sowie zweimal Gold und einmal Silber in den Doppel-Konkurrenzen überdeckten zwei Monate nach Olympia und fast acht Monate vor der Heim-WM in Düsseldorf einige Schwächen. Patrick Franziska aus Saarbrücken und sein dänischer Partner Jonathan Groth gewannen durch ein 4:2 gegen die Polen Jakub Dyjas/Daniel Gorak den Titel im Herren-Doppel. Im deutsch-deutschen Endspiel des Damen-Doppels hatten Kristin Silbereisen/Sabine Winter (Kolbermoor) mit 4:3 gegen das Berliner Duo Shan Xiaona/Petrissa Solja das bessere Ende für sich.

Damen-Bundestrainerin Jie Schöpp zeigte sich nicht sonderlich überrascht vom enttäuschenden Abschneiden ihrer Spielerinnen. Die Weltranglisten-Siebte Han Ying führte die Setzliste im Einzel vor Solja und Shan Xiaona an – doch bei der Medaillenvergabe ging der DTTB leer aus: „Es fehlte die Frische. Wäre die EM drei, vier Wochen später gewesen, hätten wir erfolgreicher gespielt.“