Leverkusen. Leverkusens Trainer beleidigt seinen Kollegen Nagelsmann und wird zum dritten Mal auf die Tribüne verwiesen

Roger Schmidt mimte den reuigen Sünder und gab sich handzahm, Konsequenzen durch seinen Arbeitgeber Bayer Leverkusen muss der Wiederholungstäter nach seinem neuerlichen Ausraster nicht fürchten. Beim 0:3 (0:1) der Werkself gegen 1899 Hoffenheim hatte der 04-Trainer wieder einmal die Beherrschung verloren und war nach einer Beleidigung seines Kollegen Julian Nagelsmann von Schiedsrichter Bastian Dankert (Rostock) auf die Tribüne geschickt worden.

Dem 49-Jährigen, der im Februar im Spiel gegen Dortmund bereits für einen Eklat gesorgt hatte, droht eine nun empfindliche Strafe durch das DFB-Sportgericht. Der Kontrollausschuss wird ein Verfahren einleiten, wie der Vorsitzende Anton Nachreiner am Sonntag bereits bestätigte. Zunächst wird jedoch der Sonderbericht des Schiedsrichters abgewartet. „Ich hoffe, dass die Sache dann bis zum Dienstag durch ist“, sagte der Ausschussvorsitzende Anton Nachreiner (65). Es werde eine „sachgerechte, angemessene Sanktion“ geben, sagte er weiter, ohne jedoch schon ein konkretes Strafmaß zu nennen.

„Das war nicht in Ordnung. Ich fühle mich nicht toll, dass ich wieder auf die Tribüne durfte. Ich hätte nicht gedacht, dass mir das noch einmal passiert“, sagte Roger Schmidt sichtlich angeschlagen nach der Partie. Er habe sich doch nur darüber aufgeregt, dass sich sein Kollege aufgeregt habe, versuchte Schmidt seine Entgleisung zu verteidigen. Was er zu Nagelsmann gesagt hatte, verschwieg Schmidt.

Die Sky-Mikrofone hatte sein verbales Foul aber eingefangen. „Gar nichts war das! Was bist du denn für ein Spinner?“, hatte Schmidt nach einer strittigen Szene kurz nach der Halbzeitpause in Richtung Nagelsmann gerufen, und weiter: „Halt doch einfach mal die Schnauze!“

Das hatte der vierte Offizielle Mark Borsch seinem Chef Dankert gemeldet, der dann keine Gnade kannte. Schmidt droht nun eine erneute Innenraumsperre für mehrere Spiele. Zwei Spiele dürfte er sicher bekommen, da er wegen seines vorherigen Vergehens noch bis Ende der laufenden Saison unter Bewährung stand. Ein bis zwei Begegnungen könnten angesichts der aktuellen Verfehlung noch hinzukommen.

Bayer-Sportdirektor Rudi Völler will an diesem Montagvormittag das Gespräch mit dem Kontrollausschuss-Vorsitzenden Anton Nachreiner suchen „Ich kenne den DFB gut genug, um zu wissen, dass man sich dort nicht von der Hysterie anstecken lässt“, sagte der Sportchef optimistisch.

Dass Hoffenheims Trainer Nagelsmann Schmidts Entschuldigung angenommen und die Angelegenheit schnell abgehakt hatte, wird Bayer-Coach Schmidt wenig helfen. „Fußball ist ein emotionaler Sport“, meinte Nagelsmann. „Die Trainer haben das Leid, an der Linie mit einem hohen Puls zu stehen. Sie können nicht durch körperliche Betätigung die Emotionen aus dem Körper kriegen.“

Immerhin muss Schmidt aber wohl keine Konsequenzen seitens seines Arbeitgebers befürchten. „Sie glauben doch nicht, dass wir den Trainer infrage stellen, weil er in einem Spiel zu einem Kollegen Spinner gesagt hat“, sagte Rudi Völler. Der Vorfall in der vergangenen Saison gegen Dortmund habe eine andere Dimension gehabt, „da hat er von uns allen auch die Gelbe Karte gesehen“, so Völler. Nun solle man „kein furchtbares Drama daraus machen“.

Damals war Schmidt zu drei Spielen Sperre verurteilt worden, zwei weitere wurden bis zum 30. Juni 2017 auf Bewährung ausgesetzt. Schmidt hatte sich damals geweigert, nach seinem Verweis durch Schiedsrichter Felix Zwayer (Berlin) den Innenraum zu verlassen, daraufhin wurde das Spiel gegen den BVB (0:1) für einige Minuten unterbrochen.

Insgesamt war es bereits das dritte Mal in seiner Laufbahn als Leverkusens Trainer, dass Schmidt seinen Platz am Spielfeldrand verlasen musste. Seine „Premiere“ in dieser Hinsicht hatte er am 8. Februar 2015 in Bremen erlebt.

„Bei anderen wird bei so etwas ein Auge zugedrückt. Bei unserem Trainer ist das aber gleich eine große Hysterie“, sagte Völler am Sonntagmorgen zu der Szene am Tag zuvor. Es war nicht das erste Mal, dass der frühere Weltklassestürmer eine Benachteiligung seines Clubs beklagt.

Aber nicht nur der „Platzverweis“ von Schmidt sorgte nach dem Abpfiff für lebhafte Diskussionen, sondern auch die frühe Rote Karte gegen den ehemaligen Hoffenheimer Kevin Volland nach einer Notbremse gegen Kerem Demirbay (6.). „Ich habe die Szene zehnmal gesehen und weiß immer noch nicht, ob er ihn berührt hat“, kommentierte Völler den Platzverweis, der letztlich spielentscheidend gewesen sei.

Demirbay (15.), Sandro Wagner (49.) mit seinem vierten Saisontreffer und Steven Zuber (60.) nutzten die Überzahl gnadenlos aus und schossen Hoffenheim zum vierten Sieg in Folge und zugleich auf einen Champions-League-Platz.