Hamburg. Der Hamburger Verband hat das Analysesystem „Playsight“ angeschafft. Coaches und Spieler sind begeistert

Das Gerät, das im Hamburger Tennis-Verband (HTV) für eine „kleine Revolution“ sorgen soll, wirkt auf den ersten Blick wie eins dieser Internet-Terminals, die an öffentlichen Plätzen stehen. Doch wer über das Touchscreen einsteigt in die Welt der Trainingsanalyse, der versteht, warum Landestrainer Guido Fratzke und Sportdirektor Julian Battmer ihre neueste Errungenschaft als Meilenstein in der Entwicklung des HTV (rund 34.000 Mitglieder in 91 Vereinen) preisen.

Als einer von acht Landesverbänden hat der HTV das in Israel entwickelte Videoanalysesystem „Playsight Smartcourt“ angeschafft, das ohne die für professionelle Abnehmer üblichen Rabatte rund 40.000 Euro kostet. Seit beinahe drei Wochen steht es nun allen Leistungskaderathleten zur Verfügung, und Fratzke (46) ist maximal begeistert über die Möglichkeiten, die es bietet. „Ich kann den Spielern in sehr anschaulicher Form Rückmeldung zu allen Trainingsinhalten geben und diese individuell zuschneiden. Außerdem kann ich Trainingseinheiten von mehreren Spielern gleichzeitig überblicken.“

Zehn auf dem hinteren der drei Trainingscourts in der Verbandshalle in Horn installierte Kameras zeichnen jede Bewegung auf, die die ins System eingeloggten Athleten ausführen. Anhand dieser Bilder kann Fratzke dann jeden einzelnen Parameter analysieren. Die Geschwindigkeit der Schläge wird ebenso gemessen wie Laufleistung und Kalorienverbrauch. Erfasst wird, in welcher Höhe und mit wie vielen Umdrehungen der Ball übers Netz gespielt wird. Jeder Ballwechsel kann in Zeitlupe angeschaut werden, um Fehlstellungen zu beheben. Zudem ist es möglich, sich jede Schlagvariante herauszufiltern und so beispielsweise nur die cross mit der Rückhand gespielten Bälle zu analysieren.

Eine für die Trainer wichtige Funktion ist, dass unterschiedlichste Trainingsdrills eingestellt werden können. Dabei wird zum Beispiel ein Bereich des Feldes festgelegt, in dem der Ball mit einer bestimmten Schlagvariante platziert werden muss. Gelingt dies, ertönt ein akustisches Signal. Gelingt es nicht, ruft das System „out“. Anhand der Videoaufzeichnungen kann der Coach die ordnungsgemäße Ausführung kontrollieren, auch wenn er sich auf einem Nebenplatz um andere gekümmert hat.

„Außerdem hat man durch die Bilder nun ein objektives Mittel, um die Schwächen zu analysieren, die die Spieler bislang als subjektive Wahrnehmung abtun konnten“, sagt Sportdirektor Battmer. Jeder ins System eingeloggte Sportler erhält die Aufzeichnungen direkt als Video per E-Mail zugeschickt oder hat mittels einer App Zugriff darauf. Auch ein Highlight-Video mit den wichtigsten Szenen ist problemlos darstellbar. Die Filmchen, die vom Coach kommentiert werden können, sind sofort in den sozialen Medien teilbar. „Das ist für viele Jugendliche ein wichtiges Element“, sagt Battmer.

Weil das Interesse an objektiver Leistungsüberprüfung weit über die Leistungskader hinausgeht, will der HTV das Analysesystem im zweiten Schritt all seinen Mitgliedern zugänglich machen, die Wettkampfsport in Form von Turnieren oder Medenspielen bestreiten. Wie hoch der Kostenbeitrag dafür sein wird, ist unklar. „Wir wollen zunächst abwarten, welche Erfahrungen unsere Kaderathleten mit dem neuen System machen“, sagt Battmer. Wenn die ersten Eindrücke nicht völlig täuschen, dann ist der Ausdruck „kleine Revolution“ nicht zu hoch gegriffen.