Hamburg. Der Hamburger Kasim Edebali kämpft in seinem dritten Profijahr darum, sich als Stammkraft zu etablieren

Das spielfreie Wochenende kam Kasim Edebali ganz gelegen. Er konnte sich ein bisschen erholen, die Wehwehchen pflegen, die sich an den ersten vier Spieltagen der National Football League (NFL) im Körper eingenistet haben, ein bisschen die Freizeit genießen, die Wärme von bis zu 30 Grad, die in New Orleans auch Mitte Oktober noch erreicht werden. Aber nun ist auch gut, findet Edebali: „Nach dem dritten Tag, an dem nicht so viel zu tun ist, denkt man schon: Irgendwas läuft hier verkehrt.“

Ansonsten scheint die Richtung zu stimmen bei den Saints. Nach dem Fehlstart mit drei knappen Niederlagen haben sie endlich den ersten Saisonsieg gefeiert, 35:34 bei den San Diego Chargers. So kann es nach der Pause weitergehen. Am Sonntag geht es gegen die Carolina Panthers, den kriselnden Superbowl-Finalisten, der in fünf Spielen ebenfalls erst einen Sieg verbuchen konnte.

Kasim Edebali (27) weiß genau, was ihn erwartet. Wie die Saints sind auch die Panthers der Staffel NFC South zugeordnet, was bedeutet, dass beide Teams in jeder regulären Saison zweimal aufeinandertreffen. Und es ist für den Hamburger ja bereits das dritte Jahr in der NFL. „Ich kenne inzwischen jeden Spielzug, der kommt“, erzählt Edebali am Telefon. Dadurch sei es für ihn, als laufe das Spiel langsamer ab. Und er sei längst nicht mehr so nervös wie noch in seiner Debütsaison.

Was sich allerdings nicht geändert hat: Edebali, der Defensive End, der es von der Jugend der Hamburg Huskies bis in die größte Profiliga der Welt geschafft hat, wird bei den Saints weiterhin nur eingewechselt. Dabei hatte er sich doch für diese Saison fest vorgenommen, es in die Startformation zu schaffen. Es wäre der nächste logische Schritt gewesen, nachdem sich Edebali im Vorjahr in allen relevanten Statistiken entscheidend verbessern konnte. Fünfmal hat er einen gegnerischen Quarterback zu Fall gebracht, bevor der einen Pass ansetzen konnte. Diese sogenannten Sacks sind die Währung, in der sich Pass-Rusher wie er messen lassen müssen.

In der Vorbereitung durfte Edebali stets in der Abwehr anfangen, gleich im ersten Testspiel gegen die New England Patriots gelangen ihm zwei Sacks im Anfangsviertel. Aber von da an bekam er keinen Zugriff mehr auf den Gegner. Und als sich Saints-Trainer Sean Payton dann kurz vor Saisonbeginn laut Sorgen über das Pass-Rushing machte, wurde Edebali kurzerhand Abwehrveteran Paul Kruger (30) vor die Nase gesetzt. Drei Millionen Dollar im Jahr lassen sich die Saints die Nachverpflichtung kosten, etwa fünfmal so viel wie das aktuelle Fixgehalt seines Konkurrenten aus dem fernen Germany.

Einen Quarterback Sack hat auch Kruger noch nicht verbuchen können. „Aber wer so viel Geld kostet“, sagt Huskies-Sportdirektor Patrick Esume, der für Sat.1 und ProSieben Maxx die NFL-Spiele analysiert und Edebalis Karriere von klein auf verfolgt hat, „der muss natürlich auch starten.“ Auch diesen Teil der Spielregeln muss Edebali nun lernen. Seinem Kumpel rät Esume, professionell mit der Situation umzugehen und sich durch Leistung aufzudrängen: „Es wird allerdings nicht reichen, genauso gut wie Paul Kruger zu sein. Kasim muss besser sein.“

Edebali hat sich mit der Situation abgefunden. Er sagt: „Wenn eine Organisation meint, dass sie einen Mannschaftsteil verstärken will, dann kann sie das tun. Das ist Teil des Business.“ Im Übrigen habe er gar nichts gegen Paul Kruger, im Gegenteil: „Wir haben ein sehr gutes Verhältnis. Er ist ein guter Spieler, etwas robuster und breiter als ich.“ 122 Kilogramm wiegt Kruger, acht mehr als Edebali. Genau das richtige Profil für eine Situation, in der der Gegner in Führung liegt und durch Laufspielzüge Zeit von der Uhr nehmen will.

Edebalis Momente sind andere: wenn der Gegner einen dritten Versuch und noch eine große Entfernung zu überbrücken hat. „Dann kann ich meine Athletik, meine Explosivität ausspielen“, sagt Edebali. So will er es auch am Sonntag gegen Carolinas Quarterback Cam Newton machen, den „wertvollsten Spieler“ der vergangenen NFL-Saison, der zuletzt allerdings wegen einer Gehirnerschütterung pausieren musste.

Vielleicht klappt es ja dann mit dem ersten Quarterback Sack der Saison. Aber die Statistiken seien nicht, was für ihn zähle, sagt Edebali: „Mir ist wichtig, dass wir auf meiner Position Dominanz ausüben. Ob ich dann den Sack mache oder mein Kollege auf der anderen Seite der Defensive Line, ist völlig egal.“