Belek. Aufgrund der politisch instabilen Lage verzichten viele deutsche Fußballclubs in diesem Winter auf Reisen in die Türkei

Das Trainingslager-Paradies in Belek hat ausgedient – und kann selbst noch nicht einmal etwas dafür. Nach den politischen Turbulenzen und mehreren Anschlägen in der Türkei geht der Trend bei vielen deutschen Fußball-Proficlubs in diesem Winter dahin, die Reisen an die türkische Riviera bleiben zu lassen. „Es ist selbstredend, dass die Türkei ausfällt“, erklärte Darmstadts Sportchef Holger Fach. Stattdessen geht es für die „Lilien“ Anfang Januar nach Alicante in Spanien.

Die Darmstädter stehen mit diesem Entschluss nicht allein da. Noch im Vorjahr gastierten sieben Bundesligisten sowie diverse Zweit- und Drittligisten in einem der zahlreichen Luxushotels im Örtchen Belek oder der näheren Umgebung. „Es ist schwierig in Prozenten auszudrücken, aber in diesem Winter wird gerade für deutsche Teams eine Buchung zu heikel sein, auch wenn die Preise sich jetzt verändern“, sagt der ehemalige Nationalspieler Dieter Burdenski, der mittlerweile Reisen in die ganze Welt veranstaltet und vermittelt.

Mehrere jahrelange Stammgäste haben Belek bereits eine Absage erteilt. „Noch steht nicht endgültig fest, wohin es geht. Wir fliegen aber nicht in die Türkei, das steht schon fest“, teilte der Hamburger SV mit. Bundesliga-Absteiger VfB Stuttgart verkündete am Montag, sein Trainingscamp im neuen Jahr im portugiesischen Lagos zu beziehen. Noch im Vorjahr hatte der inzwischen geschasste VfB-Sportvorstand Robin Dutt von einem „hervorragenden“ Preis-Leistungsverhältnis in Belek geschwärmt. Auch Hannover 96 hat eine erneute Reise dorthin nun bereits ausgeschlossen. Bei Borussia Mönchengladbach deutet vieles auf einen Verzicht hin, nachdem die Entscheidung ursprünglich schon im September hätte fallen sollen, bis jetzt aber auf sich warten lässt.

Angesprochen auf die Gründe, weichen die meisten Vereine aus oder geben keine Stellungnahme ab. „Schlechte Trainingsbedingungen haben wir in der Türkei nie vorgefunden“, hieß es von Zweitligist VfL Bochum auf die Frage, ob der Ortswechsel mit dem Putschversuch und der aktuellen politischen Lage in der Türkei zu tun habe. Für Werder Bremen bleibt eine Türkei-Reise in diesem Winter trotz aller Geschehnisse vorstellbar. „Das ist nicht ausgeschlossen“, sagte Sportchef Frank Baumann. Eine Entscheidung stehe noch aus.

In den vergangenen Jahren wurde Belek im Januar für deutsche Clubs nicht nur zum Zentrum harter Trainingsarbeit, sondern auch zu einem Treffpunkt für Testspiele und Spielerverhandlungen. „So optimal wie in der Türkei wird es nicht mehr sein, weil es in Europa keinen Ort mehr gibt, wo 50 Mannschaften sind, wo man immer spielen und mit dem einen oder anderen Spieler, an dem man Interesse hat, reden kann“, erklärte Darmstadts Fach.

Jährlich kommen bis zu 700 Teams nach Belek. Die Gegebenheiten mit kurzen Wegen, vielen Fußballplätzen, guten Wetterbedingungen und bezahlbaren Preisen gelten als ideal. Um das kleine Örtchen mit nur wenigen Tausend Einwohnern sind riesige Hotelkomplexe entstanden. Nach den Turbulenzen in diesem Sommer gehen die Vereine allerdings Kompromisse zugunsten der Sicherheit ein: „Das ist eben der Preis aufgrund der politischen Situation“, sagte Fach. „All Inclusive“ gibt’s in diesem Winter nicht mehr bei den 98ern. „Das heißt, die Jungs müssen ein paar Euro mitnehmen, wenn sie mal einen Kaffee trinken wollen. Wir natürlich auch“, kommentierte der Sportchef.

Wie sich die Situation in und um Belek in den kommenden Jahren entwickelt, bleibt abzuwarten. „Ich hoffe und glaube, dass sich das für die nächste Saison wieder normalisiert. Aber wenn der Terror weitergeht, kann das auch längerfristige Auswirkungen haben“, mutmaßte Burdenski.

Unterdessen hat sich die groß angekündigte Rückkehr des früheren Nationaltorhüters Oliver Kahn zum FC Bayern München als Werbegag entpuppt. Seit Tagen hatte der 47-Jährige Spekulationen um ein Engagement im Profifußball angeheizt, unter anderem, weil er sich vor dem Logo und im Outfit seines Ex-Clubs zeigte. Kahn aber geht es darum, mit seiner Firma „Goalplay“ das Torwartspiel zu revolutionieren. „Wenn man sieht, wie Manuel Neuer die Torwartposition interpretiert, ist jedem klar, dass der Torspieler heutzutage nicht mehr nur im Strafraum steht“, sagte Kahn in einem Video: „Deshalb ist er kein Torhüter mehr, sondern ein Torspieler. Wir nennen ihn Goalplayer.“

Zu den Leistungen seiner Firma gehören sowohl physisches Training mit dem Einsatz von High-Speed-Kameras als auch die mentale Stärkung des Spielers. Auch Torwarthandschuhe verkauft das Unternehmen. Seit Jahren ist Kahn zudem TV-Experte für das ZDF.

Das WM-Qualifikationsspiel der deutschen Mannschaft gegen Nordirland war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht beendet.