Hamburg. Neuzugang Douglas Santos hat sich in Hamburg schnell zurechtgefunden. Auch dank seines Dolmetschers

Edson Büttner muss wieder einmal warten. Nach dem Training am Mittwochnachmittag sind nahezu alle HSV-Profis schon auf dem Weg in die Kabine. Nur Douglas Santos bewegt sich noch von einem Fan zum nächsten und erfüllt sämtliche Autogramm- und Fotowünsche. Der Brasilianer lächelt und lächelt. Genau wie Dolmetscher Büttner, der die Szene im Hintergrund beobachtet und sich über die Einstellung seines Schützlings freut. „Douglas ist ein sehr höflicher und zuvorkommender Mensch“, sagt Büttner über Santos.

Die beiden Brasilianer kennen sich erst seit rund fünf Wochen. Am letzten Tag der Sommertransferperiode hatte der HSV Santos für 6,5 Millionen Euro von Atlético Mineiro verpflichtet. Dass sich der Linksverteidiger innerhalb so kurzer Zeit in Hamburg sportlich und privat zurechtgefunden hat, liegt auch an Edson Büttner, der für Santos mehr ist als nur ein Übersetzer. Am Mittwoch nahm sich der 22-Jährige erstmals seit dem Wechsel zum HSV Zeit, über seine Anfangszeit in Hamburg zu sprechen.

„Natürlich hilft mir Edson sehr“, sagt nicht etwa Santos, sondern Dolmetscher Büttner, der das Gespräch vom Portugiesischen ins Deutsche übersetzt. Büttner lacht. Es war einer seiner Späße, mit denen sich der 48-Jährige innerhalb der Mannschaft große Beliebtheit erarbeitet hat. Seit zwei Jahren zählt Büttner zum fes­ten Bestandteil des HSV. Im September 2014 begann er im Volkspark als Betreuer und Übersetzer des damaligen Neuzugangs Cléber. Nun hat er mit Santos einen zweiten Brasilianer an seine Seite bekommen – und damit auch eine Fortsetzung seiner Tätigkeit bei den Profis garantiert. Schließlich benötigt Innenverteidiger Cléber kaum noch Hilfe mit der deutschen Sprache. „Ihn brauche ich gar nicht mehr viel zu coachen, er kennt die meisten Übungen und ist sehr selbstständig. Ich kann mich auf die Arbeit mit Douglas konzentrieren“, sagt Büttner.

Auch außerhalb des Trainings ist der Dolmetscher ein wichtiger Ansprechpartner für Santos, der beim HSV seinen zweiten Anlauf bei einem europäischen Club startet. Als er vor zwei Jahren nach Spanien zum FC Granada wechselte und anschließend auf Leihbasis bei Udinese Calcio in Italien spielte, scheiterte er auch an der Umstellung auf das Leben in Europa. „Er hatte Startschwierigkeiten, weil er die Kultur nicht kannte. In Brasilien wurde ihm nun deutlich gemacht, dass in Europa die Dinge etwas anders laufen. Da kann ich ihm mit meiner Erfahrung viele Tipps geben“, sagt Büttner.

Bei seinem zweiten Versuch in Europa braucht Santos für brasilianische Verhältnisse erstaunlich wenig Anlaufzeit. Mit seiner seriösen Spielart hat sich der Olympiasieger innerhalb kurzer Zeit den Stammplatz von Matthias Ostrzolek erobert. „Es ist alles viel schneller, man hat auf dem Platz keine Zeit, sich auszuruhen. Ich habe mich aber schnell daran gewöhnt“, sagt Santos über die Bundesliga. „Ich habe in Italien gelernt, wie in Europa Fußball gespielt wird. Ich denke immer offensiv, aber die Defensivarbeit ist auf meiner Position das Wichtigste.“

Am vergangenen Sonnabend beim 0:2 in Berlin verteidigte Santos das erste Mal gemeinsam in der Viererkette mit Landsmann Cléber. Weil Kapitän Johan Djourou an einer Muskelverletzung leidet, werden die beiden auch im Testspiel an diesem Donnerstag (18.30 Uhr) beim Drittligisten FC Magdeburg und wohl auch in der kommenden Woche bei Borussia Mönchengladbach zusammen auflaufen. Obwohl der HSV mit Santos in der Startelf bislang viermal in Folge verlor, ist der Linksfuß auch unter dem neuen Trainer Markus Gisdol gesetzt. „Ein Trainerwechsel ist nie einfach. Bruno Labbadia war auch für mich wichtig. Aber das gehört zum Fußballgeschäft dazu“, sagt Santos, der trotz der Niederlagenserie positiv auf seine ersten Spiele blickt. „Ich bin zufrieden mit meiner Leistung, aber jetzt brauchen wir endlich auch Siege.“

Mit Santos hat der HSV noch kein Tor geschossen

Santos will mit seinem Offensivdrang dazu beitragen, dass der HSV nach vier Spielen endlich wieder ein Tor erzielt. Geht es nach seinem Dolmetscher, dürfte Santos seine Höflichkeit zumindest im Spiel etwas ablegen. „Vielleicht ist er manchmal auf dem Platz noch etwas zu zuvorkommend“, sagt Büttner. Gleichzeitig habe die bodenständige Art dazu beigetragen, dass sich Santos so schnell eingelebt habe. „Für sein Alter ist er schon sehr weit. Er ist kein Draufgänger“, sagt Büttner auch in Anspielung an die ehemaligen HSV-Brasilianer Thiago Neves und Alex Silva, die vor einigen Jahren abseits des Platzes aktiver waren als auf dem Spielfeld.

In der Mannschaft kommt Santos, der mit seiner Frau Cristiane in Hamburg noch eine Wohnung sucht, mit seiner positiven Grundstimmung genauso gut an wie Spaßvogel Cléber, der für Santos neben Büttner als Bindeglied zur Mannschaft fungiert. „Er ist ein lustiger Mensch und sehr wichtig für mich“, sagt Santos über Cléber. Diesen Satz übersetzt Büttner ausnahmsweise ganz ohne Spaß.