Hamburg. Mit dem neuen Glascourt hofft das Sportwerk Hagenbeckstraße zum Anziehungspunkt der Weltelite zu werden

Der Mensch schwitzt, rennt auf und ab, schlägt links und rechts, mal kurz, mal lang. Squash ist eine schweißtreibende Angelegenheit. Im Sportwerk Hagenbeckstraße können die Anstrengungen der Spieler jetzt aus jeder Perspektive beobachtet werden: von oben, von vorne, von hinten und von beiden Seiten. Ein Sport wird transparent. Diesen Luxus haben sich die Betreibergesellschaft der Anlage und ihre Sponsoren rund 100.000 Euro kosten lassen. Am Sonntag (14 Uhr) wird der Vier-Seiten-Glascourt, der einzige permanente in Deutschland, offiziell mit dem Bundesligamatch Sportwerk Hamburg gegen den 1. Bremer SC eingeweiht. Der Eintritt ist auf den meisten Plätzen frei. Rund 200 Zuschauer werden erwartet. Bis zu 350 Besucher hätten Platz.

Der Glascourt ist die vorerst letzte Ausbaustufe der Anlage an der Eisbahn Stellingen. Sportwerk will damit zum Squashzentrum Deutschlands, möglicherweise Europas aufsteigen. Und die Chancen stehen gut. Weil die wichtigsten internationalen Turniere, die zumeist im Internet live übertragen werden, in temporär errichteten Glascourts gespielt werden, aber weltweit kaum Trainingsmöglichkeiten in diesen durchsichtigen Käfigen bestehen, könnte die Hagenbeckstraße zum Ziel der weltbesten Profis werden. Die ersten haben schon angefragt, der Australier Cameron Pilley (33), aktuell Nummer 13 der Weltrangliste, hat sich auch deshalb zur neuen Saison dem Hamburger Bundesligateam angeschlossen. Zu dem gehört auch der dreimalige ägyptische Weltmeister Ramy Ashour (28). Nach Platz drei in der vergangenen Saison will Sportwerk auch diesmal um die deutsche Meisterschaft mitschlagen. Favorit aber bleibt Titelverteidiger SC Paderborn.

Als Bundesstützpunkt für den Jugendbereich dient die Anlage bereits. Das ist vor allem dem unermüdlichen Einsatz des Niederländers Bart Wijn­hoven, zugleich Betriebsleiter der Einrichtung, zu verdanken, der inzwischen als Landes- und Nachwuchs-Bundestrainer arbeitet. „Ich habe meine Leidenschaft zum Beruf gemacht“, sagt Wijnhoven. Als er vor rund fünf Jahren in Hamburg anfing, weil seine Freundin Karine Muijlwijk zum Volleyballteam Aurubis gewechselt war, lag der einstige Trendsport danieder. Jetzt sind wieder Strukturen erkennbar – und die ersten Talente machen auf sich aufmerksam.

Das Squashspiel in Glaskästen unterscheidet sich maßgeblich von den Schlagwechseln auf herkömmlichen Plätzen, bei denen drei der vier Wände aus Beton bestehen und gewöhnlich nur die Rückwand von außen einsehbar ist. „Das Spielverhalten des Balles und damit die taktischen Herausforderungen für die beiden Spieler differieren deutlich“, sagt Sportwerk-Sprecher Axel Annink. „Der Ball verliert durch den Aufprall auf der Glasscheibe, die viel Energie absorbiert, wesentlich mehr Geschwindigkeit als bei einer Betonwand. Durch das geringere Balltempo muss sich der Spieler extrem umsichtig und meist noch schneller bewegen. Insbesondere Angriffsbälle blei-ben extrem kurz und flach.“

Eine gute Balllänge ist beim Squash ein zentraler Faktor, der über Punktgewinn -und -verlust entscheidet. Mit einem zu kurz ins Halbfeld gespielten Ball gerät der Spieler rasch unter Druck. Annink: „Man muss also entweder härter schlagen, um den Geschwindigkeitsverlust auszugleichen, oder den Auftreffwinkel verändern, um den Ball in einem etwas höheren Bogen nach hinten zu spielen.“

Der neue Glascourt, da ist sich Trainer Wijnhoven sicher, wird Squash in Hamburg attraktiver machen – auch als Zuschauersport. Annink erklärt die Vorteile: „Die Scheiben sind so beschichtet, dass die Besucher eine perfekte Sicht von außen auf das Spielgeschehen haben. Die Spieler wiederum können kaum nach außen blicken. Hierzu trägt auch die spezielle Anordnung der LED-Strahler an der Decke bei. Diese sind rundherum angebracht und nicht wie bei einem normalen Court eher mittig an der Decke.“

Ein optischer Unterschied besteht ebenfalls in der Ballfarbe. Auf farbigen Glascourts, die heutzutage ausschließlich zum Einsatz kommen, der in der Hagenbeckstraße ist ganz in Blau gehalten, wird mit einem weißen – relativ schnellen – Ball gespielt. Dieser ist dank des höheren Kontrastes zu den Wänden besser zu sehen. Daher sind auch die Bodenbeläge in einem Glascourt dunkler gehalten als auf „normalen“ Plätzen. Und eine weitere Besonderheit des Neubaus: An der Stirnwand lässt sich die untere Spielbegrenzung, das Tin, verstellen – von 48 auf 43 Zentimeter. So wollen es die Profis.