Hamburg. Hamburgs größtes Rudertalent Tim Ole Naske verabschiedet sich am Wochenende von seiner Heimatstadt

Seinen Trainingsauftakt für die Rudersaison 2017 hat Tim Ole Naske auf das kommende Wochenende gelegt. Gut, es gibt auch Titel zu gewinnen bei den norddeutschen Meisterschaften im Wasserpark Dove Elbe. Naske (20) wird im Einer antreten, in dem er vor vier Wochen in Rotterdam U-23-Weltmeister wurde, und im Zweier ohne Steuermann zusammen mit Simon Klose, seinem Kumpel von der RG Hansa. Aber vornehmlich geht es ihm darum, nach einem Kurzurlaub in Belgien wieder in den Rhythmus zu kommen „und mich wieder mal in Hamburg zu zeigen“.

Wer weiß schon, wann es wieder die Gelegenheit dazu gibt? Im Januar wird Naske ein Studium an der renommierten University of California in Berkeley aufnehmen. „Vielleicht Betriebswirtschaftslehre“, so genau weiß er es noch gar nicht. Es war ja auch vorrangig eine sportliche Entscheidung. Bei den Cal­Bears, wie das Athletikprogramm des US-Colleges heißt, trainieren einige der besten Nachwuchsruderer der Welt. Und Naske ist einer davon, spätestens seit er 2014 Juniorenweltmeister und Jugend-Olympiasieger im Einer wurde.

„Wenn man in die Weltspitze will, muss man sich mit ihr messen“, sagt er, „und das kann ich dort jeden Tag.“ Die Universität stellt ihm ein Vollstipendium zur Verfügung. Es ist für alles gesorgt. Naske will trotzdem erreichen, dass er zeitweise vor Ort vom Hamburger Landestrainer Dirk Brockmann und von Stephan Froelke, seinem Freund und Jugendcoach, betreut wird.

Die Umstellung wird in jedem Fall groß sein. Im Training werden in Amerika auch Skuller wie er häufig in Riemenboote gesetzt. „Für den Kopf ist es vielleicht ganz gut, einmal etwas anderes zu machen“, sagt Naske. Im Wettkampf aber wird er sich voll auf den Einer fokussieren. Es ist dies auch eine Lehre aus der vergangenen Saison. Über alle nationalen Leistungstests hinweg hatte der Hamburger die Bugspitze vorn dabei. Doch als es am Ende um die Besetzung der olympischen Skullboote für Rio ging, wurden ihm Athleten vorgezogen, die er in den Einer-Ausscheidungen teils deutlich hinter sich gelassen hatte.

Seinem Unmut darüber hatte Naske im Abendblatt Luft gemacht („Ich hatte gehofft, dass das Leistungsprinzip gilt“). Der Erfolg schien den Trainern recht zu geben: Der Doppelvierer, der die gesamte Saison hinterhergerudert war, holte in Rio Gold. Aber auch Naske konnte sich bestätigt fühlen: In Rotterdam schlug er unter anderem den Olympiasiebten Natan Wegrzycki-Szymczyk aus Polen, der auch in Berkeley trainiert.

Im Hinblick auf Tokio 2020 will Naske keinen Entscheidungsspielraum mehr lassen: „Im Einer muss der Schnellste nominiert werden. Und ich habe gezeigt, dass mit mir zu rechnen ist.“ Zumal Marcel Hacker (39), der frühere Weltmeister, aufgehört hat.

Dass Naske nicht für Rio nominiert wurde, weil er nur 1,83 Meter misst und sein Schlag nicht zu dem der anderen passt, wie einige argwöhnen, darüber kann Naske nur lächeln: „Es stimmt, auf den Siegerfotos bin ich immer der Kleinste. Trotzdem stehe ich meistens in der Mitte.“ So wird es wohl auch am Wochenende wieder sein.

Bei den norddeutschen Meisterschaften treten am Sonnabend (9–18 Uhr) und Sonntag (8–16 Uhr) am Allermöher Deich 36 mehr als 600 Ruderinnen und Ruderer in 240 Rennen an. Aus Hamburg vertreten sind neben Naske und Klose auch Judith Anlauf vom RC Süderelbe, WM-Zweite im Leichtgewichtsvierer, Malte Großmann und Jan-Lukas Harder vom RC Favorite Hammonia, beide Medaillengewinner der U-23-WM, sowie U-19-Weltmeister Paul Gralla vom ARV Hanseat. Ein Busshuttle vom S-Bahnhof Mittlerer Landweg ist eingerichtet.