Karlsruhe. Beim 1:1 beim KSC vergibt der FC St. Pauli zu viele Torchancen – Bouhaddouz erzielt dritten Saisontreffer

Am Ende war die Enttäuschung über zwei verlorene Punkte bei Spielern und Verantwortlichen des FC St. Pauli weit größer als die Freude, ein weitgehend souveränes Auswärtsspiel abgeliefert zu haben. „Wir müssen uns die Frage stellen, warum wir das Spiel nicht gewonnen haben“, sagte Sportchef Thomas Meggle nach dem 1:1 (1:0) beim Karlsruher SC. „Wir hatten drei, vier hundertprozentige Torchancen. Es kann nicht der Anspruch sein, dass wir solche Spiele nicht gewinnen.“

Immerhin konnte Meggle im Vergleich zum 1:2 zu Saisonbeginn beim VfB Stuttgart, als St. Pauli in der ersten Halbzeit ähnlich überlegen gewesen war, einen Aufwärtstrend ausmachen: „Da haben wir noch verloren, jetzt haben wir immerhin einen Punkt mitgenommen. Es war ein gelungener Auftritt mit einem fehlenden Ergebnis.“

Auch Mittelfeldspieler Christopher Buchtmann trauerte der vergebenen Chance nach, nach dem 2:1 gegen Bielefeld den zweiten Saisonsieg folgen zu lassen. „Nach dem 1:0 für uns war der KSC doch praktisch tot. Wenn wir das zweite Tor erzielen, ist das Spiel entschieden“, sagte er, gab aber auch gleich die Devise für die kommenden Tage aus. „Wir können uns jetzt auf der Zugfahrt noch darüber ärgern, aber dann müssen wir uns schon wieder auf das Spiel am Donnerstag gegen 1860 München konzentrieren und von der Leistung her an das Spiel heute anknüpfen.“

St. Paulis Ensemble hatte in der Anfangsphase wenig Probleme, die Angriffsversuche der Karlsruher schon im Keim zu ersticken. Mehr noch: St. Pauli bestimmte die Partie, wirkte reifer und war das Team, das wenigstens ansatzweise torgefährlich wurde. Ein Kopfball von Stürmer Aziz Bouhaddouz (9. Minute), ein Fallrückzieher von Ryo Miyaichi (11.) sowie ein Linksschuss von Christopher Buchtmann aus ganz spitzem Winkel zwangen Karlsruhes Torwart René Vollath zum Eingreifen.

Ein ungenauer Rückpass seines eigenen Kollegen Bjarne Thoelke brachte den KSC-Keeper allerdings schon bedeutend mehr in Bedrängnis. Richtig gefährlich wurde diese Situation vor allem deshalb, weil St. Paulis variabler Offensivakteur Kyoungrok Choi so konsequent nachsetzte, dass es zu einem Pressschlag kam. Der Ball sprang in die Strafraummitte, wo Aziz Bouhaddouz offenbar auf genau diese Chance gelauert hatte und den Ball zum verdienten 1:0 (32.) ins verlassene Tor schob.

Auf der Gegenseite hatte St. Paulis Torwart Robin Himmelmann in der ersten Halbzeit nur eine Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Er schien es förmlich zu genießen, einen recht harmlosen Kopfball von Dennis Kempe mit einer Hechtparade zu entschärfen.

Die souveräne Vorstellung der St. Paulianer in der ersten Halbzeit hatte lediglich das Manko, aus der offenkundigen Verunsicherung der in dieser Saison bis dahin sieglosen Karlsruher und aus der eigenen Souveränität nicht mehr Kapital geschlagen zu haben.

Die beiden größten Chancen dazu gab es ziemlich unverhofft zu Beginn der zweiten Halbzeit. Doch Bouhaddouz traf nach Zuspiel von Miyaichi den Ball aus kurzer Distanz nicht richtig und scheiterte an Vollath. Womöglich hatte er sich selbst erschrocken, wie frei er war. Er hätte den Ball stoppen oder auch zum mitgelaufenen Buchtmann durchlassen können (51.).

Noch krasser war die Szene drei Minuten später, als Choi leichtfertig die 2:0-Führung vergab. Nach einem Ballgewinn im Mittelfeld strebte er ganz allein auf Vollath zu und schoss ihn an. Jede andere Idee wäre besser gewesen. „Da hat er sich zu naiv verhalten“, sagte später St. Paulis Trainer Ewald Lienen.

Es ist keine sonderlich neue Erkenntnis, dass sich im Mannschaftssport, nicht nur im Fußball, solche Leichtfertigkeiten rächen. In diesem Fall brachte Karlsruhes Stürmer Dimi­tris Diamantakos sein Team mit seiner bis dahin besten Szene und einem fulminanten Linksschuss zurück in ein Spiel, das bis dahin völlig einseitig war. „Ich bin zu aggressiv auf den Ball gegangen, Diamantakos hat sich dann gut gedreht und ist mir entwischt“, übte Gegenspieler Marc Hornschuh Selbstkritik. Kurz darauf tanzte der Ball nach einer Ecke noch gefährlich auf St. Paulis Torlinie. Ein Doppelschlag drohte.

Danach aber hatte sich St. Pauli gefangen und kam selbst erneut zu Chancen, etwa durch den eingewechselten Marvin Ducksch, der aber zu überhastet abschloss. Trotz des Ärgers über zwei verlorene Punkte befand Lienen am Ende: „Bei uns ist ein leichter Aufwärtstrend zu erkennen. Den wollen wir jetzt in die nächsten Spiele mitnehmen.“