Hamburg. Die ersten Stadtmeisterschaften unterstreichen, warum der junge Sport großes Potenzial hat

Es gehe bei seinem Sport hauptsächlich darum, Spaß zu haben, hatte Tim Neidhardt gerade noch gesagt. Und dann war vom Court plötzlich ein lauter Schrei zu hören. Alejandro Malvido, heißblütiger Andalusier und Doppelpartner von Steffen Lüdke, hatte sich mit seinen Halbfinalgegnern Christian Wrage und André Holzmüller um einen Punkt gestritten. In Ermangelung eines Schiedsrichters wurden die Umstehenden befragt. Malvido bekam Unrecht, und man sah, wie es deshalb in ihm brodelte. Er ging zurück an die Grundlinie, schlug auf – und knallte den Return mit einem von besagtem Schrei begleiteten Überkopfschmetterball ins gegnerische Feld.

Willkommen bei den ersten Hamburger Meisterschaften im Padeltennis! Einer in Deutschland noch weitgehend unbekannten Sportart, in der sportlicher Ehrgeiz zwar kein Fremdwort ist, die aber vorrangig versuchen will, Menschen zusammenzubringen und zu Duellen auf Augenhöhe zu animieren, die im Tennis oder auch im Squash – als Mischung aus diesen Rückschlagspielen lässt sich Padel am besten für den Laien beschreiben – hoffnungslos unterlegen wären.

Tim Neidhardt ist so etwas wie der Hamburger Pionier des Padel. 2012 kam er als BWL-Student bei einem Auslandssemester in Madrid erstmals mit dem Sport in Kontakt. In Spanien hat Padel, das in den 1960er-Jahren in Mexiko erfunden wurde, auf Breitensportebene Tennis bereits den Rang abgelaufen. Vier Millionen Spanier spielen es. Der Umsatz beim Verkauf der aus Kunststoffschaum bestehenden Schläger, die entfernt an Kanupaddel mit kurzem Griff erinnern und so dem Spiel seinen Namen gaben, ist dreimal so hoch wie der im Tennis. Auch in Skandinavien, Nord- und Südamerika, Frankreich und dem Commonwealth ist Padel populär, es gibt eine Weltserie für Profis. Deutschlandweit gibt es aktuell 22 Standorte mit rund 40 Courts, eine vierstellige Zahl von Spielern, aber keinen Ligenbetrieb oder nationale Meisterschaften.

„Als ich zurück nach Hamburg kam, wollte ich gern weiter Padel spielen und musste feststellen, dass es keinen Anbieter dafür gab“, sagt Neidhardt. Mit seiner Ehefrau Bernadett (38) machte sich der 29-Jährige also auf die Suche nach einem Partner – und fand diesen im SC Condor. Dank der Unterstützung der familieneigenen Baufirma, in der Neidhardt seit Abschluss seines Studiums arbeitet, konnte im Februar dieses Jahres am Berner Heerweg mit dem Bau der ersten beiden Padel-Courts auf Hamburger Boden begonnen werden.

Padel ist eine Mischung aus Tennis und Squash

Mehr als 100.000 Euro haben die Neidhardts investiert. Am 4. Juni wurden die beiden zehn mal 20 Meter großen Plätze, die an den Stirnseiten und hälftig an den Längsseiten mit bis zu drei Meter hohen Spezialglaswänden umgeben sind, eingeweiht. Seitdem ist die Sparte auf 42 Mitglieder angewachsen. Vermietet werden die Courts für Stundenpreise zwischen 7 und 9 Euro, aber auch an Nichtmitglieder. Jeden Donnerstag zwischen 18 und 22 Uhr gibt es einen „open Court“, bei dem Interessierte ausprobieren können, ob der Sport zu ihnen passt.

Und wer das tut, der sei schnell begeistert. „Der Vorteil von Padel“, sagt Sven Oest, der seit 26 Jahren in Glinde Tennis spielt und erst seit acht Wochen Padel, „ist, dass man es sehr schnell erlernen kann.“ Anders als im Tennis, wo die Schlagtechnik viel Training erfordere, sei die Technik im Padel einfacher. Zudem sei Padel wesentlich weniger laufintensiv als Tennis, da man es auf kleinerem Feld ausschließlich im Doppel spiele. Die Regeln und das Zählsystem sind dem Tennis angepasst, allerdings darf der Ball auch noch gespielt werden, wenn er von der Glasbande zurückspringt.

„Auch das macht es für Anfänger einfacher, weil man eine zweite Chance hat, wenn man den ersten Ball verpasst hat“, sagt Oest, der bei den Hamburger Titelkämpfen, für die 18 Teams gemeldet hatten, an der Seite des Spaniers Jesus Garcia antrat. Dieser war vor vier Jahren des Berufs wegen nach Hamburg gezogen – und freut sich riesig darüber, in seiner neuen Heimat nun endlich die Chance zu haben, seinen geliebten Sport betreiben zu können.

Gefreut hat sich am Sonntagabend dann auch Alejandro Malvido. Er gewann mit seinem Partner Lüdke das Finale gegen Oest/Garcia 6:1 und 6:4 und darf sich Hamburger Meister nennen. Und das macht doch wirklich Spaß.