Bremen. Auch Frings muss gehen, darf aber wie Skripnik auf neuen Posten hoffen. Ex-Profi Herzog bekundet Interesse an der Nachfolge.

Von seiner Entlassung erfuhr Viktor Skripnik irgendwo auf der Autobahn zwischen Mönchengladbach und Bremen. „Wir haben auf der Busfahrt noch einmal über die Situation gesprochen und sind dann zu der Entscheidung gekommen“, sagte Werder Bremens Sportchef Frank Baumann, als er am Sonntag die Trennung vom ukrainischen Cheftrainer offiziell verkündete. Dieser hatte sich noch in der Nacht nach der Ankunft am Weserstadion von seinem Team verabschiedet.

„Enttäuscht, aber professionell“ habe Skripnik die Entscheidung aufgenommen, sagte Baumann, der nach der Vereins-Rekordnegativserie von vier Pleiten in den ersten vier Pflichtspielen die Reißleine zog. Das Regenerationstraining am Morgen nach der 1:4-Pleite bei Borussia Mönchengladbach leiteten die Athletiktrainer Axel Dörrfuß und Günther Stoxreiter. Ab Montag soll der bisherige U-23-Coach Alexander Nouri für neue Impulse sorgen und den strauchelnden Traditionsclub auf das Duell bei Mainz 05 am Mittwoch (20 Uhr/Sky) vorbereiten.

Baumann hofft auf Impulse von Nouri

Es habe im Verein die Überzeugung gefehlt, dass das Werder-Urgestein Skripnik „zeitnah eine Wende zum Positiven“ herbeiführen kann, wir haben keine Weiterentwicklung gesehen“, meinte Baumann rund 14 Stunden nach dem besorgniserregenden Auftritt im Borussia-Park.

Alexander Nouri
Alexander Nouri © picture alliance / nordphoto | nph / Ewert

Er sicherte Nouri seine volle Unterstützung zu: „Er ist ein gewissenhafter, ehrgeiziger Fußballlehrer.“ Von ihm erhofft sich Baumann „einen Impuls für das Team, das nach dem personellen Umbruch in der Sommerpause, den letzten Spielen und dem bestehenden Verletzungspech mit einer gewissen Verunsicherung zu kämpfen hat“. Zugleich will sich Werder nach einem Trainer umsehen, der auch „in seiner Art“ zum Club passt. „Wir werden den Markt sondieren und haben ein klares Anforderungsprofil“, sagte Baumann zu der anstehenden Trainersuche.

Herzog bekundet sein Interesse

Als mögliche Kandidaten sind ­André Breitenreiter (zuletzt Schalke), Markus Gisdol (zuletzt Hoffenheim) und Andreas Herzog im Gespräch. Der ehemalige österreichische Fußball-Nationalspieler bestätigte am Sonntag gegenüber „Sport1“ sein grundsätzliches Interesse: „Jeder weiß, dass Werder Bremen mein Verein ist und er mir nach wie vor sehr am Herzen liegt.“ Zurzeit ist der 48-Jährige Assistent von US-Nationalcoach Jürgen Klinsmann.

Laut Darstellung des Onlineportals soll es allerdings eine Übereinkunft geben, wonach Herzog die Freigabe erhält, sollte er ein Angebot aus der Bundesliga bekommen. Der einstige Mittelfeldstar spielte von 1992 bis 2001 beim SV Werder. Kurios: Die beurlaubten Skripnik, Frings und Kohfeldt können sich Chancen auf einen anderen Job im Verein ausrechnen. Zumindest stellte ihnen dies Baumann in Aussicht.

Baumann gesteht Fehler ein

Die Beurlaubung Skripniks, der am 25. Oktober 2014 die Werder-Profis als Trainer und Nachfolger von Robin Dutt übernommen hatte, ist auch ein erster schwerer Rückschlag für Baumann. Erst seit Mai ist der Ex-Nationalspieler Sportdirektor, er übernahm das Amt von Thomas Eichin, der Skripnik wohl schon mit dem Ende der vergangenen Saison entlassen wollte.

Doch die Werder-Führung um Aufsichtsratsboss Marco Bode sprach damals ein Machtwort und propagierte den besonderen „Werder-Weg“. Baumann verlängerte vor Saisonbeginn den Vertrag von Skripnik bis 2018 – und musste nun erkennen, dass er in seiner Einschätzung offenbar falsch lag. „Alle machen Fehler“, sagte er, nahm aber vor allem das Team in die Pflicht.

Der Auftritt in Mönchengladbach war erschütternd. Schon zur Pause lag das Team um Kapitän Clemens Fritz aussichtslos mit 0:4 zurück und knüpfte dabei im Negativen an den ohnehin schon deutlich missglückten Saisonstart (Pokalpleite bei Drittligaclub Sportfreunde Lotte, 0:6-Klatsche bei den Bayern, 1:2 gegen Augsburg) an. „Über die erste Halbzeit brauchen wir nicht viel zu reden, weil das einfach eine Katastrophe war. Das war peinlich“, sagte Mittelfeldspieler Zlatko Junuzovic.

Harakiri-Taktik scheiterte grandios

Mit mehreren personellen Maßnahmen – unter anderem spielte der frühere HSV-Profi Jaroslav Drobny für Felix Wiedwald im Tor und Ulysses Garcia auf der linken Abwehrseite – wollte der eigensinnige Skripnik in seiner 200. Bundesligapartie als Bremer Spieler und Trainer eine Trendwende erzwingen. Doch die Harakiri-Taktik scheiterte grandios. „ Du musst nicht nur hoch stehen, sondern auch die Zweikämpfe gewinnen. Das haben wir vermasselt“, gestand Skripnik ein.

Selbst auf der Werder-Homepage war nach dem fahrlässigen und naiven Defensivverhalten von „Blackouts im Minutentakt“ zu lesen. Die Gladbacher Offensivspieler Thorgan Hazard (11./17. Minute) und Raffael (21., Foulelfmeter/41.) machten vor 54.014 Zuschauern das Debakel perfekt. Stürmer Aron Johannsson (80.) sah wegen Schiedsrichterbeleidigung Rot und steht Nouri nicht zur Verfügung. Nur ein schwacher Trost war, dass Neuzugang Serge Gnabry (73.) der erste (sehenswerte) Treffer im Werder-Trikot gelang.