Rio de Janeiro. Hamburgerin gewinnt Silber bei den Paralympics – und will bis Tokio 2020 weitermachen

Schon als sie in den Startschuh einfuhr, spürte Edina Müller den Wind, der von der Seite gegen ihr Kajak drückte. Da wusste die Hamburgerin, dass ein Fliegengewicht wie sie würde gegenarbeiten müssen, um bei diesem paralympischen Finale nicht aus der Bahn zu kommen. „Ich werde da einfach leichter weggedrückt. Aber dafür habe ich das ganz gut gemacht“, befand die 33-Jährige nach ihrem Rennen, das sie nach 58,874 Sekunden nur 0,114 Sekunden hinter der Britin Jeanette Chippington als Zweite beendete.

Tatsächlich war Edina Müller trotz Startschwäche gut weggekommen. Drei lange Züge, um Tempo aufzuziehen und in die hohen Schlagzahlen zu kommen, dann konnte sie ihre Stärke im Wasser ausspielen. „Ich hab Jeanette eigentlich gehabt und hätte das auch halten können, das weiß ich.“ Doch dann erwischte sie der Seitenwind. Müller kam aus der Bahn, nur Zentimeter, aber sie musste gegenlenken. Danach war das 200-Meter-Rennen schlicht ein paar Meter zu kurz, um die Britin noch abzufangen.

„Es war wie bei der WM ein ganz, ganz knappes Rennen, wir haben wie immer um jeden Zentimeter gekämpft“, sagte Müller. Im Mai hatte sie Serien-Siegerin Chippington noch das WM-Gold weggeschnappt. Die 46-jährige Britin ist wie die bereits als Rollstuhlbasketballerin hochdekorierte Müller eine Umsteigerin. Wie Müller 2014 suchte auch Chippington 2011 einen Freizeitsport, nachdem sie ihre Schwimmkarriere nach fünf Paralympics beendet hatte. Und wie Müller sagt auch ihre Dauerkonkurrentin: „Ich habe mich sofort in den Sport verliebt.“

Müller gegen Chippington – das war auf der Lagune Rodrigo de Freitas das Duell, das es zu beachten galt. „Wir sind ungefähr auf einem Niveau, da kommt es halt drauf an, wer mit den Bedingungen besser klarkommt. Es hätte ebenso gut anders herum ausgehen können“, sagte Müller. Doch die Sporttherapeutin weiß eben auch: „Wir haben hier heute Geschichte geschrieben“, war ihr Finale doch das erste Kanurennen in der Historie der Paralympics.

Nach der Siegerehrung räumte Müller ein, dass sie „dieses Goldjahr“ nach EM-Titel und WM-Gold natürlich gern mit dem Paralympics-Sieg gekrönt hätte. Andererseits reihe sich dieses Silber sehr gut in ihre paralympische Bilanz ein: Silber 2008 in Peking und Gold 2012 in London mit den Rollstuhlbasketballerinnen, „jetzt in Rio Silber – vielleicht greife ich 2020 in Tokio noch mal nach Gold“.

Unterdessen erreichten die deutschen Rollstuhlbasketballerinnen durch ein 55:45 den Favoriten Niederlande erneut das Finale. Gegner wird hier das Team der USA sein.