Hamburg. Am Freitag startet die DEL in die neue Saison – ohne einen Hamburger Club. Was Mitglieder der Freezers-Familie zum Auftakt fühlen.

Die Wehmut wird groß sein unter Hamburgs Eishockeyfans, wenn an diesem Freitag (19.15 Uhr) die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) in die Saison 2016/17 startet. Zum ersten Mal seit 2002 wird kein Hamburger Club am Spielbetrieb teilnehmen, nachdem die Anschutz Entertainment Group (AEG) als Eigner die Freezers Ende Mai aus der DEL abgemeldet hat. Wie tief der Stachel dieser Entscheidung noch sitzt, darüber sprach das Abendblatt mit vier Menschen, die ein Teil der Freezers waren.

Stéphane Richer

Wenn Stéphane Richer auf den Freitag blickt, so beschleicht ihn ein merkwürdiges Gefühl. „Ich war mit kurzer Unterbrechung 20 Jahre als Spieler, Trainer und Sportchef in der DEL. Es fühlt sich komisch an, zum ersten Mal kein aktiver Teil dieser Liga zu sein“, sagt der 50-Jährige, der nach dem Aus der Freezers für das NHL-Team Los Angeles Kings als Europa-Scout arbeitet und zudem als Berater für die Crocodiles Hamburg fungiert. Statt in einer der 14 Arenen wird Richer den Saisonstart vor dem Fernseher verfolgen und sich die Partie von Meister Red Bull München gegen die Kölner Haie anschauen. „Mal sehen, wie sich meine ehemaligen Spieler Jerome Flaake und Nico Krämmer schlagen“, sagte Richer, der lange gebraucht hat, das Ende der Freezers zu verdauen. „Der letzte Tag in der Geschäftsstelle war für mich sehr hart, aber mittlerweile bin ich wieder in der Lage, nach vorne zu schauen“, sagte Richer.

Janna Steinmetz

Fan Janna Steinmetz unterstützt nun die Nürnberg Ice Tigers
Fan Janna Steinmetz unterstützt nun die Nürnberg Ice Tigers © Janna Steinmetz | Janna Steinmetz

An ihr erstes Eishockeyspiel kann sich Janna Steinmetz noch genau erinnern. Am 23. Februar 2014 schaute die heute 20-Jährige die Partie der Freezers gegen die Adler Mannheim. Auch wenn es eine 0:1-Niederlage gab, es war Liebe auf den ersten Blick. Fortan fuhr Steinmetz aus ihrer Heimatstadt Goslar, sooft es ging, nach Hamburg, um ihr Team zu unterstützen. „Wenn man sich vorstellt, nie wieder mit Freunden im Fanblock zu stehen, die Jungs anzufeuern und mitzufiebern, ist es schon ein komisches Gefühl. Realisiert habe ich das alles noch nicht“, sagte Steinmetz, die dem Kufensport aber treu bleiben wird. Am Freitag fährt der Eishockey-Fan zum Spiel der Nürnberg Ice Tigers gegen die Augsburger Panther. „Die Nürnberger hatten eine Fan-Freundschaft mit den Freezers. Die Ice Tigers sind eine coole Truppe, die ich gerne unterstütze, wenn auch nicht so intensiv wie die Freezers“, sagte Steinmetz. Auch wenn die Ära Freezers vorbei ist, das Clublogo behält Steinmetz dennoch im Herzen.

David Wolf

Viel Zeit, um sich Gedanken über den DEL-Start zu machen, hatte David Wolf in den vergangenen Wochen nicht. Mit der deutschen Nationalmannschaft schaffte der Angreifer, der an diesem Donnerstag seinen 27. Geburtstag feiert, in Lettland die Qualifikation für die Olympischen Winterspiele 2018 in Südkorea. „Ich bin ziemlich platt, aber sehr glücklich, dass das geklappt hat“, sagt Wolf. Für ihn war das Aus der Freezers kein persönlicher Super-GAU, immerhin stand sein Wechsel zurück in die Heimat zu den Mannheimer Adlern schon fest, bevor AEG die Freezers sterben ließ. Dennoch hat er selbstverständlich alle Berichte gelesen und die dramatische Rettungsaktion verfolgt, die Kapitän Christoph Schubert initiiert hatte. „Ich habe mich für die vielen Fans gefreut, dass Schuby jetzt für die Crocodiles spielt und sich weiter für das Eishockey in Hamburg engagiert“, sagt Wolf. Und auch wenn er zur Zurückhaltung mahnt, „weil es mit den bestehenden Strukturen sehr, sehr hart ist, aus der Oberliga in die DEL zu kommen“, lebt die Hoffnung auf eine Rückkehr nach Hamburg – wenn auch nur als Gegner – in ihm fort. Der 26-Jährige vermisst die Stadt, genießt aber vor allem die Nähe zu seiner Familie und den Freunden von früher. Und im Team der Adler hat er eine Qualität ausgemacht, „wie ich sie noch in keinem der Teams gesehen habe, für die ich in Deutschland gespielt habe“, sagt er.

Dimitrij Kotschnew

Ob er am Freitag die Saisoneröffnung im Fernsehen schauen wird, weiß Dimitrij Kotschnew noch nicht. „Ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass mich das kaltlässt“, sagt der frühere Torhüter der Freezers, „ich habe ja noch viele Freunde im Eishockey, und wenn ich mit denen spreche, dann kommt schon Wehmut auf.“ Ob die Entscheidung, sich zunächst einmal keinem neuen Verein anzuschließen, endgültig ist, kann der 35-Jährige noch nicht sagen. „Wenn das passende Angebot kommt, kann es sein, dass ich noch einmal zurückkehre“, sagt Ko­tschnew. Es ist aber beileibe nicht so, dass er sich langweilen würde. Sein Studium der Wirtschaftswissenschaften an der Fernuni Hagen steht vor dem Abschluss, zudem erwarten seine Frau und er im Oktober das erste Kind. „Ich hatte wirklich viel zu tun über den Sommer, und meine Aufgaben füllen mich derzeit aus“, sagt er. Die Entwicklungen im Hamburger Eishockey verfolgt der Deutschrusse mit Interesse, immerhin hat er in der Saison 2000/01 selbst für die Crocodiles gespielt.