Hamburg. Sonnabend hat der HSV Hamburg Drittliga-Heimpremiere. Fünf Spieler haben schon größere Klasse bewiesen

Wirtschaftlich war der Handball-Sport-Verein Hamburg wahrscheinlich noch nie so solide aufgestellt wie heute. Ein Hauptsponsor wird vor dem ersten Drittligaheimspiel der Geschichte an diesem Sonnabend (18.30 Uhr, Sporthalle Hamburg/live auf Sportdeutschland.tv) gegen den SC Magdeburg II zwar noch gesucht. Dafür haben sich schon jetzt viele kleinere Förderer für den Neustart begeistern lassen. Der Zuschauerzuspruch, am Freitag waren 2300 Karten verkauft, ist sogar dreimal so hoch wie vom Club erwartet. Keine Gefahr also, dass der für Ligaverhältnisse großzügige, für HSV-Verhältnisse aber bescheidene Etat von etwa einer Million Euro am Ende nicht gedeckt sein könnte, nur weil zum Beispiel ein Gönner die Lust verliert.

Sportlich war der HSV natürlich schon besser besetzt. Die Mannschaft von Trainer Jens Häusler hat nicht mehr viel mit der gemein, die im vergangenen Herbst die Bundesliga aufmischte und trotz ausbleibender Gehaltszahlungen auf Platz vier stürmte, bevor die Spielbetriebsgesellschaft Insolvenz anmelden musste und die Lizenz entzogen wurde. Einzig Rechtsaußen Stefan Schröder (35) hat die guten alten Zeiten miterlebt: den Gewinn der Meisterschaft 2011 und der Champions League 2013.

Ein Neustart mit einer Konstante – und 18 Unbekannten. Allein zehn Spieler haben im Frühjahr mit der U-23-Mannschaft des HSV den Aufstieg aus der Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein gefeiert. Weitere fünf kommen aus der eigenen A-Jugend. Nur vier sind wirklich neu beim HSV. Sie alle haben offenbar schnell zueinandergefunden, das lässt sich schon nach dem 30:21-Auftaktsieg beim DHK Flensborg sagen. „Die Entwicklung macht mir fast ein wenig Angst“, sagt Häusler, „ein bisschen weniger Harmonie wäre mir manchmal lieber.“

Dass sie sich als Einheit präsentieren, das ist dann auch das Einzige, was Martin Schwalb am Sonnabend wirklich von der Mannschaft erwartet. Der sportliche Leiter und einstige Meistertrainer hat die Mannschaft in Abstimmung mit Häusler zusammengestellt. Ein Ziel will Schwalb nicht ausgeben: „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir vor vier Monaten noch gar nichts hatten.“ Wenn es gelänge, in Hamburg wieder eine neue Lust am Handball zu entfachen, sei schon viel erreicht. Dass die Sporthalle vergangene Woche bei einem Testspiel gegen den THW Kiel mit 3840 Zuschauern ausverkauft war, „darauf bin ich stolz wie Bolle“.

Für die meisten in der Mannschaft ist so eine Kulisse eine neue Erfahrung. Aber neben Schröder gibt es noch vier weitere Spieler, die schon auf der großen Handballbühne gespielt haben. Sie dürften die Stützen des neuen HSV werden. Niklas Weller zum Beispiel. Der Kreisläufer spielte 2014 im Rahmen eines Auslandstrimesters für die Sydney University bei der Club-WM in Katar gegen die Besten der Welt. Seine Leistung im Testspiel gegen Kiel (fünf Tore) stellte sogar die der THW-Kreisläufer deutlich in den Schatten. Auch beim Auftaktsieg in Flensburg beeindruckte er als siebenfacher Torschütze.

Jan Forstbauer war sogar achtmal erfolgreich. Der Halbrechte, 2011 Weltmeister mit den deutschen Junioren, hatte vergangene Saison vergeblich versucht, sich im Bundesligateam von MT Melsungen zu etablieren. Ihn davon überzeugt zu haben, sich auf die Dritte Liga einzulassen, darauf ist Schwalb noch immer stolz. Die Heimpremiere wird Forstbauer (24) allerdings nur als Zuschauer erleben. Beim Training am Dienstag riss ein Band im rechten Sprunggelenk, zwei Wochen Pause sind verordnet. „Das ist ein schwerer Verlust“, sagt Häusler.

Sogar vier Wochen fehlen wird Torhüter Justin Rundt nach einer Mandeloperation. Ihn zu ersetzen dürfte Häusler allerdings leichter fallen. An Dominik Plaue führte zuletzt ohnehin kein Weg vorbei. In Flensburg parierte er 23 von 43 Würfen auf sein Tor, mehr als 53 Prozent, eine Sensationsquote. Auch für Plaue (21) war der Weg nach Hamburg, oberflächlich betrachtet, ein Abstieg. Er gehörte zum Kader des THW Kiel – kam dort allerdings nur einmal auch zum Einsatz: drei Minuten bei einem Bundesligaspiel gegen Balingen im vergangenen Dezember. Spielpraxis erhielt er ansonsten nur beim TSV Altenholz, der wie der HSV in der Dritten Liga spielt.

Auch Felix Mehrkens (21) weiß, wie sich Bundesliga anfühlt. Der Linksaußen ist neben Schröder der Einzige, der aus dem Profikader der vergangenen Saison im Kader verblieben ist. Nach dem Rückzug versuchte er gar nicht erst, sich einen neuen Verein zu suchen: „Ich bin seit acht Jahren beim HSV. Das ist mein Verein.“