Monza. US-Medienkonzern erwirbt wohl für 8,5 Milliarden Dollar Kontrolle über Rennserie – mit immensen Folgen

Die Nachricht von der Zeitenwende machte rasend schnell die Runde in Monza: Nach jahrelangen Spekulationen soll die Formel 1 nun ganz kurzfristig den Besitzer wechseln, ein Medienkonzern aus den USA werde schon am Dienstag die erste Rate eines Milliarden-Deals überweisen. Das berichtete das Fachmagazin „Auto, Motor und Sport“ vor dem Großen Preis von Italien – und kündigte damit einen Paradigmenwechsel in der Königsklasse des Motorsports an.

Liberty Media heißt der Interessent. Ein Unterhaltungsunternehmen aus Colorado unter der Führung des 75 Jahre alten John Malone, das für insgesamt 8,5 Milliarden Dollar die Kontrolle übernehmen will. Formel-1-Boss Bernie Ecclestone bestätigte bei „Auto, Motor und Sport“ diese Pläne. Seit rund 40 Jahren leitet der kleine, mächtige Mann die Geschicke der Serie, er wandelte die Formel 1 vom Schraubersport in ein internationales Premiumprodukt. Der Verkauf könnte nun das jähe Ende seiner Ära bedeuten.

Der 85-Jährige selbst äußerte sich zu seiner Zukunft gewohnt nebulös. „Ich tue, was ich immer getan habe“, sagte er, „es ist meine Entscheidung, welche Rolle ich einnehme.“ Dieser Satz ist typisch für Ecclestone, denn mit der Realität nimmt es der stets taktierende Brite nicht immer genau. Schon jetzt ist Ecclestone lediglich der vom Mehrheitseigner CVC Capital eingesetzte Geschäftsführer der Formel 1. Bei einem Besitzerwechsel hätte er daher zunächst wenig Mitspracherecht.

Schon in der Vergangenheit hatte Ecclestone für viel Verwirrung gesorgt, wenn es um den Verkauf der Anteile ging. Interessenten aus den USA, aus Katar und China brachte er ins Gespräch. Erst vor rund einem Jahr galt US-Milliardär Stephen Ross als Käufer. Von einer Einigung per Handschlag war die Rede, Ecclestone kündigte eine Abwicklung des Deals bis zum Jahresende 2015 an. Es geschah: nichts.

Dieses Mal scheint es jedoch deutlich konkreter. „Wenn schon über die Verkündigung gesprochen wird, ist das ein Hinweis, dass hinter den Kulissen alles geklärt ist“, sagte der frühere Formel-1-Pilot Gerhard Berger der „Welt am Sonntag“.

Und sollte das Geschäft vollzogen werden, ist es unwahrscheinlich, dass Liberty Media das Schicksal der Formel 1 weiterhin in Ecclestones Hände legt. Denn die Situation wäre eine völlig neue. CVC, das derzeit rund 35 Prozent der Anteile hält, ist ein Investmentunternehmen ohne großes Interesse an der Entwicklung des Sports. Es will die Gewinne abschöpfen, und die sind riesig. Geht der Verkauf wie geplant über die Bühne, hätte CVC in zehn Jahren wohl mehr als sieben Milliarden Dollar an der Formel 1 verdient.

Liberty Media dagegen ist ein Entertainment-Riese, der eigene Pläne verfolgen dürfte. Firmengründer Ma­lone würde die Vermarktung wohl grundlegend verändern und die Bewegtbildrechte zur mit Abstand größten Einnahmequelle machen – das wäre eine gute Nachricht für die angeschlagenen Rennveranstalter. Derzeit nämlich erzielt Ecclestone seine hohen Erlöse zu einem großen Teil aus den Millionen-Antrittsgagen, die nicht nur den Hockenheimring ächzen lassen.

Ecclestone handelte erst am Wochenende in Monza einen neuen Vertrag mit den dortigen Verantwortlichen aus – 68 Millionen Dollar für weitere drei Jahre. Andere, neue Kurse müssen deutlich tiefer in die Tasche greifen, bis zu 40 Millionen Dollar Antrittsgebühr und mehr pro Rennen werden da schon mal fällig.

„Mehr Chance als Risiko“ sei das bevorstehende Geschäft, sagte am Sonntag Daimler-Vorstand Dieter Zetsche bei RTL – wenn es denn wie vermutet durchgeführt werde. Eine plötzliche Ablösung Ecclestones wäre dennoch kaum vorstellbar. Zu sehr hängen die aktuellen Geschäfte an dem Briten, der selbst noch rund fünf Prozent der Anteile hält. Vorstellbar ist eine Übergangsphase, in der er seine Macht schrittweise abgibt.

In Monza wurde Ecclestone bereits gefragt, ob man ihn denn in Zukunft noch im Fahrerlager sehen werde. „We will see“, sagte er schmunzelnd. Wir werden sehen.

Rosberg siegt erneut und schließt zu Hamilton auf

Der Ausgang des Großen Preises von Italien dürfte so recht nach seinem Geschmack gewesen sein. Nico Rosberg hat nach einem furiosen Start seinen ersten Sieg in Monza herausgefahren und den Druck auf WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton noch mal erhöht. Der gebürtige Wiesbadener ließ eine Woche nach seinem Premierensieg in Spa-Francorchamps seinem britischen Mercedes-Teamkollegen nach dessen verschlafenem Start keine Chance. Wenigstens aufs Podest schaffte es Sebastian Vettel beim Heimrennen von Ferrari vor Zehntausenden Tifosi. Nach seinem siebten Saisonsieg beim Europa-Finale der Formel 1 hat Rosberg nur noch zwei Punkte Rückstand in der WM-Wertung auf Hamilton.

„Das ist ein besonderer Tag. Ich habe mich der italienischen Kultur schon immer sehr nahe gefühlt. Das ist wirklich unglaublich“, sagte Rosberg regelrecht berauscht von der einzigartigen Atmosphäre im Autodromo Nazionale di Monza.

Die ganz großen Ovationen gehörten am Sonntag aber Vettel, der erstmals nach fünf Grands Prix wieder aufs Podest fuhr. Force-India-Mann Nico Hülkenberg kam nach seinem hervorragenden vierten Platz in Belgien diesmal als Zehnter noch in die Punkteränge. Pascal Wehrlein musste seinen Manor wegen eines Defekts auf Anweisung des Kommandostandes in der 28. Runde abstellen.