Hamburg. Eishockey-Weltliga KHL drängt auf den deutschen Markt. Nationaler Verband sträubt sich gegen die Pläne

Die Eismaschinen in der Barclaycard-Arena stehen in der Garage. Nach dem Aus der Hamburg Freezers im Mai gibt es in der Multifunktionsarena im Volkspark keine Eisfläche mehr, die Kühlelemente wurden inzwischen verkauft. Womöglich könnte es mittelfristig wieder Bedarf geben.

Wie das Abendblatt erfuhr, drängt die russische Topliga Kontinental Hockey League (KHL) auf den deutschen Markt und hat dabei Hamburg als Standort auserkoren. Bereits Ende Mai gab es über Mittelsmänner erste Kontakte zur US-amerikanischen Anschutz Entertainment Group. Zuletzt wurden die Gespräche fortgeführt. Der Plan: Ein schwedisches Team soll nach Hamburg transferiert werden, um unter neuem Namen in der KHL starten zu können. Vertreter der Skandinavier waren nach Abendblatt-Informationen bereits in der Hansestadt, um sich die Bedingungen vor Ort anzuschauen.

Bereits in der Vergangenheit liebäugelte die Topliga mit einer Erweiterung nach Deutschland. Die Manager hatten ein Auge auf Berlin, Leipzig Hannover und Düsseldorf geworfen. Nach dem Aus der Freezers kam nun Hamburg in den Fokus. Eine Entscheidung, die Sinn ergeben würde. Mit der Barclaycard-Arena und der benachbarten Volksbank-Arena würden erstklassige Spiel- und Trainingsstätten zur Verfügung stehen. Doch ein KHL-Team kostet Geld. Topclubs wie ZSKA Moskau verfügen über einen Etat von mehr als 50 Millionen Euro. Zum Vergleich: Den Freezers standen rund acht Millionen Euro zur Verfügung.

Am Geld würde es wohl nicht scheitern: Ein in Hamburg ansässiger russischer Geschäftsmann soll Interesse haben, in ein neues Team zu investieren. Der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) soll einen Brief erhalten haben, in dem das Anliegen schriftlich formuliert wurde. Der Verband bestreitet bisher den Erhalt eines solchen Schreibens. Ohnehin ist man beim DEB nicht gewillt, einen Präzedenzfall zu schaffen und einem deutschen Team die Freigabe für eine Teilnahme an einem ausländischen Wettbewerb zu gewähren. „Es gibt keine Anfrage. Damit ein deutsches Team in der KHL spielen kann, müssen der Weltverband IIHF, der DEB und die Deutsche Eishockey-Liga (DEL) zustimmen, was sie aber nicht beabsichtigen“, sagt DEL-Sprecher Matthias Schumann.

Eine Aussage, die nicht überrascht, schließlich würde man bei einer Zusage die eigene Spielklasse schwächen. Bei einem KHL-Team müssten sechs einheimische Nationalspieler im Kader stehen. Die DEL-Clubs hätten bei der Finanzkraft eines russischen Teams keine Chance, ihre Stars zu halten.

Sportlich und finanziell ist die 2008 gegründete KHL nach der nordamerikanischen Profiliga NHL das Maß aller Dinge. Alexander Medwedew, stellvertretender Direktor des Energieriesen Gazprom, hat sich der Entwicklung der Eliteliga in den vergangenen Jahren angenommen und Investoren an die Vereine vermittelt. Teams wie Bari Astana aus Kasachstan werden zudem vom Staat finanziert. Für Aufsehen hatte 2013 der Wechsel von Ilja Kowaltschuk, einem der bekanntesten russischen Stürmer, vom NHL-Team New Jersey Devils zu SKA Sankt Petersburg gesorgt. Der Torjäger löste seinen mit 77 Millionen US-Dollar dotierten Zwölfjahresvertrag bei den Devils auf, um kurz danach einen Vierjahresvertrag mit einem Gesamtvolumen von knapp 80 Millionen US-Dollar zu unterschreiben. Der heute 33-Jährige ist der bestbezahlte Kufencrack der Welt. Man denkt eben groß in der KHL.

Mittlerweile ist die einst russisch geprägte Liga zu einer Weltliga aufgestiegen, in der 28 Teams aus acht Ländern spielen. Zur Saison 2016/17 wird mit Red Star Kunlun Peking erstmals ein chinesischer Club teilnehmen. Mittelfristig soll ein deutscher Vertreter folgen. Allerdings ist es fraglich, ob die Hamburger Fans Lust auf ein neues künstliches Eishockeyprojekt hätten. Aufgrund der geografischen Dimension sind die Teams häufig mehrere Wochen auf Auswärtsreise, zudem sind die Gegner in Deutschland weitestgehend unbekannt, also keine Zuschauermagneten. Das einzige Szenario, das eine Erfolgschance bietet, wäre eine Teilnahme unter dem Namen Hamburg Freezers. Solange sich der DEB aber sträubt, bleibt das Zukunftsmusik.