Rio de JAneiro. Torhüterin Kristina Reynolds vom Hamburger Polo Club hält beim 2:1 gegen Neuseeland erneut überragend

Die Frau, die die Bronzemedaille für die deutschen Hockeydamen festgehalten hatte, wünschte sich nach einem dramatischen Turnierabschluss nur noch zwei Dinge. „Ich will viel trinken, und dann will ich richtig feiern“, sagte Kristina Reynolds. Die Torfrau vom Hamburger Polo Club hatte mit einer Reihe an unbegreiflichen Paraden, bei denen Arme und Beine in Richtung Ball zuckten wie der Kopf der Kobra beim tödlichen Biss, den 2:1 (0:0)-Sieg über Neuseeland im Spiel um Platz drei maßgeblich mitgestaltet. „Es waren einfach Reflexe“, erklärte die 32-Jährige lapidar. Reflexe, die sie sich im regelmäßigen Training mit den Regionalligaherren ihres Vereins erarbeitet hat.

Es wäre allerdings unangemessen gewesen, aus dem Team des Weltranglistenneunten nur die Schlussfrau herauszuheben. Zwei Tage nach dem Halbfinalaus im Penaltyschießen gegen die Niederlande eine solch homogene und taktisch clevere Leistung abzurufen, das schafft nur ein Team, das wie ein solches zusammenarbeitet. In dem jede für die andere arbeitet und alle sich ihrer Aufgabe bewusst sind. „Ich bin stolz auf das, was wir uns als Mannschaft hier erarbeitet haben“, sagte die starke Co-Kapitänin Janne Müller-Wieland vom Uhlenhorster HC.

Nachdem die Auswahl von Bundestrainer Jamilon Mülders beim 2:1 über die „Kiwis“ im Gruppenspiel dominant aufgetreten war, verlegte man sich nach einer ersten Hälfte unter Dauerdruck des Gegners auf schnelles Umschaltspiel. Dieser Taktik entsprang ein Tor, dessen Entstehung jedem Hockeycoach als Lehrvideo zur Verfügung gestellt werden müsste. Am Ende war es Charlotte Stapenhorst, die den Musterangriff über die linke Seite zum 1:0 verwertete (34.). „Das Tor habe ich mir für dieses Spiel aufgehoben“, scherzte die zuvor torlose UHC-Angreiferin. Als Düsseldorfs Lisa Schütze vier Minuten später das 2:0 mit einem Lupfer über vier gegnerische Schläger hinweg nachlegte, wuchs das Selbstbewusstsein sichtlich, auch wenn Neuseeland es in Person von Olivia Merry (45.) noch einmal schaffte, Reynolds zu überwinden, konnte mit dem Schlusspfiff der Partymarathon beginnen. Es war nach Silber 1984 und 1992 sowie dem Überraschungsgold von Athen 2004 die erste Bronzemedaille für deutsche Hockeydamen bei Olympia.

Wolfgang Hillmann, Präsident des Hockeybundes, musste sich auf der Tribüne Freudentränen aus den Augen wischen. Weil die deutschen Teams mit Bronze bei Damen und Herren die Zielvereinbarung ihres Verbands mit dem Deutschen Olympischen Sportbund – zwei Halbfinalteilnahmen, eine Medaille – übererfüllten, nahmen Präsident und Bundestrainer das Bundesinnenministerium in die Pflicht.

Im Team schlummertnoch viel Potenzial

„Wir haben uns unter nicht optimalen Bedingungen vorbereitet und optimal geliefert. Jetzt wäre es schön, wenn man uns in Zukunft optimal unterstützen würde“, sagte Hillmann. Mülders sagte: „Es war ein vier Jahre langer Kraftakt, der unheimlich viel Energie gekostet hat. Ich werde mich nun bis November zurückziehen und überlegen, wie es weitergehen kann.“

Spekulationen, er könne Herren-Bundestrainer Valentin Altenburg beerben, dessen Vertrag nur bis zu den Rio-Spielen datiert war, wies er deutlich zurück. „Ich habe meinen Vertrag nicht aus Zwang bis 2020 verlängert. Ich habe eine spannende Mannschaft, die ich gern weiterentwickeln will. Aber wir müssen die Rahmenbedingungen verbessern“, sagte er.

Wer Toptalente wie Mannheims Nike Lorenz, die Düsseldorferinnen Selin Oruz und Lisa Schütze (alle 19) oder Stapenhorst (21) sah, der weiß, wie viel Potenzial in der Mannschaft schlummert. Fraglich ist für den Olympiazyklus in Richtung Tokio 2020 die Besetzung der Torhüterposition. Ersatzkeeperin Yvonne Frank (36) und Reynolds (32) werden aus beruflichen Gründen, Frank ist Polizistin, Reynolds Fachärztin für Innere Medizin am UKE, kaum infrage kommen, auch wenn der Bundestrainer seinen Spielerinnen riet, „sich zur Zukunft noch nicht festzulegen, sondern mit Demut diese Medaille zu genießen und in Ruhe sacken zu lassen, was passiert ist“.

Das will Kristina Reynolds nun tun, auch wenn ihr viel Zeit nicht bleibt. Nach der Party im Deutschen Haus am Freitagabend und der Rückkehr nach Hamburg bleiben nur noch wenige Tage, bis sie am 1. September wieder zum Dienst im Krankenhaus antreten muss.

Das Finale der Hockeydamen gewann Großbritannien gegen die Niederlande mit 2:0 (3:3) im Penaltyschießen.