Rio de Janeiro. Einer-Canadier wiederholt Olympiasieg von London. Weber/Dietze gewinnen Silber

Ein perfekter Tag fängt anders an. Schon beim Frühstück hatte Sebastian Brendel kaum einen Happen heruntergekriegt vor lauter Aufregung. Eine Stunde vor seinem herbeigesehnten Auftritt bekam die größte deutsche Kanu-Hoffnung in Rio auch noch heftige Rückenschmerzen. Physiotherapeut Michael Faulstich musste in der Not helfen. Offenbar hatte er Gold in seinen Händen. Im Finale des Einer-Canadiers über 1000 Meter fuhr der Hüne aus Potsdam ein unwiderstehliches Rennen und wurde zum zweiten Mal nach 2012 Olympiasieger. Wenige Minuten später gewannen Franziska Weber/Tina Dietze (Potsdam/Leipzig) im Kajak-Zweier über 500 Meter Silber hinter Ungarn. Einzige Enttäuschung des Tages: Im Kajak-Einer wurde der dreimalige Weltmeister Max Hoff Siebter.

Fast beiläufig berichtete Brendel nach seinem Rennen von den Problemen im Lendenwirbelbereich, die „mich schon nervös gemacht haben. Schließlich habe ich vier Jahre auf diesen einen Tag hintrainiert“. Das prognostizierte Gold stand auf der Kippe. Kanuten sind allerdings nicht aus Zucker und können sich durchbeißen. Als das Startsignal ertönte, war dem 28-Jährigen nichts mehr anzumerken, da war er schon ganz auf seine sieben Konkurrenten fokussiert. Wobei es eigentlich nur einer war: Isaquias Queiroz dos Santos. Der Brasilianer hatte Brendel in der Vergangenheit mehrfach mit wilden Spurtattacken verblüfft, war aber stets kurz vor dem Ziel mit seinen Kräften am Ende gewesen. Diesmal fuhr er ein viel ruhigeres Rennen, fast so, als wollte er lieber sicher Silber holen, als im verzweifelten Kampf um Gold alles zu verlieren.

Brendel, seit 2013 unbesiegt, kontrollierte dos Santos die ganze Zeit. „Hundert Meter vor dem Ziel habe ich mich schon gefreut. Da war ich mir sicher, dass ich gewinne.“ Auf der Tribüne des Lagoa Stadiums fieberte seine Freundin Romy mit. Aber sie musste sich keine Sorgen machen,.

Und der Rücken? „Auf dem Wasser hat mir nur mein Arm weh getan“, antwortete Brendel. So sehr pflügte der zweimalige Weltmeister durchs Wasser. „Es war viel Kampf, viel Energie und viel Druck“, sagte der Olympiasieger. Anders als in London erwartete ja in Rio jeder von ihm den Erfolg, nicht zuletzt er selbst. „So wenige Sportler gewinnen eine olympische Goldmedaille, ich habe es jetzt schon zweimal geschafft. Es ist wieder ein besonderes Gefühl, ein großes Glück.“

Nachdem die erste Freude verflogen war, sparte er nicht mit Kritik: „Wir brauchen nicht immer nur drüber reden, dass es weniger Medaillen werden. Der Grund dafür ist ja auch, dass der Nachwuchs fehlt. Weil keine Talente mehr gefunden werden, oder weil die Talente, die es gibt, nicht gehalten werden“, sagte Brendel. Da müsse sich der Deutsche Olympische Sportbund dringend Gedanken machen, wie man das verändern und wieder mehr Kinder und Jugendliche für den Sport gewinnen kann. Er selbst werde auch nicht mehr ewig paddeln: „Nächstes Jahr bin ich auf jeden Fall noch dabei. Dann werde ich entscheiden, wie es weitergeht.“