Rio de Janeiro. Der Ruder-Bundestrainer setzt vor dem Finale an diesem Sonnabend auf seine 40-jährige Erfahrung als Coach

Am Sonnabend wird es wieder da sein, dieses irritierende Gefühl. Ganz daran gewöhnen wird er sich nie, obwohl es Ralf Holtmeyer ja schon seit mehr als 30 Jahren kennt. In Rio erlebt er seine neunten Olympischen Spiele. „Der Augenblick des Abschiebens ist für mich ein besonderer Spannungsmoment“, sagt der Bundestrainer des Deutschland-Achters, „dann weiß man: Jetzt kannst du nix mehr machen.“ Wenn das Paradeboot der deutschen Ruderer am Sonnabend den Steg verlässt und kurz darauf (16.20 Uhr) ins Finale startet, kann der 60-Jährige nur noch eines tun: vertrauen.

Seinen Ausgangpunkt hatte dieser Moment schon vor vier Jahren. Damals in London gewann der Achter Gold. Bald darauf begann der Aufbau der Besatzung für Rio. Es wurde zurückgetreten, neu besetzt, probiert. Viele Leistungstests gab es, nur die Besten sollten dabei sein. Schließlich sind fünf im Boot geblieben: Eric Johannesen vom RC Bergedorf, Maximilian Reinelt, Richard Schmidt, Andreas Kuffner, dazu Steuermann Martin Sauer. Hinzugekommen sind Schlagmann Hannes Ocik, Felix Drahotta, Maximilian Munski und Malte Jaschik. Sie können Helden werden. Die Olympischen Spiele sind das Nonplusultra in dieser Sportart, die sonst nicht viel mediale Aufmerksamkeit erfährt. Jetzt schauen alle auf die acht Hünen und ihren Steuermann. Auf den Deutschland-Achter. Die Nation erwartet nichts anderes als den Triumph, so wie er schon 1960 und 1968 unter dem legendären Trainer Karl Adam gelang. Danach erst wieder unter Holtmeyer, 1988 zunächst, dann 2012. Und diesmal?

„Wir sind nicht Favorit“, sagt der Bundestrainer. Weltmeister sind 2015 die Briten geworden, den wichtigsten Weltcup dieser Saison in Luzern gewannen die Niederländer. Aber das ist auch taktisches Geplänkel.

Er war einst ein mäßiger Ruderer und verließ früh das Boot, um seine Fähigkeiten von außen einzubringen. Sein Aufstieg als Trainer war kometenhaft. Noch keine 20 Jahre alt, machte er sich durch Erfolge im Osnabrücker Ruder-Verein einen Namen. Mit 30 übernahm er 1986 im deutschen Verband den Achter. Nach seinem goldenen Einstieg in Seoul folgten Bronze 1992 in Barcelona und Silber 1996 in Atlanta. Und viele Weltmeistertitel.

Doch der Norddeutsche machte sich mit seiner manchmal sturen Art nicht nur Freunde. Als das Boot die Spiele 2000 in Sydney verpasste, siegten seine Kritiker. Holtmeyer wurde bis 2008 zu den Frauen delegiert. Ein harter Schlag nach 15 Jahren beim Deutschland-Achter, „der mir zu Anfang wirklich gefehlt hat“. Aber auch den neuen Job übte er mit Erfolg aus, führte 2003 das Frauengroßboot zum WM-Titel. Heute sieht er positiv auf diese Zeit zurück, auch weil ihn der Blick von draußen weiterbrachte.