Rio de Janeiro. Die Mannschaft holt mit deutlichem Vorsprung vor Großbritannien Gold. Isabell Werth ist jetzt erfolgreichste Reiterin aller Zeiten

Es war Mannschaftsgold mit Ansage für die deutsche Dressur-Equipe – und ein olympischer Rekord für die beste Reiterin der Geschichte: Angeführt von der einzigartigen Isabell Werth, die mit nunmehr sechs Olympiasiegen und drei weiteren Silbermedaillen in den Annalen der Spiele steht, holte sich die deutsche Equipe das vor vier Jahren an Großbritannien „ausgeliehene“ Gold zurück.

„Es lief einfach optimal, die Stutze war spitze, es war der Tag der Tage, es hat alles geklappt“, sagte Werth direkt nach ihrem Ritt. „Wir haben ein super tolles Team, wie wir es fast noch nie hatten, und wir haben es uns verdient.“ Die Briten mit der großartigen Charlotte Dujardin, die gut 3,3 Prozentpunkte zurücklagen, wurden in Rio Zweite, dahinter folgten die USA.

Die Dramaturgie des Grand Prix Special wollte es, dass Isabell Werth mit ihrer nachtschwarzen Stute Weihegold als letzte Deutsche ins Viereck musste. Ihr gelang mit der international recht unerfahrenen Weihegold eine Weltklasseleistung, mit der sie zu Recht im Olymp der Reiter die Spitzenposition übernahm. Mit 83,711 Prozentpunkten erzielte Werth den besten Tageswert.

Zuvor hatten der unbekümmerte Team-Youngster Sönke Rothenberger mit dem erst neunjährigen Cosmo, die deutsche Kür-Meisterin Dorothee Schneider mit dem kraftvollen Showtime und die Weltranglistenerste Kristina Bröring-Sprehe mit dem eleganten Desperados die Führung aus dem Grand Prix ausgebaut – und die Briten nicht mal am Gold schnuppern lassen.

Trotz aller Souveränität, die das deutsche Quartett im Grand Prix gezeigt hatte, wollte keiner die Zuversicht zur Schau tragen. Lediglich Werth gestand ein, dass es, „wenn nicht noch ein Drama passiert“, schon reichen sollte. „Aber natürlich darf man auch in einer so komfortablen Situation das Fell des Bären nicht im Voraus verteilen.“

Werth weiß, worüber sie redet: 2008, als die olympischen Reiterwettbewerbe in Hongkong stattfanden, war sie auf geradem Weg zum Einzelgold, doch dann verlor ihr Wallach Satchmo die Nerven, und die Niederländerin Anky van Grunsven zog noch vorbei.

Am Freitag war die deutsche Equipe weit von einem solchen Szenario entfernt. Als Erste gingen Rothenberger (21) und Cosmo (9) ins Viereck, zusammen gerade 30 Jahre alt und damit für Dressur auf diesem hohen Niveau ungewöhnlich jung. Ein bisschen zuckte Cosmo bei den Einer- und Zweierwechseln und im Galopp, dennoch lag Olympia-Debütant Rothenberger mit 76,387 Prozentpunkten innerhalb des Erwarteten. „Ich freu mich riesig, dass es lief, wie es lief“, sagte der Youngster. „Wir hatten ein paar Patzer, die haben unser Endresultat ganz schön nach unten gedrückt, ich bin aber trotzdem zufrieden.“

Danach gingen Dorothee Schneider und der von ihr selbst gezogene Showtime ins Viereck. Sie leisteten sich nur einen kleinen Fehler bei der Pirouette - wie schon im Grand Prix. 82,619 Punkte waren der Lohn. Schneider hatte danach Tränen in den Augen: „Wenn man ein Pferd ausbildet, wenn man seit sieben Jahren eng zusammenarbeitet, und dann kommt so etwas Großes dabei raus, das ergreift einen schon mal.“

Als Dritte kamen Kristina Bröring-Sprehe und ihr wunderbarer Desperados – und malten endgültig eine goldene Spur in den Sand. Eleganz und Leichtigkeit, gepaart mit der kraftvoll-athletischen Ausstrahlung des schwarzen Hengstes gaben ein hoch benotetes und stimmiges Bild ab. „Er hatte ein bisschen sehr viel Fahrt drauf“, sagte „KBS“ über ihr Pferd: „Ich bin aber trotzdem zufrieden mit ihm.“ 81,261 Punkte erhielt das Duo.

Isabell Werth aber ist seit Freitag die erfolgreichste Reiterin der Olympia-Geschichte. Mit neun Medaillen, davon sechs goldenen, hat die 47-Jährige den 1999 verstorbenen Reiner Klimke (8/6) überholt. Dritter ist der legendäre Hans Günter Winkler; er holte von 1956 bis 1976 sieben Medaillen, darunter fünfmal Gold. Ihr erstes Gold gewann Werth 1992 in Barcelona mit der Mannschaft. Vier Jahre später in Atlanta wurde sie mit Gigolo Olympiasiegerin im Einzel und im Team. Es folgten weitere zwei Goldmedaillen mit der Mannschaft 2000 in Sydney und 2008 in Hongkong.

Zum Abschluss der Dressur-Wettbewerbe fällt am Montag die Einzelentscheidung in der Grand Prix Kür. Hier fangen alle Reiter wieder bei null an.