Rio de Janeiro. Nach dem Erstrundenaus der Hamburger Judoka Martyna Trajdos greift ihr Trainer die Kampfrichter an

Das, was es zu sagen gab, hatte Martyna Trajdos gesagt. Auf der Matte schon, als sie sich beim Kampfgericht über die Wertung beklagte. Später dann in der Kabine, als sie ihrer Wut darüber, um den möglichen Lohn einer jahrelangen Vorbereitung gebracht worden zu sein, mit drastischen Worten Luft machte. Nur in der Öffentlichkeit, da wollte die Judokämpferin vom Eimsbüttler Turnverband nicht sprechen über das, was sich zugetragen hatte am Dienstagmittag in der Carioca-Arena.

Schon als die 27-Jährige einmarschierte in die mit rund 8000 erwartungsfrohen Besuchern besetzte Halle; als sie sich dreimal kräftig ins Gesicht klatschte, um wach zu werden, wurde deutlich, dass es ein harter Tag werden würde. Gegnerin der in Polen geborenen und im Säuglingsalter nach Hamburg gezogenen Athletin, die als Weltranglistenvierte in der Klasse bis 63 kg für die Runde der letzten 16 gesetzt war, war die Brasilianerin Mariana Silva, und die Zuschauer tobten. Einheimische Athleten werden in Rio lautstark gefeiert, und weil Erfolg für die Gastgeber der grundsätzlichen Stimmung im Land zuträglich ist, musste Schlimmes befürchtet werden, sollte sich Trajdos auf das Kampfgericht um die Ungarin Annamaria Fridrich verlassen müssen. Und genauso kam es. Nachdem die 172 Zentimeter große Athletin ihre Rivalin in der ersten Minute über längere Zeit am Boden hatte halten können, ohne dabei eine Wertung zu erzielen, nahm Fridrich ohne ersichtlichen Grund eine Bestrafung für die Brasilianerin zurück, nachdem das Publikum diese mit lauten Pfiffen und Buhrufen quittiert hatte.

Es folgten zwei Strafen für Passivität gegen Trajdos, obwohl es eher Silva gewesen war, die man wegen Scheinaktivität hätte verwarnen können. Am Ende hatten sich auf Trajdos’ Konto drei Strafen angesammelt, bei Silva dagegen nur eine, sodass es für die Einheimische zum Sieg reichte.

Während Martyna Trajdos nach dem Kampf wortlos und mit Tränen in den Augen an den Medienvertretern vorbeirauschte, sprach Trainer Michael Bazynski (57) Klartext: „Es ist nichts Neues, dass es immer dort, wo Kampfrichter entscheiden müssen, solche Urteile geben kann. Dennoch ist es absolut unfair, dass Athleten, die sehr hart gearbeitet haben, um es zu den Olympischen Spielen zu schaffen, dann so behandelt werden.“ Sein brasilianischer Kollege habe sich nach dem Kampf bei ihm sogar für die Wertung entschuldigt.

Nachdem sich Trajdos und Silva in der Vergangenheit viele enge Duelle geliefert hatten, die allerdings allesamt die Hamburgerin gewonnen hatte, sei klar gewesen, dass man sich auf eine harte Schlacht einstellen musste. „Martyna hat das zu Anfang sehr gut gemacht, sie hat Silva in den Bodenkampf gezogen, aber leider keine Wertung erzielen können. Danach war sie für mich die klar aktivere Kämpferin, wird aber für Passivität bestraft. Das ist unfair und nicht nachzuvollziehen“, sagte er.

Um sich mit dem Frust der frühen Niederlage abzufinden, zog sich Martyna Trajdos auf direktem Weg aus der Arena zurück. „Was sie jetzt macht, weiß ich nicht. Aber ich kann sie verstehen. Martyna weiß auch, dass sie hier beschissen wurde“, sagte Bazynski.

Während die letztjährige Europameisterin Trajdos mit ihrem Abschneiden hadern musste, konnte eine weitere Hamburgerin zufrieden sein. Katharina Haecker (23) aus Barmbek, die für das Heimatland ihres australischen Vaters startete, setzte sich gegen Laura Salles Lopez aus Andorra durch und unterlag im Achtelfinale knapp gegen die Weltranglistendritte Miku Tashiro aus Japan. Olympiasiegerin wurde Tina Trstenjak (Slowenien), Silber holte Clarisse Agbegnenou (Frankreich).

Ebenfalls in der ersten Runde gescheitert ist Sven Maresch. Der Berliner verlor in der Klasse bis 81 kg gegen Sergiu Toma aus den Vereinigten Arabischen Emiraten durch Disqualifikation, nachdem er seine vierte Verwarnung erhalten hatte.