Celle/Marienfeld. Zum Abschluss des Trainingslagers gewinnt der HSV 5:1. Labbadia freut sich über das erste Jatta-Tor, nimmt aber Halilovic in die Pflicht

Es war genau 20.20 Uhr, als der blaue HSV-Mannschaftsbus vom Parkplatz des Günter-Volker-Stadions in Celle rollte. Einige Fans reckten den Daumen zum Abschied noch einmal hoch, andere klatschten Beifall. Nach seinem achttägigen Trainingslager in Ost-Westfalen hatte der HSV gerade das Testspiel gegen Al Jazira Club aus Abu Dhabi mit 5:1 gewonnen. „Für uns war das ein sehr ordentlicher Abschluss“, lobte Trainer Bruno Labbadia, der seiner Mannschaft für die getane Arbeit zur Belohnung einen freien Donnerstag bescherte.

Knapp acht Stunden zuvor hatte der HSV-Coach den gelungenen Abschluss des zweiten Trainingslagers bereits antizipiert und ein vorweggenommenes Fazit des Betriebsausflugs in den Westen gezogen. Er könne mit dem Stand der Vorbereitung zufrieden sein, hatte der Coach vor der Abfahrt aus dem Hotel Klosterpforte gesagt. Die Bedingungen in Marienfeld wären trotz des Hamburger Schmuddelwetters hervorragend gewesen, selbstverständlich habe man intensiv gearbeitet und natürlich hätten alle Spieler auch bestens mitgezogen. Der Trainer sagte das, was ein Trainer dreieinhalb Wochen vor dem Bundesligastart eben so sagt.

Die 15-minütige Frage-Antwort-Runde zur Mittagszeit war fast beendet, als ein Medienvertreter noch eine letzte Frage hatte. Wie Labbadia denn die Rolle von Barcelona-Neuzugang Alen Halilovic bewerte, wollte der Journalist wissen, und ergänzte, dass der Fünf-Millionen-Euro-Neuzugang nach dem Test in Bochum (0:1) zum Start des Trainingslagers ja deutlich bekräftigt hatte, sich selbst im Mittelfeldzentrum zu sehen.

Es dauerte ein paar Sekunden, ehe sich Labbadia in der Abtei der Klosterpforte die richtigen Worte zurechtgelegt hatte. „In unserem Gespräch hat er sich keineswegs nur als Zehner gesehen“, antwortete der Fußballlehrer und konkretisierte: „In Gijon hat Alen rechts gespielt – und unter dieser Voraussetzung haben wir ihn auch geholt.“ Dann folgte zur Verdeutlichung in nur vier Sätzen dreimal das Wort „klar“: „Wir hatten darüber vorher sehr klar gesprochen“, sagte Labbadia. Auf der rechten Seite sei der formstarke Müller Halilovics Konkurrent und im Zentrum habe der kleine Kroate mit Hunt, Gregoritsch und Waldschmidt gleich drei Konkurrenten. „Das haben wir ihm klar gesagt.“ Und schließlich noch ein letztes „klar“: „Wir haben da ganz klare Absprachen.“

Diese klaren Absprachen verdeutlichte Labbadia auch am Abend in Celle. Gegen Al Jazira mit dem früheren HSV-Star Thiago Neves durfte Halilovic zwar von Anfang an ran, musste aber erneut auf den rechten Flügel ausweichen. Und es dauerte bis zur zwölften Minute, ehe der „Kroaten-Messi“ erstmals an den Ball kam – und ihn direkt wieder verlor. Eine Minute später der zweite Ballkontakt – und der zweite Ballverlust. Halilovic tat sich schwer auf dem Flügel. Doch auch in der Mitte, wohin es den Mittelfeldmann mit zunehmender Spieldauer zog, hatte der Neuzugang so seine Pro­bleme. Ein weiterer Ballverlust von ihm leitete sogar das 0:1 durch den früheren Schalker Jefferson Farfan ein (34.).

Dass dieses 20 Jahre alte Wunderkind aber immer zwischen Genie und Wahnsinn wandelt, wurde sehr wohl auch im Positiven deutlich. Erst ein sehenswertes Solo mit Abschluss (35.), ein erneutes Solo mit der anschließenden Vorlage zum 1:1 durch Aaron Hunt (37.) und schließlich ein gehaltener Schuss, der zur Ecke und Luca Waldschmidts 2:1 führte (42.). Am Ende seines nur 45 Minuten langen Einsatzes standen lediglich 17 Ballkontakte, aber immerhin drei Beteiligungen an Tormöglichkeiten zu Buche. In nur einer Halbzeit zeigte Halilovic in allen Schattierungen, warum er zu den spannendsten Personalien in dieser HSV-Mannschaft gehört.

Während die Besetzung in der umkämpften Offensive für Labbadia somit mehr und mehr wie eine Qual der Wahl daherkommen mag, ist weiter hinten eher von Qual als von einer Wahl zu sprechen. Sowohl im Abwehr- als auch im Mittelfeldzentrum haben die Verantwortlichen des HSV einen Engpass ausgemacht, den sie lieber heute als morgen beheben wollen würden. „Wir sind da nicht wirklich üppig besetzt“, umschrieb Labbadia die Situation diplomatisch. „Wir wissen, was zu tun ist. Wir werden den Markt weiter beobachten.“

Mit Emir Spahic (Bruch der Augenhöhle) und Lewis Holtby (Schlüsselbeinbruch) fallen gleich zwei defensive Schlüsselspieler länger aus. Mit beiden Leistungsträgern rechnet Labbadia erst nach der ersten Länderspielpause Anfang September wieder.

Im Test gegen Al Jazira spielten Johan Djourou und Cléber in der Abwehrzentrale. Im defensiven Mittelfeld starteten der gelernte Regisseur Aaron Hunt und Gideon Jung, der nach offenbar überstandenen Rückenproblemen alle Trainingseinheiten in Marienfeld absolvieren konnte. Wirklich geprüft wurden die beiden von den insgesamt harmlosen Gästen aus Abu Dhabi in den ersten 45 Minuten allerdings genauso wenig wie Albin Ekdal und Youngster Finn Porath im zweiten Durchgang.

Dass ein Großteil der rund 2500 Zu-schauer dennoch rundum zufrieden nach Hause gehen konnte, lag am Ende des Abends aber weniger am defensiven Mittelfeld und auch nicht an Millioneneinkauf Halilovic, sondern vor allem am ablösefreien Bakery Jatta. Der Flüchtling aus Gambia durfte im zweiten Durchgang für den schwachen Kostic spielen, dribbelte groß auf und erzielte prompt sein erstes Tor für den HSV. „Das Tor hat er sich redlich verdient“, lobte Labbadia. „Das wird Bakery Auftrieb für die kommenden Wochen geben.“ Sprachs – und verschwand im längst wartenden Mannschaftsbus.

HSV: Mathenia (46. Hirzel) – Diekmeier, Djourou (70. Oschkenat), Cléber (46. Ekdal), Sakai (46. Ostrzolek) – Hunt (46. Porath), Jung (70. Behounek) – Halilovic (46. Müller), Waldschmidt (46. Bahoui), Kostic (46. Jatta) – Lasogga (46. Gregoritsch).Tore: 0:1 Moubarak (34.), 1:1 Hunt (37.), 2:1 Waldschmidt (42.), 3:1 Jatta (48.), 4:1 Djourou (67./FE), 5:1 Gregoritsch (86./FE).